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Erinnerungsorte

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Die Arbeit mit Erinnerungsorten ist in den letzten Jahren zu einer fest etablierten unterrichtspraktischen Herangehensweise geworden, wie z.B. an dem Lehrwerk Erinnerungsorte – Deutsche Geschichte im DaF-Unterricht (Schmidt/Schmidt 2007a) deutlich wird.1 Es basiert auf dem Konzept der lieux de mémoires, das Pierre Nora ausgehend von Maurice Halbwachs’ Theorie des kollektiven Gedächtnisses entwickelte. Demnach handelt es sich bei Erinnerungsorten um Kristallisationskerne des kollektiven Gedächtnisses, die aus einem Netz aus materiellen und immateriellen Erinnerungsfäden bestehen (vgl. François/Schulze 2009, 8f), wobei Erinnerungsorte sowohl als Orte im strengen Sinne, aber auch als historische und mythische Personen, Texte, Dinge, Ereignisse etc. gedacht werden, die Erinnerungen gleichsam an sich knüpfen.2 Diese Erinnerungen sind nicht festgeschrieben, sondern veränderbar, so dass neue hinzukommen, gleichzeitig mit anderen existieren oder diese überlagern können. Fornoff führt weiter aus, wie das Konzept der kulturellen Deutungsmuster mit gedächtniswissenschaftlichen Perspektiven zusammengeführt werden kann,3 bzw. zeigt auf, dass beispielsweise bei Assmann im Grunde von einer „vollständigen Ineinssetzung von Wissen und Gedächtnis“ (Fornoff 2016, 111) gesprochen werden kann.

Im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht ist der Ansatz, über Erinnerungsorte Lernenden die Geschichte eines Landes näher zu bringen, inzwischen Gang und Gäbe, wie eine Vielzahl an Publikationen belegt.4 Zentral ist dabei die Annahme, dass Erinnerungen sowohl für das Individuum als auch für eine Gruppe die Funktion haben,

eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart und möglicherweise in die Zukunft zu schlagen. Sie bilden eine konnektive Struktur, die Menschen über die Zeit hinweg mit ihren Vor- und Nachfahren und innerhalb einer Gruppe untereinander verbindet. Erinnerungen dienen der individuellen Sinnstiftung, indem sie Identität und Kontinuität schaffen. (Schmidt/Schmidt 2007b, 422)

Für den Fremdsprachenunterricht ist die Auseinandersetzung mit Erinnerungsorten sinnvoll, weil die Lernenden sich mit Hilfe von entsprechenden Didaktisierungen mit der impliziten symbolischen Konstruktion (Koreik/Roche 2014, 22) und der zeitlichen und räumlichen Perspektivgebundenheit von Geschichtsbildern und kulturellen Deutungsmustern auseinandersetzen (vgl. Schmidt/Schmidt 2007b, 423) und erfahren, wie diese umgedeutet werden können. Erinnerungsorte sind daher nicht nur interessant, um sich der ‚deutschen Geschichte‘ zu nähern, sondern auch, um die Sedimente von kulturellen Deutungsmustern freizulegen und nachzuvollziehen.5

Kulturbezogenes Lernen in asynchroner computervermittelter Kommunikation

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