Читать книгу Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter - Christian Klicpera - Страница 18
2.2.4 Veränderung in der Einschätzung von Angststörungen bei Kindern
ОглавлениеTraditionell werden die Angststörungen bei Kindern als ein vorübergehendes Phänomen betrachtet, das kein Vorbote für spätere psychische Probleme ist. Neuere Untersuchungen stellen das allerdings in Zweifel und legen nahe, dass sich Angststörungen in der Kindheit entwickeln und die Tendenz haben zu persistieren, wenn sie nicht behandelt werden. Angststörungen gelten somit als Risikofaktor für die Ausbildung von Angststörungen und affektiven Störungen im Jugend- und Erwachsenenalter (Schneider, 2004, 2005). Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass sich Angststörungen bei Kindern oft als Vorbote anderer klinischer Störungen zeigen und dass sich in späteren Jahren Depressionen oder andere klinische Störungen entwickeln.
Zudem wurde gezeigt, dass Untersuchungen aus den 1980er-Jahren in epidemiologischen Stichproben ein höheres Ausmaß an allgemeiner Ängstlichkeit anzeigen als Untersuchungen aus den 1950er- und 1960er-Jahren und dass hier sogar das Niveau von Kindern und Jugendlichen erreicht wird, wie es in dieser Zeit typisch für ambulante kinderpsychiatrisch betreute PatientInnen war (Twenge, 2000; zit. n. Schneider, 2005). Das Niveau der allgemeinen Ängstlichkeit hat demnach um eine ganze Standardabweichung zugenommen. Diese Entwicklung wird auf ein stärkeres Gefühl der allgemeinen Bedrohung in der Gesellschaft zurückgeführt und dürfte sich in der Kriminalitätsrate, aber auch in der geringeren sozialen Verbundenheit in der Gesellschaft widerspiegeln (Rate allein lebender Personen, aber auch Scheidungsrate in der Bevölkerung).