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1. Abgrenzungen

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Unterschiedliche Bestimmungen enthält das BGB nur zur Abgrenzung des Werklieferungsvertrags (§ 650 n.F.) und des (entgeltlichen) Geschäftsbesorgungsvertrags (§ 675).

Ist eine „Lieferung“ des Unternehmers Gegenstand der Bestellung, handelt es sich um einen Werklieferungsvertrag (§ 650 n.F.), auf den Kaufrecht anzuwenden ist; das ist regelmäßig der Fall, wenn das Bestellte vom Unternehmer aus seinem eigenen oder aus selbstbeschafftem Material gefertigt und daher dem Besteller übereignet werden muss; diese Leistung bleibt dem Werkvertrag allerdings teilweise unterstellt, wenn sie die Anfertigung von Einzelstücken als Speziesschuld betrifft (Sonderanfertigung; nicht vertretbare Sachen, vgl. umgekehrt § 91), vgl. § 650 S. 3: „(…)§§ 642, 643, 645, 648 und 649 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Abnahme der nach den §§ 446 und 447 maßgebliche Zeitpunkt tritt“. Werkvertrag ist daher die Herstellung ohne Lieferung, meist weil das bestellte Arbeitsergebnis aus dem Material des Bestellers erfolgt; überdies sofern der Arbeitswert gar nicht in ein sächlich-gegenständliches Produkt mündet (auch die professionelle Aufführung eines Konzerts ist Werkvertrag).

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Abzugrenzen sind Kauf-, Werk- und Werklieferungsverhältnis. Die Bestellung von Waren ab Lager ist ein reines Umsatzgeschäft, gerichtet auf die Lieferung und Übereignung, und damit Kauf. Gleiches gilt, wenn der Gegenstand zwar nicht vorrätig ist, jedoch nicht eigens für den Besteller (Käufer), sondern ohnehin produziert wird, also keine spezifische Herstellungspflicht bestehen soll (z.B. Exemplar eines Buches der anstehenden Neuauflage, einer Kiste Wein aus der Ernte des folgenden Jahres, des ersten oder nächsten Fohlens einer Stute etc.). Um einen reinen Kaufcharakter handelt es sich auch, wenn Gegenstand des Umsatzgeschäftes neue serienmäßig hergestellte Waren sind, die entsprechend der Kundenspezifizierung lediglich nach Katalog gefertigt werden (z.B. Neuwagenkauf eines Pkw mit optionaler Wahl von Motorisierung, Lackierung, Innenausstattung etc.).

Hingegen ist die Bestellung individuell zu fertigender, also nicht vertretbarer beweglicher Sachen Werklieferungsvertrag mit abgeschwächtem Kaufcharakter, vgl. § 650 S. 3 (so die Herstellung einer kundenspezifischen Maschine, eines Maßanzugs durch einen Schneider oder die Bestellung einer anzumessenden Prothese). Das Interesse des Bestellers geht bei diesen Vertragstypen stets und ganz wesentlich jedenfalls auch auf die Lieferung und Übereignung des Vertragsgegenstands. Allenfalls hat die Mitwirkungshandlung des Bestellers im Rahmen seiner Wahlmöglichkeiten werkvertraglichen Charakter.

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Nur wo Übergabe und Übereignung ganz hinter den eigentlichen Fertigungsvorgang zurücktreten, bleibt Raum für den Werkvertrag. Werkverhältnisse liegen danach vor, wo gar keine neue Sache geschaffen wird (z.B. Reparaturarbeiten und zwar auch dann, wenn dabei in erheblichem Umfang Ersatzteile verbaut werden müssen, jedenfalls solange der Reparaturzweck im Vordergrund steht), ebenso wo der Schwerpunkt des vertraglichen Interesses ganz maßgeblich und nahezu ausschließlich von einer Montageleistung geprägt ist (Maßanfertigung einer Einbauküche durch einen Schreiner im Gegensatz zum Werklieferungs- oder Kaufvertrag über eine Einbauküche, die im Wesentlichen aus der individuellen Kombination von Serienprodukten besteht). Außerdem handelt es sich um Werkverträge, wo aufgrund der sachenrechtlichen Vorschriften der §§ 946 ff. zum gesetzlichen Eigentumserwerb das Eigentum originär beim Besteller entsteht und somit aus diesem Grund das Interesse des Bestellers auf den Herstellungsvorgang beschränkt ist (z.B. beim Bauvertrag mit einem Bauunternehmer über die Errichtung eines individuell geplanten Gebäudes im Hinblick auf §§ 946, 94 Abs. 1 S. 1; hingegen kann der Erwerb einer schlüsselfertigen Eigentumswohnung vom Bauträger nach Kaufrecht zu behandeln sein, selbst wenn der Erwerber auf Grundriss und Ausstattung Einfluss nehmen konnte[160]).

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Dem Werkvertragsrecht unterstellt sind danach alle Erscheinungsformen, die auf Herstellung, Montage etc. gerichtet sind und bei denen der Aspekt der Lieferung, insb. der rechtsgeschäftlichen Eigentumsverschaffung (§§ 929 ff.) wertmäßig (z.B. der Sachwert ist deutlich geringer als der Arbeitswert der Montage) oder aufgrund gesetzlichen Eigentumsübergangs (§§ 946 ff.) zurücktritt.

Eine Abgrenzung des Werkvertrags zur Miete kann notwendig werden, wenn neben der Überlassung eines Transportmittels, einer Anlage etc. weiterhin eine Arbeitsleistung vereinbart wird. Miete liegt vor, wenn die zusätzliche Werkleistung gegenüber der mietweisen Überlassung von untergeordneter Bedeutung ist, diese etwa nur unterstützt (Gestellung von Bedienungspersonal bei Maschinenmiete, Bewachungspflichten etc.). Umgekehrt ist das Element der Werkleistung für den Vertragstyp entscheidend, wenn etwa die Überlassung eines Sitzplatzes beim Theaterbesuch nur untergeordneter Nebeninhalt ist. Beide Elemente können auch als gleichwertig gekoppelt und dann selbstständig zu behandeln sein (Buchung einer Schiffskabine, eines Schlafwagenabteils etc.). Die Bestellung eines Taxis zum Flughafen etc. zielt auf eine Werkleistung, soweit es um die Verbringung an einen bestimmten Ort geht oder die Leistung nach Route abgerechnet wird (anders die – mietweise – Gestellung einer Limousine mit Chauffeur für eine bestimmte Zeitdauer; vgl. die frühere Bezeichnung für Taxis als „Mietdroschke“).

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