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d) Abwägungsgebot, § 1 Abs. 7 BauGB aa) Allgemeine Vorgaben

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Dem Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB kommt in Klausuren besondere Bedeutung zu. Arbeiten Sie daher die folgenden Ausführungen sehr aufmerksam durch.

Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die privaten und die öffentlichen Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Aufgrund des Wortlautes unterliegt die Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot das zentrale Gebot rechtsstaatlicher Planung dar.

Dies ist, wie dargestellt (s.o. Rn. 139 ff.), bestimmend sowohl für den planerischen Entscheidungsvorgang, d.h. den Abwägungsvorgang, als auch für die Beurteilung des Ergebnisses, d.h. das Abwägungsergebnis.[161]

Im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB ist eine Abwägung in dreifacher Weise erforderlich:

die öffentlichen Belange unter- und gegeneinander
die privaten Belange unter- und gegeneinander
die öffentlichen und privaten Belange unter- und gegeneinander.

Hinweis

Es besteht kein Vorrang der öffentlichen vor den privaten Belangen.[162] Es existiert der Grundsatz der Gleichgewichtigkeit aller Belange.[163]

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Ein Vorrang der öffentlichen Belange vor den privaten Belangen würde nämlich sowohl den Gewichtungsmaßstab des § 1 Abs. 7 BauGB, wie auch die Planungsleitsätze, die den öffentlichen Belangen nicht von vornherein einen Vorrang vor kollidierenden privaten Belangen einräumen, verkennen. Sollten Belange miteinander kollidieren, so ist zu prüfen, ob sachgerechte, d. h. an den Planungsleitsätzen orientierte und hinreichend gewichtete Gründe es rechtfertigen, den einen Belang hinter den anderen zurücktreten zu lassen. Private Belange ergeben sich aus den Interessen der von der Planung Betroffenen. Derartige Interessen können z.B. aus der Eigentumsfreiheit, Art. 14 Abs. 1 GG, oder aus sonstigen verfassungsrechtlichen Positionen, wie z.B. der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG oder dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 GG folgen.[164] Zu den öffentlichen Belangen zählen die in § 1 Abs. 5, 6 und 1a BauGB genannten Interessen und diejenigen Interessen der Nachbargemeinden, § 2 Abs. 2 BauGB.

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Wegen der Notwendigkeit einer Abwägung müssen bestimmte Belange vorgezogen und andere zurückgestellt werden, denn nicht alle Belange können bei der Abwägung in gleicher Weise vorgezogen werden.[165] Die von der Planung berührten Belange müssen in einer Art und Weise vorgenommen werden, die dem objektiven Gewicht der Belange entspricht.[166] Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind nur dann überschritten, wenn einer der beteiligten Belange in geradezu unvertretbarer Weise zu kurz kommt. Dies ist der Fall, wenn der Belang und dessen Bedeutung in geradezu unvertretbarer Weise verkannt worden ist oder wenn das Verhältnis zwischen dem Belang und dem Planinhalt auch bei Berücksichtigung der planerischen Gestaltungsfreiheit und aller sonstiger Gegebenheiten nicht mehr stimmig ist.[167]

Hinweis

Da in § 1 Abs. 7 BauGB der Ausdruck der Belange und nicht der der privaten Rechten verwendet wird, müssen auch Interessen in die Abwägung eingestellt werden, die kein subjektives Recht darstellen.[168]

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Bei dieser Abwägungsentscheidung wird die Bedeutung der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Planungshoheit und Planungsfreiheit der Gemeinde erkennbar. Die Planung verpflichtet zwar zur Erreichung eines bestimmten Zwecks, jedoch wird dem Rechtsanwender frei gelassen, wie dieser Zweck erreicht wird. Es handelt sich daher um eine final ausgerichtete Planungsentscheidung (s. Rn. 147).[169]

JURIQ-Klausurtipp

An dieser Stelle muss in einer Klausur ein Verweis auf die Ausführungen zur Verfahrensgrundnorm, § 2 Abs. 3 BauGB, erfolgen. Anschließend ist zu prüfen, ob ein materieller Abwägungsfehler in Form der Abwägungsdisproportionalität gegeben ist (zum Ganzen s.o. Rn. 153).

Baurecht Baden-Württemberg

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