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Kapitel 7

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Es dämmerte, als sie am Rande einer Waldlichtung ankamen. Das Licht von Skys Augen war bereits erloschen und sie sah lächelnd auf Sam zurück.

„Sind wir endlich da?“, fragte er seinen Vater erleichtert. „Wir sind ganz in der Nähe, hier liegt irgendwo ihre Hütte. Wir können die Atemmasken jetzt abnehmen. Dieses Gebiet wird von den Magiern irgendwie mit einer Art Sauerstoff angereichert. Aber passt auf, wir sind nun im Bereich der Magier und Jäger.“ Dann sah er plötzlich besorgt auf Sam herab, der sich am Handrücken kratzte. „Was hast du da?“ Er steuerte direkt auf ihn zu und ergriff seine Hand.

„Nichts ich habe mich wohl irgendwo gekratzt.“ Erschrocken sah der Professor zu ihm auf.

„Oh mein Gott“, flüsterte er. „Sky!“, rief er besorgt und sie eilte auf der Stelle zu ihnen hinüber.

„Was ist denn?“, fragte Sam, der nun auch nervös wurde. „Dad?“

Sein Vater ließ seine Hand los und nahm seine Tasche ab. „Du bleibst jetzt hier bei Sam und drückst ihm hin und wieder den Kühlstein auf die Wunde. Den findest du in der Tasche, ebenso ein paar Handschuhe für dich. Ich suche die Hütte. Ihr rührt euch nicht vom Fleck. Die Hand kann jeden Augenblick anschwellen, sie wird ohne Gegengift nicht aufhören. Du musst dem entgegenwirken und sie kühlen.“

Sky sah ihn erschrocken an.

„Sie wird nicht aufhören?“ Sam sah auf seine Hand hinab, die noch immer wild juckte. „Was passiert denn dann?“, erklang seine Stimme besorgt.

„Dazu wird es nicht kommen. Ich beeile mich“, versprach sein Vater und rannte ohne ein weiteres Wort los. Sams Augen sahen in die von Sky. Sie sah ihn fassungslos an. Sie brauchte einen Moment, ehe sie sich aus ihrem Schock lösen konnte und einen klaren Kopf fasste. Ihre Finger griffen in die Tasche, während Sam sich die Atemmaske vom Kopf strich. Sie zog sich eilig die Handschuhe über und hielt schon bald den blauen Kühlstein in den Händen.

„Es fängt an zu brennen“, sagte Sam, während er das Gesicht schmerzhaft verzog.

„Er wird gleich zurück sein“, versuchte Sky ihn zu beruhigen und presste ihm behutsam den Stein auf den Handrücken. „Was ist das für ein Gift?“, fragte Sam unruhig - in aller Hoffnung, sie würde etwas darüber wissen.

Doch sie schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung. Wir können nur hoffen, dass sie nicht anschwillt. Willst du dich setzen?“

Er nickte.

„Gut, da drüben ist ein kleiner Felsen.“ Vorsichtig begleitete sie ihn ein Stück auf die Lichtung. Schleunigst setzte Sam sich auf den kalten Fels. Erneut nahm sie seine Hand und presste den Stein auf die Wunde. „Ist es schon besser?“

Mit großen Augen sah er zu ihr auf. „Ich spüre das kaum, Sky.“

„Die Kälte?“, fragte sie beunruhigt.

„Auch deine Hände nicht“, antwortete Sam, der sich den Daumen der anderen Hand mit dem Zeigefinger rieb.

„Alles wird gut. Der Professor kennt sich sehr gut aus, er findet die Hütte und deine Familie hat sicher ein Gegengift.“

„Was, wenn nicht, Sky?!“ In ihm stieg eine beunruhigende Hitze auf. „Mir wird langsam warm.“

„Denk nicht an so etwas. Das ist gleich wieder vergessen, Sam.“ Doch auch sie war sich plötzlich unsicher. Ihre Augen suchten zwischen den Bäumen nach den Umrissen seines Vaters.

„Er ist gleich zurück“, flüsterte sie, während sie innerlich darum bat, er würde tatsächlich gleich auftauchen.

„Sky, sie juckt noch immer“, teilte Sam ihr mit. Ihre Augen sahen auf seine Hand herab. Sie schwoll langsam an. Nervös leckte sie sich über die Lippen, als sie den Kühlstein ein weiteres Mal auf die Hand presste.

Sam ließ den Kopf in den Nacken sinken. „Warum passiert immer mir so etwas?“

„Dafür kann niemand etwas. Solche Dinge passieren einfach, Sam“, noch immer redete sie ihm gut zu.

„Du kennst sowas ja nicht, Sky, aber ich bin ein Tollpatsch. Mit mir hat man nur Ärger.“

„So wird es wenigstens nicht langweilig“, entgegnete sie mit einem aufgesetzten Lächeln. Man sah ihr die Nervosität eindeutig an.

Als er das bemerkte, sah er auf seine Hand hinab. „Oh nein“, stieß er hervor, „sie schwillt an.“ Panisch sah er sich um. „Dad!“, rief er laut und holte gerade Luft für einen weiteren Ruf, doch dazu kam es nicht.

Eilig legte Sky ihre andere Hand auf seinen Mund. „Die Regeln, Sam. Du musst dich ruhig verhalten. Bitte!“, erinnerte sie ihn.

Es war ein vorsichtiges Nicken, als würde sein Kopf es eher andeuten.

Langsam nahm sie die Hand von ihm. „Alles in Ordnung?“, fragte Sky.

„Tut mir leid“, entgegnete er. In Sams Vorstellung würde seine Hand wie ein Ballon anschwellen und von einem auf den anderen Moment platzen. Seine Fantasie ließ Panik in ihm aufsteigen, die er nur schwer zurückhalten konnte. „Was machen wir denn jetzt?“ Er atmete schwerer.

„Wir beruhigen uns und warten auf deinen Vater. Solange kühlen wir die Wunde. Das wird helfen.“

„Aber es hilft doch gar nicht. Sie schwillt plötzlich an, Sky, und ich spüre nichts mehr außer diesem Jucken.“

Wieder drückte sie den Stein fest auf seinen Handrücken. Ohne ein weiteres Wort erledigte sie ihre Aufgabe. Immer und immer wieder. Sie wollte Sam keineswegs durch dieses Gift verlieren. Ohne ihn würde sie sich wie verloren vorkommen. Sie nahm ihre Aufgabe ihn zu schützen instinktiv sehr ernst. Doch da war noch mehr als das. Dieser schlaue und liebenswürdige Junge hatte es nicht verdient ihretwegen zu sterben. Sie mochte ihn. Sie konnte das Gefühl nicht benennen, doch ihn so leiden zu sehen, tat ihr furchtbar weh. Innerlich bat sie immer wieder darum, dass Robert gleich auftauchen würde. Sie glaubte fest daran, dass er alles daran setzen würde, seinem Sohn, so schnell es ginge, zu helfen, doch die Zeit schien knapper zu werden und sie sorgte sich immer mehr um ihren Paten.

„Mir ist heiß“, sagte Sam erneut.

„Du wirst langsam blass, Sam“, erkannte Sky. „Tief durchatmen. Willst du vielleicht etwas trinken?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich bekomme jetzt wirklich nichts runter.“

Beunruhigt blickte sie in seine Augen, während sie mit ihrer Hand erneut den Kühlstein aufpresste. Sky musste ihn ablenken. Er war aufgebracht, sein Herzschlag war erhöht, das Blut rauschte dadurch schneller durch den Körper und somit auch das Gift.

„Wer hat eigentlich die Rettungskapseln gebaut, von denen du mir im Forschungszentrum erzählt hast?“

Ungläubig runzelte Sam die Stirn. „Meinst du die der Erde?“

Lächelnd nickte sie.

„Na, da waren so einige beteiligt“, begann er nachdenklich. „Sie wussten ja lange vor den Kriegen, dass ihre Rohstoffe versiegen würden. Also gab es mehrere Länder, die gemeinsam den Bau eines Raumschiffes in Auftrag gaben. Das geschah, kurz nachdem sie die Meldung erhalten hatten, dass es einen Planeten geben würde, auf den sie sich retten konnten.“ Sam verzog kurz das Gesicht und blickte auf seine Hand.

„Oh, entschuldige“, entfuhr es Sky und sie hob umgehend den Kühlstein von der Wunde.

„Es brennt nur schon wieder so“, erklärte Sam, bevor er fortfuhr. „Naja, das Raumschiff hatten sie gemeinsam fertiggestellt. Dafür wurde Geld aus den Kassen der Länder und privater, schwer reicher Investoren genutzt. Und die wollten selbstverständlich alle mit. Es gab mehrere Raketen, die dafür vorgesehen waren, die auserwählten Menschen in das Weltall zu befördern, damit sie am großen Rettungsraumschiff andocken konnten. Doch diese Raketen wurden nie gezündet. Sie wurden alle vorher zerstört.“

Sky schien verwirrt. „Aber wie haben sie es dann bis hierher geschafft?“

Sams Mund verformte sich zu einem breiten Grinsen. „Na, sie hatten einige sehr kluge Köpfe dabei. Menschen wie meinen Vater, die vorausschauend waren und denen ihr Projekt so wichtig war, dass sie die Auftraggeber täuschten.“

Auch sie lächelte erstaunt und legte erneut den kleinen blauen Stein auf seine Hand.

„Es gab also noch einen anderen Weg?“ Sky klang beeindruckt.

„Ja, die Rettungskapseln. Die Wissenschaftler gaben falsche Zahlen an und somit gingen gefälschte Schätzungen der Baukosten an die Investoren. So war es ihnen möglich zehn dieser Rettungskapseln zu bauen. Sie hatten genügend Fassungsvermögen für hundert Personen. Also insgesamt gerade einmal für tausend Männer und Frauen. Da die reichen Geldgeber und die Oberhäupter der Länder nichts davon wussten, konnten sie ihre eigene Auswahl treffen. Dabei ging es ihnen nicht darum, ihre eigene Haut zu retten. Sie retteten die Menschheit, Sky. Sie wählten mit Bedacht Menschen, die diese Reise körperlich überstehen würden und jene, die auch die Intelligenz besaßen, hier etwas Neues aufzubauen.“

Skys Mund stand vor Erstaunen offen. „Das ist wirklich clever!“, sagte sie überrascht.

Sam nickte zustimmend. „Ja, sie waren wohl die Größten ihrer Zeit.“

Die Hand des R2 ergriff Sams Oberarm. „Dein Vater ist auch so ein Mensch. Sicher würde er dir das hier nicht antun, wenn es keinen tieferen Sinn für ihn hätte.“

„Mag schon sein“, flüsterte Sam nachdenklich.

Danach herrschte für eine kurze Zeit Stille zwischen ihnen. Behutsam kümmerte Sky sich weiter um seine Hand, doch sie war bereits bedrohlich stark angeschwollen. Auch Sam war das keineswegs entgangen. Doch obwohl er sich vor lauter Aufregung den Daumen immer schneller an seinem Zeigefinger rieb, blieb er still. Hilflos sah Sky sich noch einmal um. Von Robert fehlte aber weiterhin jede Spur und das, obwohl ihr Pate langsam totenbleich aussah.

Dann hörte sie wieder Sams Stimme. „Irgendwie fühle ich mich langsam ziemlich schwach.“

„Es ist alles in Ordnung, Sam“, versuchte sie ihn weiterhin zu beruhigen. „Du darfst jetzt nicht aufgeben.“ Er hörte ihre Worte, er versuchte auch ernsthaft sich nicht unterkriegen zu lassen, doch er spürte diese fürchterliche Hitze, die von seinem Arm ausging und sich immer weiter ausbreitete. Sam merkte, wie seine Augen zuzufallen drohten.

„Bleib stark, Sam“, Skys Stimme klang immer seltsamer in seinen Ohren.

„Irgendetwas stimmt nicht“, presste er mühsam hervor.

Sein Mund schien nun ebenfalls taub zu werden.

„Nein, nein, nein!“, entfuhr es Sky laut, als Sam langsam zur Seite kippte. Fest schlang sie ihre Arme um ihn und hielt ihn gerade rechtzeitig fest. „Sam!“, schrie sie laut auf.

„Sam!“, war das letzte Wort, das er trotz der plötzlichen Dunkelheit noch von ihr hörte.


Auch sein Vater vernahm den hilflosen Schrei. Umgehend rannte er los und preschte voller Panik durch den dichten Wald. Minutenlang hoffte er, noch irgendetwas zu hören, doch die Stille, die plötzlich um ihn herumlag, ängstigte ihn nur noch mehr. Sein Sohn drohte an dem Gift zu sterben. Es gab nichts mehr in jenem Augenblick als ihn, keinen Krieg, keine Flucht, keinen böseren Gedanken als diesen. Und so kam er unaufhaltsam auf die Lichtung zugelaufen.

Sky hielt sein Kind fest in den Armen. Sam schien das Bewusstsein verloren zu haben. Schlapp hing er in ihrem festen Griff.

„Wir müssen uns beeilen!“, drängte er den R2. Schnell griff er von hinten nach seinem Sohn und hob ihn hoch.

„Er ist schon ganz blass“, stammelte Sky aufgeregt. Doch Robert gab ihr nur die Anweisung ihm zu folgen.

Zügig verließen sie die Lichtung in die Richtung, aus der der Professor gekommen war. Eilig liefen sie über den Waldboden. Eine scheinbar endlos lange Strecke rannten sie einfach nur geradeaus. Jeden Augenblick hämmerte nur ein Gedanke durch Skys Kopf: Sam könnte sterben. Robert hatte ähnliche Gedanken, doch er wollte nicht aufgeben, noch blieb Hoffnung. Nervös huschte Skys Blick immer wieder auf die furchtbar große Hand ihres Paten. Kraftlos hingen seine Arme an seinem Körper herunter, beinahe leblos, dachte sie für einen kurzen Moment.

Und dann erblickte sie die Hütte zwischen einigen Bäumen. Die Rettung, so wollte sie fest glauben.


Mit dem Fuß trat Robert die angelehnte Holztür auf. Schnell legte er seinen Sohn auf den großen Esstisch, der inmitten des Raumes stand. Eilig durchwühlte er danach ein Regal, auf dem einige Kräuter aufbewahrt wurden. Sky stand wie erstarrt an Sams Seite. Sie fühlte sich nutzlos und wusste nicht, wie sie ihm ohne Anweisungen helfen konnte. In ihrer Hand hielt sie noch immer den Kühlstein. Vielleicht hatte sie etwas falsch gemacht. Vielleicht hätte sie irgendetwas anders machen müssen, sodass die Hand nicht so angeschwollen wäre. Sam fing plötzlich an stark zu zittern. Sein ganzer Leib bäumte sich immer stärker auf. Umgehend hielt Sky seinen Körper, so gut es ging, fest, damit er nicht vom Tisch fallen konnte.

„Er wehrt sich gegen das Gift“, ertönte hektisch die Stimme des Professors. Und als dieser gerade nach einem Gefäß griff, sprudelte Schaum aus Sams Mund.

„Er stirbt, Robert!“, schrie Sky schockiert auf. Der Professor eilte ihr zu Hilfe und griff nach dem Kopf seines Sohnes. Umgehend legte er diesen auf die Seite, damit sein Speichel ihn nicht ersticken konnte. Noch immer bebte der Körper des Jungen heftig.

„Kau das!“, Robert stopfte Sky einige Blätter in den Mund. „Wir haben keine Zeit das anders kleinzumahlen. Er muss das schlucken!“

Prompt gehorchte sie und zermahlte das bittere Grünzeug zwischen ihren Zähnen. Auch Robert legte sich einige der Blätter in den Mund und kaute. Schnell spuckte sie den Inhalt ihres Mundes in ihre Hand. Sofort reichte sie die kleinen Blätterschnipsel an den Professor, der prompt auch seinen Mund leerte. Dann griff er erneut nach dem Kopf seines Sohnes. Das Schäumen hatte zum Glück nur einen Augenblick lang angedauert und so ließ er die Blätter in seinen Mund fallen. Dann hob er Sams Kopf und betete innerlich darum, dass er alles geschluckt haben möge. Die nächsten Minuten, in denen sein Körper noch weiter zitterte, schienen endlos lang zu sein. Tränen liefen über Skys Wangen, während sie Sams Körper sprachlos festhielt. Auch sein Vater konnte nicht mehr tun als abzuwarten. Es gab keine Uhr im Haus und so blieb ihnen einzig und allein ein ewig langes und nicht endendes Gefühl der Verzweiflung, das beide gepackt hatte.

Als Sams Körper langsam zur Ruhe kam, sackte Robert kraftlos auf einem der Stühle am Tisch zusammen.

„Wird er es schaffen?“ Sky sah den Professor mit ihren blauen Augen besorgt an. Langsam wischte sie sich die Tränen von den Wangen.

„Ich hoffe es. Das wird jetzt die Zeit zeigen.“

„Und diese Blätter können helfen?“

Robert nickte. „Die Giftpflanze, die am Stamm des Baumes hinaufwächst, schadet so ziemlich allem, was sie berührt, nur dem Baum selbst nicht. An so einer muss Sam sich irgendwie gekratzt haben. Aber der Baum, an dem die Pflanze wächst, hat ein Gegengift in seinen Zellen und die Jäger schützen sich mit solchen Mitteln.“

„Woher wusstest du, dass es sich ausgerechnet darum handelte?“, fragte Sky neugierig.

„Weil es das einzige Gift auf ganz Hope ist, das die Haut um die Wunde herum blass wirken lässt.“

Dein Vater ist auch so jemand, schoss es Sky bewundernd durch den Kopf. Ja, er war eindeutig ein Mensch, von dem sie unheimlich viel lernen konnte. Er schien sich mit vielen Dingen auszukennen. Vorsichtig lehnte sie sich über Sam. „Halt durch“, flüsterte sie ihm Kraft zu und strich ihm behutsam über die Stirn.


Der Tag verstrich langsam. Sam atmete ruhig, doch er war noch immer nicht bei Bewusstsein. Der Professor war sich jedoch nun deutlich sicherer, dass sein Sohn das Gift besiegt hatte. Fürsorglich hob er ihn vom Tisch und legte ihn in das Bett in dem angrenzenden Raum. Danach entzündete er ein Feuer im Kamin. Die Hütte war sehr klein und der größte Teil der Inneneinrichtung war einzig aus Holz hergestellt. Es gab keine elektrischen Lampen und so machte Robert sich daran für seinen Sohn mit einem Streichholz eine Kerze zu entzünden, damit er später nicht in vollkommender Dunkelheit aufwachen würde. Erst danach kam auch Robert innerlich zur Ruhe und ließ Sam das erste Mal etwas allein. Leise zog er die Tür bis auf einen kleinen Spalt zu. Sky hatte schon auf einem der beiden Sessel vor dem Kamin Platz genommen und Robert setzte sich zu ihr.

Er spürte, wie furchtbar erschöpft er war, und zog einen seiner Energiedrinks aus seiner Tasche. Nur einen Schluck genoss er, ehe er den Behälter wieder zurücklegte. Dann ließ er den Kopf in den Nacken sinken. „Sie werden bald hier sein, Sky“, murmelte er ausgelaugt.

„Was wird dann passieren?“, fragte sie. „Glaubst du, dass wir hier wirklich willkommen sind?“

Der Kopf des Professors erhob sich wieder und er sah Sky tief in die Augen. „Weder ich, noch du, aber Sam ganz bestimmt. Er wird der Grund sein, wieso sie uns nicht fortschicken werden.“

Neugierig stützte sie ihren Ellenbogen auf die Armlehne des Sessels und legte das Kinn auf ihrem Handrücken ab. „Aber so, wie es klang, kennen sie ihn doch gar nicht.“

Robert lächelte. „Er erinnert sich nur nicht an seine Tante. Sam war noch sehr jung, als sich unsere Wege trennten.“

Verständnisvoll nickte sie, aber dennoch blieben viele Fragen. „Weshalb habt ihr euch denn nicht mehr getroffen?“

Der Blick des Professors wandelte sich und der Mund der eben noch lächelte, verzog sich traurig.

„Das ist kompliziert, Sky. Es hat viel mit Persönlichkeiten und Ansichten zu tun, die sich irgendwie fremd wurden. Ich glaube, meine Frau und ich wollten Sam einfach schützen.“

„Aber wovor? Ich verstehe das alles noch nicht, Robert. Du hast mir nichts von einem Krieg erzählt und dann heißt es, dass wir in ein Gebiet fliegen, in dem Jäger und Magier leben, von denen ich erst kurz zuvor gehört habe. Was spaltet euch so sehr? Und warum glaubt dieser Mister Winson, dass ich eine Gefahr sein könnte? Er kennt mich doch gar nicht.“

Jetzt zeigte sich die Traurigkeit plötzlich auch in ihrem Gesicht. Der Professor wollte den R2 gerade trösten und ihm alles erklären, als die Tür plötzlich aufging und zwei überraschte Personen in den kleinen Raum traten. Erschrocken stand Sky auf, als sie die Schritte hörte. Im Eingang standen eine kleine, wohlgenährte Frau und ein großer, breit gebauter Mann, der zügig ein Messer zückte.

„Verlassen Sie sofort unser Haus!“, schrie er reflexartig, doch sein Blick schien eher überrascht als verärgert.

„Was um alles in der Welt sind Sie?“, fügte er fragend hinzu.

Der R2 hob vorsichtig beide Hände, um dem Paar zu deuten, dass sie keine bösen Absichten hatte. Erst dann erhob sich auch Robert aus dem Sessel und drehte sich zu den Ankömmlingen um.

Der Mund der Frau öffnete sich ungläubig und sie ließ vor Schreck ihren Beutel fallen, den sie mit beiden Händen getragen hatte. Dieser krachte laut zu Boden. „Robert …“ Ihr entglitt nur der Name, ehe sie erneut verstummte. Sie schien ihren Augen nicht zu trauen. Immer wieder schüttelte sie fassungslos den Kopf. Nur der Mann trat ein paar Schritte auf sie zu. Noch immer hielt er schützend die Klinge vor sich.

Skys Augen begannen aufzuleuchten und so schob Robert sie behutsam hinter sich. „Wir brauchen dringend eure Hilfe. Bitte! Wir sind nicht hier, um Ärger zu machen.“

Der große Dunkelhaarige zog skeptisch eine seiner Augenbrauen hoch. „Du tauchst nach 14 Jahren einfach so hier auf und bittest uns um Hilfe?“, sagte er mit tiefer Stimme.

„Ich bin nicht allein“, wehrte sich Robert in aller Hoffnung bleiben zu dürfen.

„Das sehe ich“, antwortete der Mann. „Ist das eines eurer Spielzeuge?“ Er klang abwertend und dementsprechend ließ er seinen Blick über Sky gleiten.

„Sam ist auch hier und daher bitte ich dich, Terry, lass uns das doch in Ruhe besprechen. Ohne Waffen und ohne Misstrauen.“

Der Mann sah auf seine Frau Kira zurück, die zustimmend nickte. Erst dann legte er das Messer auf dem Esstisch ab. „Also gut, Robert“, sagte er, „setzen wir uns.“

Terry deutete auf die Stühle, die um den Tisch herum standen und nahm selbst an dessen Ende Platz. Sky folgte Robert vorsichtig, während das Leuchten in ihren Augen langsam erlosch. Der Professor setzte sich ans gegenüberliegende Tischende und bot dem R2 den Stuhl neben sich an.

„Bring uns etwas zu trinken“, forderte Terry von seiner Frau. Sie gehorchte wortlos. Sky hatte noch nie jemanden gesehen, der ihren Körperumfang hatte. Sie sah beleibter aus als die anderen Menschen und auch ihr Mann war breiter, jedoch sah er nicht weich, sondern eher kräftig aus.

„Ist Sam nebenan?“, durchbrach Terrys dunkle Stimme ihre Gedanken.

Robert nickte. „Er ruht sich aus. Wir mussten eine große Strecke durch den Wald zurücklegen und dabei hat er sich an einer Dunkelranke vergiftet, aber wir konnten dank eures Vorrats etwas dagegen tun.“

Kira stellte einen großen Krug vor ihren Mann auf den Tisch. Danach sah sie Robert und Sky fragend an, sagte aber noch immer nichts.

„Nein, danke“, antwortete der Professor auf ihre stumme Frage. Danach nahm sie neben ihrem Mann Platz. Gedankenverloren heftete sich ihr Blick auf die Tischplatte, während Terry nicht begeistert schien.

„Du jagst mit deinem Sohn unvorbereitet durch den Wald, stiehlst unsere überlebenswichtigen Kräuter, bettest Sam in unserem Schlafzimmer und zu allem Überfluss bringst du dieses Ding in mein Haus!“ Er sah Sky so überaus böse an, dass sie am liebsten weggesehen hätte, doch sie wollte standhaft bleiben und so starrte sie ausdruckslos zurück.

„Ihr seid unsere einzige Hoffnung, bis Sarah uns abholen kommt“, erklärte Robert. „Wir können nicht zurück nach Cyron. Ich glaube, dass da etwas nicht stimmt und vielleicht wisst ihr irgendetwas darüber.“

Höhnisch lachte Terry laut auf. „Worüber? Über irgendwelche Pläne der Magier? Irgendwelche Verschwörungstheorien, die du dir einbildest?“ Dann wurde er wieder ganz ernst. „Kira und ich gehören nicht zu den Jägern, die den Krieg unterstützen und mit den Magiern losziehen. Das weißt du genau. Wir wissen also gar nichts über deine Heimatstadt Cyron und wenn du nicht ausgerechnet an meinem Tisch sitzen würdest, wäre es mir auch durchaus egal, ob du vor irgendwas davonlaufen musst. Aber du sitzt nun mal hier. Also was hast du angestellt, dass du deinen Sohn nach all den Jahren endlich mal hierher bringst?“

Robert sah kurz zu Sky hinüber, bevor er wieder zu seinem Gesprächspartner blickte.

„Ich habe sie erschaffen und sie haben diesem Modell keine Freigabe erteilt. Der Stadtrat überhäufte uns mit Skepsis und so hätte ich sie und alle anderen Exemplare dieser Serie zerstören müssen. Aber das kann ich nicht, Terry, weil sie bereits lebt.“

Die Faust des Mannes schlug kräftig auf den Tisch. Sky und Robert fuhren erschrocken zusammen.

„Bist du verrückt geworden?!“, fuhr er den Professor an und stand deutlich wütend auf. Seine Frau legte bittend ihre Hand auf seinen Arm, in aller Hoffnung er würde sich wieder setzen.

„Du könntest der Grund sein, wieso sie ihre Truppen in unser Gebiet schicken. Weißt du eigentlich, was das bedeutet?!“

Robert schluckte. „Das werden sie nicht tun.“

„Ach nein?! Wie kannst du dir da sicher sein? Hast du nicht eben eine Ansprache gehalten, in der du sagtest, dass da etwas nicht stimmt? Und wenn dem so ist und sie nur auf solch einen Moment gewartet haben, dann sitzen Kira und ich jetzt inmitten des Kriegsgebiets. Genau dort, wo wir nie hin wollten!“

Nun stand auch Robert plötzlich auf. „Du bist doch kein Narr, Terry, der Krieg kommt irgendwann sowieso hierher. Die Techniker werden sich doch nicht ewig in ihrem Terrain angreifen lassen. Sie bereiten sich längst vor. Sie werden zurückschlagen und den Krieg auch zu euch bringen.“

„Ja, mag sein“, Terry klang augenblicklich ruhiger, „aber bis jetzt hatten sie noch keinen Grund, ausgerechnet hierher zu kommen.“ Dann setzte er sich, er war sichtlich besorgt.

„Wann wird Sarah hier sein?“, fragte er.

Auch Robert nahm wieder Platz. „Ich hoffe, dass sie es in zwei bis drei Tagen schafft.“

Terry vergrub nachdenklich das Gesicht in seinen Händen und stieß fest seinen Atem aus. Erst dann nahm er einen großen Schluck aus seinem Krug.

„Ihr Gleiter wird die Magier aufschrecken. Das überlebt sie niemals, Robert.“

„Sarah ist sehr klug, sie würde sich damit nicht in euer Gebiet wagen. Außerdem ist sie mit Coroc verbunden und kann deshalb unmöglich so auffällig sein. Sie wird einen anderen Weg finden. Wir haben schon damals andere Möglichkeiten gefunden.“

„Du vergisst aber die Kontrollen. Jeden Augenblick könnte es an dieser Tür klopfen und die Magier durchsuchen das ganze Haus, jeden gottverdammten Winkel! Und wo verstecken wir euch dann?“

Sky sah Robert besorgt an, der sich ausführlich umsah.

Unterdessen stand Kira auf. Sie zog die Vorhänge zu, ehe sie ihren Beutel vom Boden aufhob. Sie eilte zu der kleinen Kochstelle neben dem Ofen und zog ein großes Stück Fleisch heraus. „Wollt ihr auch etwas essen?“, fragte sie plötzlich.

Robert sah überrascht zu ihr hinüber. „Nein, danke“, stammelte er. „Ich habe seit Jahren keine feste Nahrung zu mir genommen und Sam bisher nie. Das würden unsere Mägen nicht mitmachen, denke ich.“

Terry lächelte zum ersten Mal kurz. „Ihr könnt einem nur leidtun. Das Fleisch eines Wühlers ist ausgezeichnet.“

Auch Robert lächelte zurück. „Ja, ich erinnere mich an den Geschmack eines guten Schweins.“

„Na, dann versuch es doch wenigstens. Kira kann es sicher ganz klein schneiden“, bot Terry ihm an.

Nachgiebig willigte Robert ein, etwas davon zu probieren. Sky selbst wusste, dass sie es nicht hätte essen können, doch sie war sichtlich enttäuscht darüber, dass man sie scheinbar nicht einmal einbezogen hatte. Skys Augen tasteten die Wände ab, während die beiden sich weiter über sämtliche Gerichte unterhielten und Kira dabei war, das Fleisch zuzubereiten. Ihr Blick wanderte über mögliche Verstecke und landete dann ganz oben. „Was ist mit den Dachbalken?“, fragte Sky überraschend.

Robert und Terry blickten auf. „Was soll damit sein?“, ertönte die Stimme des Jägers.

„Suchen sie auch dort?“

Erstaunt sah Terry den R2 an und schüttelte den Kopf.

Robert grinste breit und lobte Sky: „Sehr gut. Wir werden uns dort verstecken, falls sie kommen sollten.“

Hope

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