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Die Menschenwürde

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Sogar Platon, der in seinem Gesetzeswerk eine strenge Staatsführung befürwortete, sprach hinsichtlich der Staatsführung davon, eine Aufsicht „mit einer Strenge zu führen, die ihre Grenzen nur findet in der Würde des freien Mannes“.5 Also die einzige Grenze, die der Staat kenne sollte, ist die Menschenwürde, die Würde des freien Mannes, der freien Frau. Gerade diese Würde wird von den Regierungen missachtet. Die Massentests, die im Jahr 2021 an der Menschheit in Österreich (Deutschland) durchgeführt wurden, stellen einen Eingriff in die Menschenwürde dar. Testen sei jetzt so normal wie Zähneputzen, verkündete der Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz in Österreich. Den Begriff Menschenwürde kennt er nicht und achtet er nicht. Voltaire rückte den Begriff der Menschenwürde im Vorfeld der Französischen Revolution wieder in den Vordergrund. „Damit begann der Prozess jener Sinneswandlung, die das zu erkämpfen ermöglichte, was späteren Generationen als selbstverständliche Grundlage jeden Rechtsstaates galt.“6 Die Volksvertreter in Frankreich betonten 1791: Voltaire „war der erste, der die Würde des Menschen anerkannte“.7 Das deutsche Grundgesetz schreibt diesen Gedanken an die erste Stelle der Verfassung.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Ebenso ist die Menschenwürde in Art. 2 EUV und der Präambel der Europäischen Grundrechtecharta verankert. Menschenwürde verlangt nach Groth, „die Menschen mit Vernunft zu behandeln.“8 Der Schutz der Menschenwürde ist für Jürgen Papierdie Königin der Verfassungsnormen“, die Basis vieler Grundrechte, und sie herrscht über das Grundgesetz. Weder kann sie in ihrem normativen Wesensgehalt verändert werden noch können andere Grundrechte sie beschränken. Wohlgemerkt nicht die Gesundheit ist die Königin der Verfassungsnormen, sondern die Menschenwürde. Es möge ein Politiker in Deutschland oder Österreich oder der EU derzeit erklären, inwieweit dieser Grundsatz in der Politik, in der Pandemiebekämpfung Berücksichtigung findet. „Die Wahrung der Menschenwürde ist stets oberstes Gebot, auch für den Staat und in gleichem Maß, wenn andere Rechtsgüter bedroht sind.“9 Auch die Notlage, Leben retten zu wollen, würde nach Jürgen Papier nicht die Verletzung der Menschenwürde rechtfertigen.10 Wenn man diese Worte von Jürgen Papier liest, scheint es fast so als bekäme das Lied von Bob Dylan „Blowing in the wind“ eine neue Bedeutung. Sind dies in der Verfassungswirklichkeit alles Worte, die in den Wind geschrieben stehen, und das erste Erdbeben lässt sie einstürzen in bedeutungslose Wortfetzen? Spätestens mit Einführung der 3G-Regel wurde dieses Prinzip der Menschenwürde verlassen, mit der 2G-Regel, die jede Vernunft außer Acht lässt, noch mehr verletzt und letztlich mit Einführung einer sinnwidrigen Impfpflicht ins Absurde verkehrt. Papier spricht vom Rechtsstaatsprinzip der Menschenwürde, das offenkundig in den Juristenköpfen der neuen Generation aus dem Blickfeld geraten ist. Wie dieser zu bedenken gibt, habe eine Umfrage unter 3.000 Erlanger Juristen ergeben, 1/3 sei für die Wiedereinführung der Todesstrafe.11Für diese Generation sind auch die Schrecken des Dritten Reiches mit seiner millionenfachen Entwertung und Vernichtung von Leben bereits weit entrückt, die Anlass waren für die Schöpfer des Grundgesetzes, den Begriff der Menschenwürde in das Zentrum zu rücken. Nach Rassismus, Judenhass, Euthanasie, Eugenik und andere Formen der Diskriminierung hat das Grundgesetz diesen Begriff mehrfach konkretisiert und schreibt nunmehr ganz klar fest, dass jeder Mensch Wert und Achtungsanspruch hat – unabhängig von seinen Eigenschaften, seinen körperlichen oder geistigen Befähigungen, seiner Leistung oder sozialem Status.“12 Wenn es nun Menschen gibt, die Angst vor dem neuen Impfstoff haben, die Gründe dafür mögen verschieden sein, so haben sie nichts desto weniger Anteil an der Menschenwürde, die ihnen die Verfassung verleiht. In Österreich wird man mit Einführung der Impfpflicht diese „Angst“ nicht als Befreiung von der Impfpflicht anerkennen. Vermutlich weil nicht nur jeder Mensch als infektiös gilt, sondern auch als Drückeberger. Das BVerfG hat ausgesprochen, dass zur Unantastbarkeit der Menschenwürde die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung gehört.13 Die Menschenwürde ist absolut und entzieht sich jeder Abwägung.14 Eine gleichlautende Bestimmung fehlt leider in der österreichischen Verfassung. Man findet den Ausdruck dieses Gedankens in der Kodifikation des Privatrechtes in § 16 ABGB. Sie wird unter jusline als eine Zentralnorm der österreichischen Rechtsordnung bezeichnet und als Einflugschneise der Grundrechte. (jusline.at). Diese Bestimmung weist in ihrer Bedeutung also über das Privatrecht hinaus, sie hätte besser in die Verfassung platziert werden müssen. Und selbst diese Bestimmung ist offenbar nur aus zarter Rücksichtnahme auf das Ausland in das ABGB ursprünglich aufgenommen worden.15

„Jeder Mensch hat angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als eine Person zu betrachten. Sklaverei oder Leibeigenschaft und die Ausübung einer sich darauf beziehenden Macht werden in diesen Ländern nicht gestattet.“

Diese angeborenen Rechte waren vom Naturrechtsdenken, dem Vernunftdenken geforderte Menschenrechte. Sie brachten laut Barta schon im 18. Jahrhundert neben Menschenwürde und Freiheit den wichtigsten Gleichheitsgedanken ein, der noch heute für das Privatrecht bestimmend ist.16 Aber dieser Gedanke ist wie dargelegt nicht bloß für das Privatrecht bestimmend, sondern viel mehr noch für das Verfassungsrecht. Weil die Politiker diese Bestimmung nicht zu kennen scheinen, böte es sich an, diese Norm ins Verfassungsrecht zu übernehmen, und zwar gerade so wie in Deutschland an erster Stelle. Diese Forderung stellte bereits der österreichische Verfassungsrechtler Klecatsky, um dadurch eine „Generalklausel für den Grundrechtsschutz“ zu erhalten.17 Unverständlich, dass diese Bestimmung bis heute keinen Verfassungsrang genießt. Die deutsche, die italienische und die spanische Verfassung stellen die unantastbare Würde des Menschen als höchste Aufgabe des Staates heraus.18 In der derzeitigen Politik vermisst man die Besinnung auf diesen Grundsatz zur Gänze, nicht zuletzt auch bei der Europäischen Union.

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