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Das Ende der Opfermentalität
ОглавлениеEines der Hauptziele der Radikalen Vergebung besteht darin, Menschen von ihrer Opfermentalität zu befreien. Die Opfermentalität ist ein äußerst schädliches und entmächtigendes Glaubenssystem. Es handelt sich um die Überzeugung, dass jemand Ihnen „Schaden“ zugefügt hat und folglich voll und ganz verantwortlich ist für das Fehlen von Glück und Zufriedenheit in Ihrem Leben.
Solange wir unser Leben anderen überantworten, verfestigt sich unsere gefühlte Machtlosigkeit zunehmend. Die Dinge, die anfangs als Lektionen für unser Leben vorgeplant worden waren, scheinen sich wie in einem Teufelskreis zu wiederholen und ziehen uns immer tiefer in unsere Opferrolle hinein. Der erste Schritt zur Besserung besteht also darin, sich von dieser Rolle loszusagen.
Abb. 3: Die Achterbahn der Opfermentalität
Die Opfermentalität kann sich sehr leicht in unser Leben einschleichen, wenn wir nicht aufpassen. Wenn Ihnen etwas Schlimmes zustößt, das Sie enttäuscht, ist es allzu verführerisch, die Radikale Vergebung zu vergessen und auf direktem Weg ins Land der Opfer zurückzukehren. Wenn Sie sich das Diagramm anschauen, verstehen Sie das Problem: Einmal dort angekommen, bleiben die meisten Menschen für eine lange Zeit dort. Ohne die Radikale Vergebung können es Jahre sein.
Sollte jedoch einer Ihrer Bekannten, der mit Radikaler Vergebung vertraut ist und Ihre Symptome erkennt, Ihnen empfehlen, ein Arbeitsblatt auszufüllen oder die CD 13 Schritte zur Radikalen Vergebung anzuhören, hören Sie auf ihn. Ihr psychisches Leid gehört dann hoffentlich bald der Vergangenheit an.
Oder Sie verwenden den 4-Schritte-Prozess zur Klärung des Energiefelds, um den Weg zurück aus der Opferrolle zu finden. Sagen Sie sich dazu einfach Folgendes:
1. Schau, was ich kreiert habe.
2. Ich bemerke meine Urteile und Gefühle und liebe mich dennoch.
3. Ich bin bereit, das Vollkommene in dieser Erfahrung zu sehen.
4. Ich entscheide mich für den Frieden.
Diesen 4-Schritte-Prozess können Sie jederzeit anwenden, wenn Sie merken, dass Sie sich über etwas aufregen, dass Sie jemanden verurteilen, sich selbstgerecht fühlen oder das Gefühl haben, Sie rennen mit dem Kopf gegen die Wand. Mit diesem Prozess bringen Sie sich schnell wieder in Einklang mit den Prinzipien der Radikalen Vergebung.
Bevor Sie jedoch die Opfermentalität völlig los lassen können, müssen Sie zuerst eine wichtige metaphysische Auffassung verstehen: Sie sind zu hundert Prozent für alles, was in Ihrem Leben passiert, selbst verantwortlich. Alles „dort draußen“ spiegelt Ihr eigenes Bewusstsein wider. Wir erschaffen uns unsere Realität mit unseren Gedanken, Gefühlen, Überzeugungen und Vorstellungen (siehe den ersten Schritt des 4-Schritte-Prozesses oben).
Dies geschieht durch ein Naturgesetz, das als „Gesetz der Anziehung“ bezeichnet wird. Was immer wir denken und mit unserem ganzen Wesen nähren, wird zur Realität. Dieses Gesetz ist neutral. Es urteilt nicht und bewertet nicht. Es reagiert lediglich auf die Energien, die wir ausstrahlen, und kümmert sich nicht darum, ob das Resultat gut oder bösartig, positiv oder negativ ist. Es schenkt allem, was wir als Gedanken und Emotionen hervorbringen, eine Gestalt. Wir selbst entscheiden, was wir daraus machen.
Einiges wird auf diese Weise von Einzelnen hervorgebracht, anderes von Gruppen. Die ganz großen Themen entstammen dem kollektiven Bewusstsein. Es gibt keine Ausnahmen von dieser Regel, die von Quantenphysikern nachgewiesen wurde. In der Quantenphysik gilt die Auffassung, dass das kreative Element im Universum das Bewusstsein ist.
Der anerkannte Physiker David Bohm geht so weit zu sagen, dass die greifbare Realität des alltäglichen Lebens eine Illusion, eine Art holographisches Bild ist. Hinter der sogenannten „objektiven Realität“ verbirgt sich eine tiefere Realität, die fortlaufend die materielle Realität hervorbringt. Bohm bezeichnet diese beiden Existenzbereiche als „implizite“ (alles enthaltende) und „explizite“ (sich entfaltende) Ordnung. Die implizite Ordnung enthält die Dinge in ihrem Potenzial, die darauf warten, durch Einwirkung des Bewusstseins entfaltet zu werden. Wenn das Bewusstsein dies bewirkt, wird das gebildet, was Bohm die „explizite Ordnung der Realität“ nennt.
Für Bohm ist die materielle Realität das Ergebnis unzähliger Verschiebungen zwischen der impliziten und der expliziten Ordnung der Realität. Es gibt keine Beschränkungen, was aus der impliziten Ordnung explizit werden kann. Alles ist bereits als Energiepotenzial vorhanden und wartet darauf, dass wir es durch unser Bewusstsein hervorbringen und in den Bereich der expliziten Ordnung überführen.
Daher stellt sich die Frage: Wollen wir nun, da wir erwacht sind, unsere Realität mit bewusster Absicht manifestieren, oder geben wir uns damit zufrieden, alles unbewusst entstehen zu lassen, basierend auf unseren gewohnten Gedanken, Gefühlen und Überzeugungen? Unserem Bedürfnis nach Trennung mögen sie gerecht geworden sein, doch diesen Punkt haben wir durch unser Erwachen überschritten. Wir können uns also nun dem bewussten Schaffen unserer Realität zuwenden.
In der Einleitung sprach ich nur vom Weg der Seele und vom Erwachen des Individuums. Ich bin jedoch fest überzeugt, dass die Menschheit als Ganzes im Begriff ist zu erwachen. Wenn dies geschieht, werden wir alle im Rahmen dieses neuen schöpferischen Paradigmas handeln. Radikale Vergebung kann uns in unserem Leben eine Brücke dorthin sein. Dann besteht keine Notwendigkeit mehr für die Auffassung, allein und vom Rest des Universums losgelöst zu sein, da die Einheit all dessen, was existiert, das allem zugrunde liegende Prinzip sein wird.
Es scheint mir, dass wir derzeit durch eine Periode des Umbruchs gehen, die immer einem umfassenden Bewusstseinswandel vorausgeht. Wir blicken zurück auf die Welt, die wir bis in die Gegenwart durch unsere Vorstellungen erschaffen haben, und sehen, dass sie eine Illusion ist. Dies gibt uns die Freiheit, eine neue Welt zu realisieren.
In der neuen Denkweise gibt es keine Opfer und keine Täter. Vielmehr dienen die Menschen einander und geben einander die Gelegenheit, die für unsere Evolution erforderlichen Erfahrungen zu machen. Was wir dabei Schmerzvolles erfahren, ist Teil eines Abkommens, das unsere Seele vor unserer Geburt eingegangen ist.
Dabei handelt es sich um den bereits erwähnten vierten Schritt im Prozess der Radikalen Vergebung: „Die Geschichte neu erzählen“. Neale Donald Walsch hat dies in einer Parabel für Kinder zusammengefasst. Das Buch heißt Ich bin das Licht! – Die kleine Seele spricht mit Gott. Hier ist die Geschichte in stark verkürzter Form: