Читать книгу Herzstücke in Oberbayern - Christine Metzger - Страница 11
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KRAUT FÜR DEN BISCHOF
Gibt es Steigerungsformen von Kraut? Im Bairischen schon: »krauterer, krautest«. »Dees krauteste Kraut werd z’ Ismaning baut«, lautet ein alter Spruch. Ein anderer reicht ebenfalls weit zurück, ein Seufzer, der erstmals 1509 erklang: »Oh mei, oh mei: Uns hams ghaut. Hätt man bloß koa Bischofskraut!«
Ghaut. Auf Hochdeutsch klingt das dramatischer: vom Schicksal geschlagen. Ein hartes Los trugen sie also, die Ismaninger. Und das fast 300 Jahre lang. Bis zur Säkularisation band der Pakt die Bauern, den sie 1509 mit Bischof Philipp von Freising geschlossen hatten. Der überließ ihnen die Krautäcker als Gemeineigentum und forderte als Gegenleistung, »jährlich zu der Hofhaltung zu Freising 2500 zeitige Krautköpf zu liefern«. Und zwar das »schenst und sauberst ausklaubte« Kraut. Die kirchlichen Herren wussten schon immer, was gut war, und das Kraut aus Ismaning war nun mal das »krauteste«. Das lag einerseits am Boden (Kalktuff), andererseits an der Sorte, die die Bauern über Jahrhunderte gezüchtet hatten. Das »Ismaninger Weißkraut« ist hell, flachköpfig und besonders mild. 1890 erhielt es auf der Weltausstellung in Paris eine Goldmedaille und wurde damit zum Exportartikel. Damals aber war die große Zeit des Kohls als Hauptnahrungsmittel, Vitaminlieferant und vor allem als Gemüse, das sich in Form von Sauerkraut konservieren ließ, schon vorbei. 1810 wurde die Konservendose erfunden, und in die wanderte nun auch das Sauerkraut – mit entsprechendem Qualitätsverlust.
Der Anbau der alten Kultursorte ist arbeitsintensiv und nicht sehr ertragreich. Und so gibt es nur noch wenige Bauern, die das Ismaninger Kraut anbieten. Einer von ihnen ist der junge Gärtnermeister und durch eine Facharbeit ausgewiesene Sauerkrautexperte Adolf Sieber vom Holzerhof. Als zweites Standbein haben sich Vater und Sohn dem Obstanbau zugewandt. Die Idee, aus dem Obst Marmeladen zu machen und Brände zu destillieren, ist naheliegend. Aber einen Krautschnaps brennen und Sauerkrautschokolade kreieren, das kann nur einer: ein echter Sauerkrautexperte.
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