Читать книгу Kleopatra - Christoph Schäfer - Страница 9

Prolog

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Eine Schlange windet sich über den herrlichen, reich verzierten Marmorboden, verschwindet in einer dunklen Ecke des Raumes, während die Szenerie beherrscht wird von einer in sich zusammengesunkenen Frau, nicht mehr ganz jung, aber immer noch unglaublich attraktiv … Dienerinnen werfen sich weinend vor ihr nieder, eine Königin ist gestorben, Kleopatra, die letzte Herrscherin aus dem Geschlecht der Ptolemäer!

So oder ähnlich sieht heute die erste, durch Roman und Film geprägte spontane Assoziation vieler nach Kleopatra befragter Menschen aus. Ihr immerhin doch recht früher Tod hat sie unsterblich gemacht, ein Phänomen, das wir auch im 20. und 21. Jahrhundert sehr wohl kennen, wie etwa die Beispiele James Dean, Marylin Monroe oder Lady Di zeigen. Eine Aura umgibt solche Menschen, so entstehen unzerstörbare Idole, werden Mythen geboren. Daran ändern selbst die missgünstigen Kommentare vieler Zeitgenossen nichts, im frühen Tod liegt die Chance auf Unsterblichkeit.

In besonderem Maße hat Kleopatra über die Zeiten hinweg die Menschen fasziniert, nicht zuletzt, weil sie auf höchst spektakuläre Weise aus dem Leben geschieden ist und ihr wegen der skandalträchtigen Überlieferung zu ihrer Person die Aufmerksamkeit der Nachwelt sicher war. Als Herrscherin führte sie ein Privatleben, das in fast allen Epochen als außergewöhnlich, oft genug sogar als anrüchig angesehen wurde, gerade dadurch aber ein Faszinosum darstellte. War sie wirklich der männermordende Vamp, als den sie schon die antiken Dichter, erst recht aber die modernen vielfach dargestellt haben?

Was ging in ihrem Kopf vor, als sie sich einundzwanzigjährig heimlich zu Caesar bringen ließ, um von dem mächtigen Konsul die Herrschaft im Reich ihrer Väter zu erlangen? War sie sich bewusst, dass der für seine sexuellen Ausschweifungen bekannte oder besser berüchtigte Mann mehr von ihr verlangen könnte als das Versprechen, ihm als Klientelkönigin treu zu dienen? Oder hatte sie es von vornherein darauf angelegt, ihn unter Einsatz all ihrer Reize ohne Hemmungen zu verführen? Fragen, zu denen die Forschung nur höchst unzureichende Antworten bieten kann, was allerdings neuzeitliche Autoren und selbstverständlich besonders Filmemacher nicht daran gehindert hat, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen und immer wieder schwüle Szenen zu konstruieren, deren erotische Schwere in antiproportionalem Verhältnis zum Informationsgehalt steht, ja in aller Regel mehr über die Tagträume des Autors oder Produzenten als über die Protagonistin aussagt.

Kleopatra war keine „Königin der Herzen“, sie griff im Innern mit harter Hand durch und nahm selbst auf die eigene Familie wenig Rücksicht. Klug und hochgebildet zeigt ihre Persönlichkeit so viele Facetten, dass sich eine Annäherung als alles andere als einfach erweist. Widersprüchlich ist das Bild der antiken Quellen; von ihr selbst ist wenig erhalten, ihre Parteigänger und ihre Freunde – so sie überhaupt welche hatte – sind entweder mit ihr untergegangen oder im Dunkel der Geschichte verschwunden. Doch nicht allein die Umstände ihres Todes lohnen eine intensivere Betrachtung, ihr gesamter Lebensweg führt uns hinein in die Welt des letzten der drei großen hellenistischen Territorialstaaten, die – hervorgegangen aus der Konkursmasse des Alexanderreiches – für antike Verhältnisse hochmoderne Strukturen entwickelt und über lange Zeit enorme Ressourcen erschlossen haben. Kulturell, in Wissenschaft und Kunst,Wirtschaft,Technik und Verwaltung dem aufstrebenden Rom weit überlegen, bekamen sie doch nacheinander dessen Expansionsdrang sowie seine militärische Stärke zu spüren. Einzig Ägypten war durch Unterordnung und Bestechung als mehr oder weniger autonomes Reich noch erhalten geblieben, ohne dass man sich jedoch in Sicherheit wiegen konnte. Schon richteten einige der großen Männer, von denen die Späte Republik geprägt wurde, begehrliche Blicke auf das Land am Nil. Trotz aller innerer Schwierigkeiten erschien es noch immer als höchst interessante Beute, weil es, begünstigt durch die Konzentration der Landwirtschaft auf die Lebensader des Stroms und die Gebiete der Oasenlandschaft des Fayum, so perfekt verwaltet wurde, dass kein anderes Reich am Mittelmeer auch nur annähernd über Ägyptens Wirtschaftskraft verfügte. In diesem Spannungsfeld suchte Kleopatra phasenweise sehr erfolgreich nach Möglichkeiten der Konsolidierung. Zwar ist sie letztlich gescheitert, ihr Tod aber war einer großen Königin wahrhaft würdig.

Kleopatra

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