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Vorwort

Wer sich bei 35° Grad vor den Fernseher setzt, um sich samstags die Bundesliga-Konferenz anzuschauen, bewegt sich im gesellschaftlichen Mainstream. Wer hingegen – wie einer der Protagonisten in diesem Buch – schon unzählige Male in Homberg und Straelen war, aber erst ein einziges Mal auf Schalke, muss sich manch kritischer Frage nach seinem Geisteszustand erwehren. Genau wie der Bayreuther, der lieber zum Verein um die Ecke als zu den Münchner Bayern geht. Und nur deshalb weiß, dass das wahrscheinlich einzige, ganz sicher aber einzigartige Fanmuseum der Republik weder in München noch in Hamburg steht.

Auch als freier Journalist merkt man schnell, dass man mit Themenangeboten aus den Ligen drei bis fünf in den Redaktionen der Republik vieles ernten kann – nur keinen Auftrag. Und vielleicht haben die Sportchefs sogar Recht: Das Gros der Leser interessiert wahrscheinlich der 323. Artikel über Bayern München oder Werder Bremen mehr als der erste überregionale über den Halleschen FC oder Altona 93. Also verbringt man die Wochenenden in den Irgendwas-Arenen oder Something-Domes der Republik. Man kann zugegebenermaßen auf unangenehmere Art und Weise seine Brötchen verdienen. Doch lustigerweise erzählen viele Kollegen, wenn die Laptops am Samstag zwischen 18 und 19 Uhr runtergefahren sind, sie würden die Bratwurst zum Brötchen auch gerne mal wieder auf einem Stehplatz in die Pflicht nehmen. Mit einem Bier in der anderen Hand. In einem richtigen Stadion. »So wie früher eben«.

In der Tat gibt es ungeheuer viel zu erzählen aus den Stadien, in denen alles eine Nummer kleiner ist. Wie bei Schwarz-Weiß Essen, wo schon eine Handvoll Fans schwere Verwerfungen im Gesamtverein auslösen können. Oder wie bei Altona 93, wo ein Fan die Zuschauerzahl seines Vereins verdoppelte. Und da wäre natürlich der Wahnwitzige, der eine gut dotierte Stelle aufgab, um ehrenamtlich den Vollzeit-Präsidentenjob bei seinem Herzensklub anzunehmen. Und die 85-Jährige, die lieber vier Tage in der Woche mit dem Halleschen FC verbringt als sich auch nur an einem einzigen mit Gleichaltrigen über deren Zipperlein zu unterhalten. Und natürlich gibt es den Vereinsmitarbeiter, der schon als Kind 1.000 Kilometer zum Heimspiel und wieder zurück fuhr und heute geradezu stolz das Alleinstellungsmerkmal seines Vereins präsentiert: »Das hier ist richtig Scheiße!«

So habe ich mich auf die Reise durch die fußballerischen Niederungen der Republik gemacht. Manchen Verein habe ich auch deshalb besucht, weil zu befürchten steht, dass es ihm schon bald so gehen wird wie der Brauerei um die Ecke. Über 100 Jahre nach der Gründung dürften mancherorts bald die Lichter ausgehen – auch weil das Publikum scheinbar nur noch das schätzt, was es täglich im Fernsehen sieht.

Um eines gleich vorweg zu nehmen: Dieses Buch ist keine sozialromantische »Wir da unten, ihr da oben«-Lyrik. Das Gros der Verbandsligaspieler spielt eben in der Verbandsliga, weil es für die Bundesliga nicht gereicht hat. Und einen Dietmar Hopp hätten sie auch in Leipzig oder Darmstadt gerne. In den unteren Ligen agieren nicht die besseren Menschen – nur die weniger erfolgreichen. Aber dort spielen sich auf den Rängen, auf dem Platz und hinter den Kulissen die Geschichten ab, die den Fußball liebenswert machen.

Freiburg, im Frühjahr 2008 Christoph Ruf


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