Читать книгу Klausurenkurs im Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrecht - Christoph Herrmann - Страница 104
2. Stellungnahme der Kommission vor Klageerhebung
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Zudem müsste die Kommission vor Klageerhebung eine Stellungnahme abgegeben haben. Aus der Stellungnahme muss für den Mitgliedstaat zum einen hervorgehen, gegen welche konkreten unionsrechtlichen Bestimmungen der Mitgliedstaat verstoßen haben soll, zum anderen müssen die Tatsachen und Rechtsgründe hierfür benannt werden. Darüber hinaus muss die Stellungnahme gemäß Art. 258 Abs. 2 AEUV mit einer Frist versehen sein, die es dem Mitgliedstaat ermöglicht, die Unionsrechtsverletzung abzustellen, um ein Verfahren vor dem Gerichtshof zu vermeiden. Die Länge der Frist ist primärrechtlich nicht niedergelegt, soll aber so ausgestaltet sein, dass der betreffende Mitgliedstaat die Unionsrechtsverletzung tatsächlich abstellen kann, wobei regelmäßig zwei Monate genügen.[4]
Vorliegend hat die Kommission der Regierung von B eine mit Gründen versehene Stellungnahme übersandt (Zugang am 27.4.2017). Allerdings erfolgte diese ohne vorherige Äußerung von B in Bezug auf das Mahnschreiben. Dies könnte zur Folge haben, dass die Kommission im Rahmen des Vorverfahrens (noch) keine Stellungnahme erlassen durfte. Ein Mitgliedstaat könnte jedoch durch das Ignorieren des Mahnschreibens den Erlass der Stellungnahme und damit die zweite Stufe des Vorverfahrens verhindern. Es liegt im Verantwortungsbereich des jeweiligen Mitgliedstaats, die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs auch tatsächlich wahrzunehmen. Folglich ist es für die Zulässigkeit der Stellungnahme unerheblich, ob sich der betreffende Mitgliedstaat zum Inhalt des Mahnschreibens geäußert hat oder nicht. Entscheidend ist einzig, dass dem betreffenden Mitgliedstaat im Rahmen des vorherigen Mahnverfahrens Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden ist. Die Kommission durfte daher die gegenüber B erfolgte Stellungnahme erlassen.