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Freiheit oder Gesundheit?

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„Der Mensch, der bereit ist, seine Freiheit aufzugeben, um Sicherheit zu gewinnen, wird beides verlieren“, ist ein berühmter Ausspruch von Benjamin Franklin, einem der Verfasser der Unabhängigkeitserklärung der USA. Das Wort „Sicherheit“ lässt sich wohl ohne weiteres durch „Gesundheit“ ersetzen. Wer absoluten Gesundheitsschutz zur Maxime erhebt, der macht Politik unmöglich laut Heribert Prantl.50 Der „behauptete Vorrang der Gesundheit vor der Freiheit“ wirkt verstörend.51 „Die Leute zwischen Freiheit und Gesundheit wählen zu lassen ist die Wurzel des Problems.“52 Das erste Mal, dass eine Gesetzgebung programmatisch auf die Gesundheit der Bevölkerung abzielte, war das nationalsozialistische Regime im Jahr 1933 mit dem „Gesetz zum Schutz des deutschen Volkes vor Erbkrankheiten“. Daraufhin wurden 400.000 Zwangssterilisierungen durchgeführt.53 Der italienische Philosoph Giorgio Agamben warnt deshalb ausdrücklich: „Wird die Gesundheit zum Gegenstand einer zur Biopolitik gewandelten staatlichen Politik, so fällt sie nicht länger in den Verantwortungsbereich des Einzelnen, sondern wird zur Pflicht, die es um jeden Preis zu erfüllen gilt.“54 Weil die Schutzpflicht des Staates für das menschliche Leben dem Staat weite Handlungsspielräume lässt, „entstand in der Krise anscheinend der Fehlschluss, der große Handlungsspielraum sei mit großen materiellen Freiräumen zur Beeinträchtigung anderer Rechte gleichzusetzen,“ kritisieren deutsche Verfassungsexperten.55 In gleicher Weise äußert Papier, „zur Erfüllung der Schutzpflicht dürfen auf keinen Fall Mittel eingesetzt werden, die die Menschenwürde anderer verletzten.“56 Der Bundesverfassungsgerichtshof entschied, in einem gekaperten Flugzeug befindliche Passagiere dürften nicht zu bloßen Objekten gemacht werden und demzufolge nicht geopfert werden, um eine größere Anzahl von Menschen zu retten. Das menschliche Leben und die Würde seien in jedem Fall zu schützen.57 Denkt man an die Argumentation, die Schutzimpfung rette Leben, so stehen demgegenüber die impfstoffassoziierten Todesfälle. Unter Anwendung des zuvor zitierten Judikats des BVerfG stellt sich die Frage, ob die Menschenwürde das Inkaufnehmen von Impfstofftoten zulässt. „Wenn der Staat sich anschickt, seinen Bürgerinnen und Bürgern jedwedes Lebensrisiko abzunehmen, dann wird er selbst zum Risiko, denn das führt letztlich in einen Überwachungs- und Präventionsstaat.“58 Die Gesundheit ist ein Allgemeininteresse des Staates, aber sie ist kein Grundprinzip. Auf diese Unterscheidung sollten wir Acht geben. Ein Allgemeininteresse darf aber nicht dafür missbraucht werden, die Grundprinzipien abzuschaffen. Als die Parole politisch salonfähig gemacht wurde, jeder Tote sei einer zu viel, entstand die gefährliche Tendenz, dass die Pandemie per definitionem nie abgeschlossen sei,59 solange das Virus nicht vernichtet sei. Und das wird bekanntlich nie der Fall sein. Ob dieser Sichtweise Grenzen zu ziehen sind, dem sind Verfassungsexperten in Deutschland nachgegangen. Eine Rechtsgüterabwägung – die allerdings in der Coronakrise unterlassen wurde – müsste vorgenommen werden60 (vgl hier insbesondere zu den Kollateralschäden). Das Sterben mit Corona-Infektion wurde zum Tabuthema erklärt, dessen Bekämpfung um jeden Preis zu fordern sei. Ähnlich hatte Sebastian Kurz die 100.000 Toten, die uns erwarten würden, längst zum „Mantra seiner Tagespolitik“ gemacht. „Er nutzt sie als Argument, um tiefe Eingriffe in unsere Grundrechte zu rechtfertigen“…( ) Wenn wir uns in Debatten über sein Demokratieverständnis verlieren: 100.000 Tote.61

Deutsche Verfassungsexperten zeigen hingegen auf, dass diese Wertigkeit mit den bisher vertretenen grundrechtsdogmatischen Positionen gar nichts zu tun hat.62 Der Staat ist nicht verpflichtet, zum Schutz des Lebens eine bestimmte Politik zu verfolgen. Das Recht auf Leben ist kein Supergrundrecht, es reiht sich ein in die Reihe der Grundrechte, die der Staat so gut wie möglich zu schützen hat.63 Genauso wenig gibt es ein Supergrundrecht auf Sicherheit, wie schon 2013 der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich äußerte.64 Der behauptete Vorrang der Gesundheit vor der Freiheit ist daher nicht nur verstörend, sondern auch verstellend. Gerade das Grundrecht auf Freiheit wurde im Gegensatz dazu von Menschen wie Voltaire unter Einsatz ihres Lebens erkämpft. Die österreichischen Experten Kropfitsch und Roßmann treffen folgende Aussage: „Selbst bei umfassendem Studium aller potenziellen Quellen wird man aber nach einem Grundrecht auf Gesundheit, obwohl politisch und medial in der Pandemie immer wieder argumentativ bemüht, vergeblich suchen. Die körperliche Unversehrtheit wird jeweils in unterschiedlichem Ausmaß (zumindest mittelbar) durch Art. 2, 3 und 8 EMRK geschützt. Ein Grundrecht auf Gesundheit gibt es tatsächlich nicht.“65

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