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PROLOG: EIN SCHAMERL BRAUCHT VIER HAXEN

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Zwiegespräch im Vorfeld dieses Buches. Ich bespreche mit meinem langjährigen künstlerischen Visavis, dem Schriftsteller Christoph Frühwirth, die vorliegende Biografie. Wir suchen nach einem Buchtitel, der mein Leben am besten zusammenfasst, und kommen auf das Schamerl, das vier Haxen braucht, damit es nicht wackelt.

Ich hab zwei Berufe gelernt. Der erste, mein Lehrberuf, ist die Tischlerei. Mein erstes Werkstück war ein Schamerl. Der Geselle hat mir die Einzelteile auf der Maschine zurechtgeschnitten, also das Grundmaß vorgegeben. Anschließend musste ich per Hand den exakten Winkel millimetergenau einrichten: den Winkel ansetzen, ausmessen und das Brett mit der Handsäge in Form bringen. Danach wurde mir gezeigt, wie man das Schlitzloch stemmt und die Einzelteile ineinanderfügt. Eine punktgenaue Arbeit, bei der ich fürs Leben gelernt hab. Das Maß ergibt die Form. Und ein Schamerl braucht vier exakt gleich lange Haxen, damit es nicht wackelt.

Frühwirth und ich haben uns entschieden, von diesen vier Haxen ausgehend die vier großen Themen meines Lebens zu erarbeiten: das Leben an sich, die Familie, das Handwerk und den Glauben.

Bevor ich in die Tiefe dringe, möchte ich Ihnen einen kleinen Einblick in die Schreibwerkstatt verschaffen. Lauschen Sie jenem Zwiegespräch, das uns zum Buchtitel hingeführt hat.

Christoph Frühwirth: Ein Buch über dich, da müssen wir auf jeden Fall auch über deine beiden erlernten Berufe plaudern.

Karl Merkatz: Den einen hab ich ja nur erlernt, weil der andere meinen Eltern als Hungerleider-Beruf gegolten hat.

Deine Leidenschaft ist also von Kind an beim Schauspiel gelegen?

Beim Kasperltheater. Als Kinder haben wir ein paar Bretter zusammengenagelt und unser Publikum mit Kasperl und Krokodil unterhalten.

Da haben sich bei dir ja schon von klein auf beide Berufe überschnitten.

Ja, und zum Zeitpunkt meines ersten richtigen Theaterabends bin ich dann an der berühmten Weggabelung gestanden. 14 war ich damals, hab mich für eine Lehre entscheiden müssen und gleichzeitig im Pfarrtheater den »Verlorenen Sohn« von Erich Eckert gespielt.

Die berühmte Gewissensfrage: Verlorener oder braver Sohn?

Das Gewissen haben mir meine Eltern abgenommen, indem sie gemeint haben: »Du wirst Tischler!«

Machen wir einen Zeitsprung. Vier Jahre später. Das zerbombte Wien: Du bist Tischlergeselle in Wien und findest in einem Bombentrichter ein altes Soufflier-Buch.

Das hab ich heut noch, ganz zerfleddert ist es. Dieses Büchel hab ich fortan im Schurz stecken gehabt. (Anmerkung: wie am Buchcover.)

Ein schönes Bild.

Mehr als das. Das Büchel im Schurz hat mir ein Gefühl dafür gegeben, was ich wirklich will.

Du bist ja jemand, der sehr sensitiv an die Dinge herangeht …

Das Gefühl ist das Um und Auf bei der Erarbeitung einer Rolle wie auch bei der Arbeit an einem Werkstück. Ich hab als Tischler einen Winkel vorgegeben. Der ist das Maß, mit dem ich dem Stück eine Form geb. So weit die technische Seite. Der Rest ist das Gefühl.


Gespräch unter Freunden: mit Autor Christoph Frühwirth

Um auf das von dir eingangs erwähnte Schamerl zurückzukommen: Was hast du dabei gelernt?

Bei diesem Schamerl hab ich fürs Leben gelernt: Wenn’s wackelt, hast du einen Fehler gemacht und musst von vorne beginnen. Ich bin nie fehlerfrei gewesen, musste im Leben wie im Beruf immer wieder von vorne beginnen. Jeder Neubeginn ist für mich wie ein neues Schamerl gewesen.

Und damit haben wir, am Beginn der Arbeit zu diesem Buch, einen passenden Titel: Ein Schamerl braucht vier Haxen.

Wennst meinst, mir soll’s recht sein.


Wer hier die Rampensau ist: mit Film-Schwein Marianne

Ein Schamerl braucht vier Haxen

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