Читать книгу Das Minimalismus-Projekt - Christof Herrmann - Страница 8
Оглавление
1 NEUE GEWOHNHEITEN ETABLIEREN UND SCHLECHTE ABLEGEN
»Man bleibt jung, solange man noch lernen, neue Gewohnheiten annehmen und Widerspruch ertragen kann.«
Marie von Ebner-Eschenbach
Mehr Sport treiben, weniger Zucker konsumieren, öfter das Smartphone ausschalten. Wir alle wollen uns verändern, nehmen uns vor, neue Gewohnheiten zu etablieren oder schlechte abzulegen – und schaffen es oft doch nicht.
Keine Angst vor Veränderung
Es gibt verschiedene Gründe, die uns scheitern lassen. Wir wissen nicht, wie wir starten sollen. Wir fühlen uns überfordert. Wir zweifeln an uns und haben Angst zu versagen. Es fehlt uns an Willenskraft und Durchhaltevermögen. Altes beizubehalten ist zudem meist einfacher. Sport ist Mord, Zucker ist lecker, ohne Smartphone geht es halt nicht, denken wir. Wir finden uns damit ab, dass wir mit den schlechten Gewohnheiten und deren Folgen leben müssen und gute Gewohnheiten nicht mehr lernen. Das muss nicht sein. Mit der richtigen Strategie kann es Dir gelingen.
Welche Veränderung wünschst Du Dir?
Seit dem Start meines Blogs 2013 habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, pro Quartal eine gute Gewohnheit zu etablieren oder eine schlechte abzulegen. Diese kleinen Veränderungen haben dafür gesorgt, dass ich heute einfacher, nachhaltiger, gesünder, selbstbestimmter, mutiger und zufriedener lebe als zuvor.
Welche Veränderung wünschst Du Dir? Du findest ein paar Vorschläge in der folgenden Auflistung. Wie wir später noch sehen werden, ist es wichtig, für jede Gewohnheit ein konkretes, möglichst messbares Ziel zu formulieren. Ich schreibe deshalb jeweils Beispiele für solche Ziele dazu.
Mehr Bewegung: 10 000 Schritte beziehungsweise fünf bis acht Kilometer pro Tag (siehe Kapitel 12 >)
Regelmäßig joggen: im 1. Monat alle zwei Tage einen Kilometer, im 2. Monat zwei Kilometer …
Meditation in die Morgenroutine einbauen: zehn Minuten gleich nach dem Aufstehen siehe Kapitel 17 >)
Langsamer und achtsamer essen: 20 Minuten pro Mahlzeit, jeden Bissen 20-mal kauen (siehe Kapitel 35 >)
Weniger Tierisches essen: an fünf Tagen der Woche vegan, an einem Tag vegetarisch, an einem Tag omnivor(Mischkost)
Weniger Alkohol trinken: durchschnittlich nicht mehr als zehn Gramm Alkohol pro Tag
Nichtraucher werden: keine Zigaretten kaufen, keine rauchen
Spontankäufe reduzieren: immer nur kaufen, was auf dem Einkaufszettel steht;wenn Dich etwas anlacht, erst mal eine Nacht darüber schlafen und dann entscheiden
Das Auto öfter stehen lassen: Strecken bis zwei Kilometer zu Fuß gehen, bis zehn Kilometer mit dem Rad fahren
Weniger Multitasking: in der 1. Woche eine Stunde Singletasking, in der 2. zwei Stunden … (siehe Kapitel 3 >)
Mehr Zeit für Freunde und Familie: täglich eine Stunde zusätzlich dafür im Kalender blockieren
Weniger am Smartphone kleben: maximal eine Stunde täglich mithilfe der Screen-Time-App (siehe Kapitel 26 >)
Weniger lamentieren: die eigene Einstellung ändern und Optimismus lernen (siehe Kapitel 28 >)
Einen Roman schreiben: durchschnittlich eine Manuskriptseite pro Tag
Gewohnheit = Auslöser + Verhalten + Belohnung
Bevor wir uns den konkreten Schritten zuwenden, sollten wir verstehen, wie Gewohnheiten funktionieren. Das hilft, unser Verhalten bewusst zu verändern. Eine Gewohnheit ist ein bestimmtes Verhalten, das Du meist automatisch ausführst, sobald ein Auslöser eintritt, um eine Belohnung zu bekommen.
Eine schlechte Gewohnheit wäre zum Beispiel, wenn Du von der Arbeit gestresst nach Hause kommst (Auslöser), den Abend mit Bier und Fertigpizza vor dem Fernsehapparat verbringst (Verhalten), um einigermaßen runterzukommen (Belohnung). Besser wäre es, immer dann, wenn Du von der Arbeit gestresst nach Hause kommst (Auslöser), etwas Gesundes zuzubereiten und zu essen und danach spazieren zu gehen (Verhalten), um zur Ruhe zu kommen, die frische Luft zu genießen und so etwas für Deine Gesundheit zu tun (Belohnung).
Unser Verhalten ist also oft von Gewohnheiten bestimmt. Ohne sie wäre unser Leben viel komplizierter. Stelle Dir vor, Du müsstest Dich jedes Mal konzentrieren oder zwingen, bei Rot nicht über die Straße zu gehen oder nach dem Händewaschen den Wasserhahn zuzudrehen. Das bedeutet aber auch, dass es gar nicht so einfach ist, ein gewohntes Verhalten zu ändern.
Zehn Tipps, um eine Gewohnheit zu etablieren
Mit der folgenden Strategie sollte es Dir gelingen, Gewohnheiten zu erlernen, zu ändern oder abzulegen.
1. Entscheide Dich für eine einzige Gewohnheit, die Du etablieren oder ablegen möchtest, damit Du Deine ganze Willenskraft und Konzentration für die eine Veränderung aufwenden kannst. Meist ist es einfacher, sich erst einmal etwas an- statt abzugewöhnen. Um täglich 15 Minuten Yoga zu machen, benötigst Du 15 Minuten Willenskraft. Um Dir das Rauchen abzugewöhnen, benötigst Du 24 Stunden Willenskraft.
2. Formuliere ein konkretes, möglichst messbares Ziel. Auf diese Weise kannst Du immer wieder Deinen Fortschritt überprüfen. Die Gewohnheit »Mehr Bewegung« bekommt also ein Ziel wie zum Beispiel »Mindestens 10 000 Schritte pro Tag«.
3. Führe ein Gewohnheiten-Tagebuch. Notiere darin die Gewohnheit, den Auslöser, das Verhalten und die Belohnung sowie das konkrete Ziel, also das, was Du erreichen willst. Mache Dir auch Gedanken, wie Du mit Rückschlägen umgehen möchtest und wie es sich anfühlen wird, wenn Dir das neue Verhalten in Fleisch und Blut übergegangen ist. Bis es so weit ist, solltest Du Fortschritte regelmäßig in Deinem Gewohnheiten-Tagebuch festhalten.
4. Mach es Dir so einfach wie möglich. Regelmäßiges Joggen gewöhnst Du Dir zum Beispiel leichter im Sommerhalbjahr an. Setze einen Termin und lege die Laufklamotten und -schuhe bereit, damit Du schnell starten kannst und Dir nicht so leicht etwas dazwischenkommt.
Ein Tagebuch kann ein hilfreicher Begleiter sein beim »Change« zu mehr Minimalismus, denn es dient einer genauen Selbstbeobachtung.5. Gib Dir zwei bis drei Monate Zeit. So lange dauert es, bis Du Dich an das neue Verhalten gewöhnt hast. Lege kein zu hohes Ziel fest beziehungsweise gehe schrittweise vor. Wenn Du fünfmal die Woche fünf Kilometer joggen möchtest, das aber aus dem Stand unrealistisch ist, dann steigere das Pensum langsam. Nimm Dir für den ersten Monat dreimal die Woche drei Kilometer vor, im zweiten Monat dann viermal die Woche vier Kilometer und im dritten Monat fünfmal die Woche fünf Kilometer.
6. Hole Dir Motivation von außen. Es kann hilfreich sein, wenn Du Unterstützung von Freunden oder Familie hast. Berichte ihnen von Deinem Vorhaben und halte sie auf dem Laufenden. Vielleicht schließt sich sogar jemand an. In so einem Umfeld wirst Du es Dir dreimal überlegen, ob Du einen Rückzieher machst. Du kannst auch online über Deine neue Gewohnheit berichten, in Communitys, Foren und den sozialen Medien.
7. Bleib dran. Nach der anfänglichen Begeisterung meldet sich oft der innere Schweinehund zurück. Dann ist es wichtig, Dich daran zu erinnern, das neue Verhalten beizubehalten. Beschäftige Dich mit Deinem Gewohnheiten-Tagebuch, blockiere Zeit in Deinem Kalender, stelle den Wecker, hänge DIN-A4-Blätter mit Deiner Motivation und Klebezettel mit Durchhaltesprüchen auf.
8. Habe Freude an der Veränderung. Wenn Du der neuen Gewohnheit wenig abgewinnen kannst, besteht die Gefahr, dass Du sie früher oder später wieder fallen lässt. Rufe Dir das Positive der Veränderung und die Belohnung des neuen Verhaltens ins Gedächtnis. Sei wach, achtsam und dankbar. Wer beim Wandern vor allem die Anstrengung beim Anstieg wahrnimmt, dem bleiben all die Freuden verwehrt: die Bewegung in der Natur, die Entschleunigung, die Stille, das Gipfelglück, die Müdigkeit am Ziel, die allmähliche Stärkung von Körper und Geist.
9. Zelebriere die neue Gewohnheit. Sobald Du keine Willenskraft mehr aufwenden musst, bist Du am Ziel. Du hast eine neue Gewohnheit etabliert oder eine schlechte abgelegt. Du kannst stolz auf Dich sein! Das neue Verhalten wird nun fast automatisch ablaufen. Ich empfehle trotzdem, alle ein bis zwei Monate den Stand für diese Gewohnheit in Dein Tagebuch einzutragen. Also zum Beispiel, ob Du die Gewohnheit beibehalten hast, ob sie noch schwerfällt, wie sich die Veränderung anfühlt.
10. Lerne aus Misserfolgen. Wenn es Dir nicht gelingt, die neue Gewohnheit zu etablieren, dann quäle Dich nicht länger. Lege sie (vorerst) ad acta. Du hast trotzdem etwas gelernt. Wende Dich mit Zuversicht einer anderen Veränderung zu.
Am besten fängst Du gleich damit an, Deinen Lebensstil ein klein wenig minimalistischer zu gestalten. Denn »jedem Anfang wohnt«, wie der Dichter Hermann Hesse schrieb, »ein Zauber inne«. Und wenn es nicht auf Anhieb klappen will, weiß der große afrikanische Politiker Nelson Mandela Rat: »Unser größter Ruhm ist nicht, niemals zu fallen, sondern jedes Mal wieder aufzustehen.«