Читать книгу Nanas Reise - Christiane Antons - Страница 7
Kaffeebraun
ОглавлениеEs gibt keine richtigen oder falschen Entscheidungen. Du fällst sie – oder eben nicht. Nana hatte sich entschieden. Und war nun ihren Job los. Sie setzte sich auf den Bürgersteig vor das Gebäude, das sie nie wieder betreten würde. Das fühlte sich irgendwie gut an und irgendwie schrecklich beängstigend. „Frank, jetzt sei kein Arsch.“ Das war ihr so herausgerutscht. Arsch hätte sie nicht sagen dürfen, das wusste sie selbst. Aber sie war erschöpft, die Hitze lähmte sie und schon am Morgen hatte der Kunde sie unfassbar genervt. Nana befeuchtete ihre trockenen Lippen und hob einen kleinen Stein hoch, den sie neben ihrer Sandale entdeckte. Langsam fuhr sie mit dem Zeigefinger an seinen Ecken und Kanten entlang.
Mittags hatte ihr Vorgesetzter Frank sie ins Büro gebeten und Nana mitgeteilt, dass sie ihren Urlaub leider um einige Monate verschieben musste. Frank fragte nicht, er teilte mit. Die Firma hatte einen Neukunden gewonnen, Nana sollte das Projekt ans Laufen bringen. Sie schloss für einen Augenblick die Augen, sammelte sich und entgegnete: „Frank, du weißt, ich bin immer flexibel, aber ich brauche diesen Urlaub dringend. Er ist mir wirklich wichtig.“ Sie hatte das Wirklich wirklich betont.
„Ich hätte letztes Jahr auch Jasper befördern können, aber du hast mir deutlich zu verstehen gegeben, dass du unbedingt die Grafikabteilung leiten willst, Nana“, antwortete Frank und hob dabei die linke Augenbraue.
Nana nickte. „Ja, ich bin dir auch sehr dankbar dafür, aber …“
Er hob den Zeigefinger an den Mund und gab ihr zu verstehen, dass nun er an der Reihe war. „Dann füll deine Position jetzt bitte auch verantwortungsvoll aus.“
„Frank, jetzt sei kein Arsch.“
Nach diesem Satz lauschte Nana einen Moment lang fasziniert der Stille, die sich in Franks Büro breitmachte. Sie waren wohl beide gleichermaßen erstaunt über diesen Satz. Binnen Sekunden wurde ihr klar, dass es nun kein Zurück mehr gab. „Entschuldige die Wortwahl, das war nicht okay“, presste sie hervor. Dann räusperte sie sich und sagte in einem ruhigen Tonfall: „Ich kündige.“
„Du … was? Moment mal, Nana. So geht das nicht. Was ist denn mit dir los? Also erst mal …“
Doch nun war es Nana, die Frank mit einem Kopfschütteln zu verstehen gab, dass sie an der Reihe war. „Ich kündige, Frank. Hätte ich schon längst tun sollen. Danke für alles.“ Sie erhob sich, schloss Franks Bürotür leise von außen und blieb für einige Sekunden mit dem Rücken zur verschlossenen Tür stehen. Dann gab sie sich einen Ruck, packte die privaten Habseligkeiten von ihrem Platz zusammen und ging zum Aufzug. Auf die Nachrufe ihrer Kolleginnen und Kollegen reagierte sie nicht.
Ihre Beine wurden steif, sie stand vom Bürgersteig auf. Erst die Sache mit Phillip und Alina, jetzt der Job. Ganz schön viele Abschiede in verdammt kurzer Zeit. Nana seufzte. Erstmal einen Kaffee, dachte sie und ging in Richtung ihres Lieblingsbäckers. Eine gute Tasse Kaffee war flüssiger Trost.