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Der »Ausstellungs-Erzherzog«

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Die landläufige Meinung über Kindererziehung und Alltag in einem adeligen Haushalt geht nicht selten in die Richtung: verwöhnte Fratzen, denen jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird, süßes Nichtstun und keine Sorgen um Essen, Trinken, Kleidung und Geld, weil ja ohnedies alles im Überfluss vorhanden ist.

Weit gefehlt! Franz Ferdinand und seine Geschwister mussten sehr wohl, und zwar sehr viel, lernen, um sich auf einen späteren Beruf vorzubereiten. Das konnte die Gutsverwaltung mit allen damit verbundenen Pflichten und großer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern sein. Oder die Vorbereitung auf ein hohes Amt, wie auch der Vater, Erzherzog Carl Ludwig, seiner Familie und seinen Zeitgenossen in vieler Hinsicht beeindruckend demonstrierte.

Denn Carl Ludwig bekleidete eine unglaubliche Anzahl von Ämtern. Begonnen hatte er im Alter von 20 Jahren als Staatsdiener, mit 22 war er bereits Statthalter von Tirol, später auch in Lemberg in Galizien. Ab dem sogenannten Februarpatent vom 26. Februar 1861 konnte man jedoch nicht gleichzeitig Mitglied des Erzhauses und »Diener« eines Ministers sein. Das Februarpatent war eine von Kaiser Franz Joseph erlassene Verfassung für den gesamten österreichischen Kaiserstaat, durch die die Grundlage für eine konstitutionelle Regierungsform gelegt wurde. Es teilte die Legislative zwischen der Krone und zwei Kammern des Reichsrats.

Also suchte Carl Ludwig andere Möglichkeiten, seine Fähigkeiten einzusetzen. Zwar konnte er hin und wieder seinen Bruder, Kaiser Franz Joseph I., vertreten. Doch am liebsten war ihm die Förderung von Gewerbe, Künsten und Wissenschaften. So übernahm er eine Vielzahl von sogenannten Protektoraten. Damit in Zusammenhang standen viele öffentliche Auftritte und Verpflichtungen sowie diverse Ausstellungseröffnungen. Die damit verbundenen Reden waren sein tägliches Brot. Aus gutem Grund und mit einem Augenzwinkern bezeichnete er sich daher selbst einmal scherzhaft als »Ausstellungs-Erzherzog«. Er war unter anderem Protektor des Grazer Kunstvereines, des Wiener Künstlerhauses, der Gartenbaugesellschaft, aber auch diverser Weltausstellungen zwischen Paris und Sydney. Er stiftete 1874 eine nach ihm benannte Goldmedaille und 1890 die höchste Auszeichnung für Bildende Künstler, die es damals gab, den Kaiserpreis.


»Der Ausstellungs-Erzherzog« Carl Ludwig

Obwohl viel unterwegs, sorgte Erzherzog Carl Ludwig für eine ausgewogene »work-life-balance«: Immer wieder nahm er sich bewusst Zeit, um die Erziehung und den Unterricht seiner Kinder und deren Fortschritte genau mitzuverfolgen. Ein Mustervater also, möchte man meinen, und sicher ein echtes Vorbild für seinen Nachwuchs.

Er war mein Urgroßvater

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