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1. Verstoß der extra-EU BITs gegen Art. 207 Abs. 1 AEUV

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Möglicherweise wären die extra-EU BITs von A mit Art. 207 Abs. 1 AEUV unvereinbar, soweit diese ausländische Direktinvestitionen betreffen. Dieser Bereich zählt seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 ebenfalls zur gemeinsamen Handelspolitik der EU, die gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV in der ausschließlichen Zuständigkeit der Union liegt. Dies hat gemäß Art. 2 Abs. 1 AEUV zur Folge, dass die Mitgliedstaaten in diesem Bereich nur tätig werden dürfen, wenn sie von der Union dazu ermächtigt werden.

Die extra-EU BITs von A waren damit im Bereich der von Art. 207 Abs. 1 AEUV umfassten ausländischen Direktinvestitionen grundsätzlich nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Der unionsrechtliche Anwendungsvorrang untersagte damit grundsätzlich eine Anwendung der BITs im Bereich der Direktinvestitionen.

Nur im Ausnahmefall blieben die BITs von den Vorschriften der Verträge unberührt, der vorliegt, sofern die BITs als Altvertrag i.S.v. Art. 351 Abs. 1 AEUV einzuordnen sind. Art. 351 Abs. 1 AEUV bezieht sich grundsätzlich lediglich auf solche Übereinkünfte, die vor dem 1. Januar 1958 geschlossen (oder im Falle später beigetretener Mitgliedstaaten vor deren Beitritt) geschlossen worden sind. Anzunehmen ist, dass die BITs von A allerdings regelmäßig erst nach dem besagten Datum geschlossen worden sind. Damit käme lediglich eine analoge Anwendung von Art. 351 Abs. 1 AEUV in Betracht, die für solche Verträge angenommen wird, die in einem Kompetenzbereich geschlossen wurden, für den die Union zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch keine Sachzuständigkeit besaß.[53] Voraussetzung ist zudem, dass die Union nunmehr die Zuständigkeit erhalten hat und die Kompetenzverschiebung bei Vertragsschluss für die Mitgliedstaaten nicht vorhersehbar war.[54] Aus der Entwicklung der gemeinsamen Handelspolitik (GHP) der Union geht hervor, dass spätestens mit der ausdrücklichen Aufnahme des Investitionsschutzes in die GHP mit dem (gescheiterten) Verfassungsvertrag ab 2005 eine Kompetenzverschiebung in diesem Bereich vorhersehbar war. Für BITs, die A seit dieser Zeit mit Drittstaaten geschlossen hat, scheidet eine analoge Anwendung des Art. 351 Abs. 1 AEUV aus (siehe Fall 8, Rn. 544).

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