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Warmweiß

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Nana lag auf ihrem Bett und schaute aus dem Fenster in die Dunkelheit. Sie war müde und aufgekratzt zugleich, eine lästige Kombination. Oben links im Haus gegenüber brannte wie so häufig Licht. Nana empfand das als tröstlich. Sie hatte keine Ahnung, wer dort wohnte. Also nicht richtig. Im vergangenen Jahr hatte Nana – sie meinte, es sei im Juni gewesen – auf die Klingelschilder geblickt und wusste seitdem, dass dort jemand mit dem Namen Grabowski wohnte. Das fand sie schön, weil es sie an den Maulwurf Grabowski erinnerte, der die Hauptfigur eines ihrer Lieblingsbücher als Kind gewesen war. In den vielen Nächten, in denen sie in den vergangenen zwei Jahren wach gelegen hatte, während Phillip unüberhörbar neben ihr geschlafen hatte, war auf diese Person hinter dem Fenster Verlass gewesen. Dort drüben hatte ebenfalls jemand bis in die frühen Morgenstunden nicht geschlafen und Nana hatte sich dank dieses warmweißen Lichts nicht einsam gefühlt. Als sich ihr Schlafrhythmus irgendwann besserte, hatte sie zum Dank eine Tafel Schokolade in den Briefkasten gesteckt, natürlich eine gute mit einem hohen Kakaoanteil. Schokolade half bei Schlafmangel. Schokolade half bei fast allem.

„Vielleicht schläft derjenige einfach nur mit Licht“, hatte Phillip ihr geantwortet, als sie ihm eines Morgens beim Frühstück von der Nachteule gegenüber erzählt hatte. Nana hatte sich im Nachhinein geärgert, dass sie mit ihm darüber gesprochen hatte.

Phillip brachte Seifenblasen schnell zum Platzen.

Durch das gekippte Fenster drangen die Geräusche der Nacht. Ihr war warm. Und sie konnte immer noch nicht richtig fassen, dass Lutz und sie zusammen nach Schottland fahren würden. Sie musste morgen sofort anfangen zu packen, denn sie war garantiert die schlechteste Kofferpackerin auf diesem Planeten. Es würde Tage dauern, bis sie ein einigermaßen sinnvoll gefülltes Gepäckstück würde vorweisen können. Eine Handvoll Steine und Farben würde Nana in jedem Fall mitnehmen. Sie wären eine vertraute Ablenkung, falls sich die Reise schwierig gestalten würde.

Ihr wurde etwas mulmig bei dem Gedanken, in einem Auto mit fremden Menschen zu sitzen. Aber das hatte sie sich selbst eingebrockt, und die Erleichterung, dass sie die Reise nun doch antreten konnte, machte sie glücklich. Nana, das kriegste hin, hatte ihre Oma sie immer ermutigt, wenn sie nervös geworden war. Zum Beispiel vor Prüfungen. Gott, wie viele Tode sie vor Prüfungen gestorben war! Oder damals, vor dem einen Date. Oder dem anderen.

Nana, das kriegste hin. Elsa äußerte diesen Satz bis heute mit einer solch natürlichen Autorität und Selbstverständlichkeit, dass Nana nicht anders konnte, als ihrer Großmutter Glauben zu schenken. Sie würde nie den Tag vergessen, an dem Elsa ihn zum ersten Mal gesagt hatte.

Nanas Reise

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