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1. Kapitel

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Brett Foss kam wieder zu sich. Er wollte sich zur Seite drehen und stellte fest, dass ihn etwas daran hinderte; ein Kraftfeld vermutlich. Seine tastenden Fingerspitzen fühlten kühle Glätte. Er lag rücklings auf einer offensichtlich metallenen Unterlage, deren Kälte durch die Haut bis in seine Knochen kroch. Keine sehr bequeme Lage, in der er sich befand.

Um ihn war Dunkelheit.

»Hallo!«, sagte er. »Ist da jemand?« Seine Stimme klang fremd, unvertraut und hallend, als würde sie von glatten Wänden zurückgeworfen.

Antwort bekam er keine.

Ein merkwürdiger Geruch herrschte vor.

Irgendwie süßlich und gleichzeitig aseptisch.

Es schien ein leerer Raum zu sein, in dem er sich befand.

Erfüllt vom Geruch des Todes...

Ohne sein Zutun bohrte sich die scharfe Erinnerung an einen länger zurückliegenden Besuch in der Pathologie des MILCOM- Hospitals von New Washington in sein Gedächtnis. Im dortigen Leichenschauhaus hatte es genauso gerochen.

... der Geruch des Todes!

Merkwürdigerweise empfand er keine Furcht.

Noch nicht.

Auch keinen Schmerz.

Aber vielleicht war er schon tot?

Nein. Unsinn. Er wusste, dass er Foss war. Brett Foss. Und dass er lebte. Und dass er auch noch eine ganze Weile am Leben bleiben wollte.

Eine Weile versuchte er, sich von den Fesseln zu befreien, bis er die Nutzlosigkeit seines Tuns einsah.

Er lockerte die Muskeln und wartete ab, bis er wieder klar denken konnte, was mühsam genug war. Währenddessen versuchte er, sich zu erinnern. Der letzte klare Augenblick war vor der Tür seines Hotels gewesen. Er war gerade von einem Treffen mit seinem Kontaktmann zurückgekommen, als der Schlag... Nein. Es war kein Schlag gewesen, der ihn außer Gefecht gesetzt hatte, sondern etwas Spitzes. Scharfes. Bissiges. Eine Nadel. Die Wirkung der Droge, die irgendwer ihm mit einer Hochdruckwaffe unter die Haut geschossen hatte, glich einem blendenden Blitz, der seine Synapsen überlud und sein Bewusstsein über die Kante in einen rabenschwarzen Abgrund fegte.

Zwischen dieser Bewusstlosigkeit und dem Erwachen hatte er einen Traum gehabt, über dessen Inhalt er jedoch nur noch sehr unklare Vorstellungen hatte. Irgendjemand stellte immer wieder hartnäckige Fragen, wollte Antworten, die ihm Brett nicht geben konnte.

Oder etwa doch?

Er fror plötzlich.

Mechanisch begann er mit Atemübungen, um seinen Kreislauf zu stabilisieren und von den Nachwirkungen der Droge zu befreien.

Wie spät es wohl war?

Wie lange war er bewusstlos gewesen?

Ob der Kurier schon unterwegs war?

In seiner augenblicklichen Situation musste er wohl oder übel die Beantwortung dieser Fragen vorerst zurückstellen.

Wie lange er so dalag, konnte er nicht sagen.

Vielleicht fünf Minuten.

Vielleicht eine halbe Stunde.

Nichts passierte.

Plötzlich funkelte Licht auf; es blendete ihn sekundenlang. Als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten und der grelle Schein schwächer wurde, hörte er Leute eintreten.

Er blinzelte.

Dann sah er einen Mann, der sympathisch wirkte.

Auf den ersten, flüchtigen Blick.

Schmales Gesicht, in die Stirn frisiertes schwarzes Haar. Schlank und groß. Die Haut über den Backenknochen hatte einen leicht gelblichen Schimmer.

Der Mann trat an Brett heran und betrachtete ihn. Seine Augen waren kalt und ausdruckslos wie Glas.

Brett hatte selten in leblosere Augen gesehen.

»Hat es Sinn, gegen diese Art der Behandlung zu protestieren?«, murrte er, da ihm das Schweigen auf die Nerven ging. In den achtundvierzig Jahren seines Lebens war er schon in vielen scheinbar ausweglosen Situationen gewesen. Zum ersten Mal jedoch hatte er ein äußerst merkwürdiges Gefühl. Es handelte sich um eine Unsicherheit höchsten Grades, die sich bei jedem etwas weniger disziplinierten Mann als Angst ausgewirkt hätte; ihm verursachte sie nur Unbehagen.

»Ich fürchte nein«, sagte der schwarzgekleidete Unbekannte.

»Warum bin ich hier?«, fragte Brett Foss.

»Darüber würde ich mir keine Gedanken machen«, kam die Erwiderung. Der Schwarzgekleidete machte sich unter dem Tisch zu schaffen.

Brett spürte, wie die Fesseln von ihm abfielen.

Im gleichen Moment warf er sich vom Tisch und stürzte zu Boden, rollte sich zur Wand und stand auf.

Spöttisches Lachen aus zwei Kehlen gleichzeitig.

Brett Foss begann zu ahnen, dass er sterben würde, dass sich hier und heute sein Schicksal erfüllte, als er den zweiten Mann zu Gesicht bekam.

Dieser war an der Tür stehen geblieben. Nun schloss er sie nachdrücklich und kam in die Mitte des Raumes. Er war groß, mindestens zwei Meter, und unglaublich massig. Seine Schulterbreite betrug knapp einen Meter. Muskulöse Arme ragten aus einer ärmellosen, hochgeschlossenen schwarzen Weste militärischen Zuschnitts mit aufgesetzten Taschen. Er trug schwarze Hosen, die in Kampfstiefeln endeten. Der Riese hatte ein breites, flaches Gesicht, das auf eine Mischung von slawischem und asiatischem Blut schließen ließ. Und eine Tätowierung über der linken Augenbraue, der Kopf einer zustoßenden Viper.

Ein Söldner!

Ein Hybrid!

Langsam ging er auf Brett Foss zu.

Der schlanke Schwarzhaarige blieb, wo er war. In der Mitte des Raumes. Seine Augen verfolgten teilnahmslos die sich abwickelnden Geschehnisse.

Schweigen. Foss spannte die Muskeln, seine Gedanken liefen auf Hochtouren.

Der Angriff des Riesen kam ohne jede Vorwarnung.

In einer Entfernung von fast zwei Metern setzte er zum Sprung an. Sein Fußtritt kam ansatzlos und war kaum zu sehen, so schnell wurde er ausgeführt.

Trotz Foss' unerhört schnellem Reaktionsvermögen traf ihn beinahe die volle Wucht des frontal ausgeführten Fußtrittes; etwas Schemenhaftes explodierte über seinem Solarplexus. Er schlug einen Salto nach rückwärts. Krachte gegen die Wand, die seine Bewegung stoppte. Mit schmerzenden Lungen fuhr er wieder hoch. Holte keuchend und japsend Luft.

Das Gesicht des Riesen blieb starr und ausdruckslos. Jetzt stand er vor Foss. Die Hände hingen locker herab. Foss versetzte ihm eine gerade Linke, die wie beiläufig mit dem linken Unterarm pariert wurde. Dann zuckte die gekrümmte rechte Hand des Hybriden wie ein Blitz durch die Luft. Foss spürte einen irrsinnigen Schmerz an der linken Kopfseite, der ihm sekundenlang den Blick trübte. Er kämpfte mit einem emporschießenden Brechreiz.

Diese halbe Sekunde der Unachtsamkeit genügte dem Riesen.

Seine rechte Hand peitschte im Halbkreis auf Foss zu.

Der Hieb traf seine Halsschlagader und trennte die Wirbelsäule durch.

Foss war tot, noch ehe er den Boden berührte.

Der Riese beugte sich über ihn und untersuchte ein Auge. Dann nickte er dem Schwarzgekleideten zu.

Mehrere Sekunden lang war außer dem schwachen Summen der Klimaanlage kein anderer Laut in dem aseptisch wirkenden Raum zu hören.

Dann ging der Schwarzgekleidete zur Wand, betätigte die Taste einer Sprechanlage und sagte befehlend: »Schickt jemand zum Aufräumen her. Und lasst ihn nicht gleich vor unserer Haustür liegen. Kapiert? – Was ist mit dem Kurier? Ihr habt ihn nicht? – Wie? Ach so, dann kann ja nichts schiefgehen.«

Er unterbrach den Kontakt und warf noch einen Blick in die Mitte des Raumes. In seinen Augen stand kein Bedauern. Mit einem Schulterzucken ging er hinaus.

*


Es war sieben Uhr morgens, als Julee Camara aus dem knallgelben Hover mit der Aufschrift der Fluggesellschaft stieg. Sie schulterte die Bordtasche. Strahlende Morgensonne und lange kühle Schatten lagen auf der futuristischen Kuppel des modernen Shuttleport.

Prüfend streckte sie ihr wohlgeformtes Näschen in die Morgenbrise. Noch zeigten sich keine Vorboten der kommenden Hitze.

Julee setzte sich in Bewegung. Zielstrebig ging sie über den Weg auf den Nebeneingang des Shuttleport zu. Julee Camara war Flugbegleiterin in einer Mitsubishi-Boeing XII. In einer halben Stunde – wie sie durch einen Blick auf ihre Uhr feststellte – begann ihr Dienst an Bord des schnellen Atmosphären-Shuttle.

Mit schwingenden Hüften ging sie durch den Luftvorhang des Personaleingangs, vorbei an den Auslagen der Shops, blieb kurz stehen und kramte in ihrer Bordtasche nach der Chipkarte. Sie brauchte noch ein paar Journale, Zigaretten und einen neuen Lippenstift.

Dann setzte sie sich wieder in Bewegung.

Der melodische Gong der Start- und Landedurchsagen erklang. Julee schenkte der Automatenstimme kein Gehör. Sie ließ Blumenshop und Souvenirläden rechts liegen, blieb vor dem Verkaufsstand stehen und kaufte sich vier Packungen Zigaretten. Sie zahlte, nickte dem Verkäufer zu und ging tiefer in die Halle hinein. Sie spürte die Blicke des Mannes auf ihrem Körper und änderte unwillkürlich ihren Gang.

Julee Camara war vierundzwanzig. Mit ihrem jungen, sinnlichen Körper und ihrer schwarzen jamaikanischen Schönheit, mit ihren großen grünen Augen und dem aparten Gesicht sprach sie die Sinne fast jeden Mannes an. Etwas, was sie beabsichtigte. Dabei ging sie ganz offen vor. Auch versuchte sie in keinem Fall die Tatsache zu verheimlichen, dass sie nur aus dem Grund Flugbegleiterin geworden war, um interessante und vor allem betuchte Vertreter des männlichen Geschlechts kennenzulernen. Sie war auf der Suche nach einem finanzkräftigen Adam. Dabei machte es ihr auch nichts aus, mit einem interessanten männlichen Wesen zu schlafen, dem sie eine Einladung zum Dinner und einigen Drinks wert war.

Sie ging zurück zur Rolltreppe. An ihrem Fuß sprachen zwei junge Kopiloten ungeniert über ihre Erfahrungen der vergangenen Nacht.

Julee grinste, ließ sich von der Treppe zur nächsten Ebene tragen, wurde gegrüßt und grüßte zurück, schwenkte dann am Ende der Passage nach links und betrat das Büro der Fluggesellschaft.

»Hier«, sagte die Hostess hinter dem mit Computern und Bildgebern überladenen Schreibtisch, »die Passagierliste.«

Julee nahm den Ausdruck mit einem Nicken entgegen und lächelte.

»VIPs?«, erkundigte sie sich interessiert.

»Ein paar.«

Julee nickte wieder, zündete sich eine Zigarette an und studierte die Liste. Sie war relativ mager diesmal. Das Shuttle würde nur zur Hälfte besetzt sein. Egal. So würde es ein ruhiger, erholsamer Flug werden. Hoffentlich.

»Sind die Jungs noch beim Frühstücken?«, fragte sie.

»Nein. Sind schon an Bord. Man wartet nur noch auf Sie.«

»Na dann«, meinte Julee, rollte den Ausdruck zusammen und schulterte die Tasche. »Es wäre unhöflich, sie noch länger warten zu lassen. Bye!«

Der hartgesichtige, muskulöse Wächter neben dem Durchgang, der nur für das Flughafenpersonal und Besatzungsmitglieder war, nickte ihr flüchtig zu und ließ sie die Sperre passieren. Julee konnte den Mann in dem Overall eines Triebwerksingenieurs nicht sehen, der draußen dicht neben der Glastür stand und aufs Startfeld blickte. Als sie durch die Tür kam, drehte er sich unvermittelt um und wollte in die Halle zurück. Er prallte direkt gegen Julee. Sie stieß einen kleinen, erschreckten Schrei aus und klammerte sich instinktiv an seine Schulter.

»Hoppla!«, sagte eine Stimme. Zwei kräftige Hände hielten ihre Arme, und der Mann starrte sie an. Seine Augen waren kalt und glatt wie Bachkiesel. Dann erschien ein Grinsen auf seinem kräftigen Gesicht unter dem Schopf schwarzer Haare. Er genoss sichtlich die intime Berührung, presste ihren warmen Körper noch enger an sich.

»Sachte, sachte, Freundchen!«, bremste sie ihn und lächelte frostig. »Sie verwechseln mich mit sicher Ihrer Clinchpartnerin.«

An und für sich hatte sie nichts dagegen, wenn sie von kräftigen Männern gehalten und gedrückt wurde, doch aus unerfindlichem Grund schauderte sie diesmal vor dem Druck dieser großen, behaarten Hände auf ihren Armen.

»Na,« meinte er grinsend, »wer wird denn so zickig sein...«

»Ich!«, schnappte sie und trat ihm kräftig gegen das Schienbein.

Fluchend ließ er sie los. Wie ein Irrlicht flackerte unverhüllte Wut in seinen Augen auf. Sekundenbruchteilelang sah es so aus, als wollte er sie schlagen, und sie spürte plötzlich Furcht. Im selben Augenblick knurrte die tiefe Stimme des Wachmannes hinter ihr: »Ärger, Miss Camara?«

Sie schüttelte den Kopf und machte ein kläglich-komisches Gesicht. »Es war allein meine Schuld«, bekannte sie.

»Wirklich?« Die Hand des Wächters fiel auf dem Kolben der großkalibrigen Waffe an seinem Gürtel.

Julee warf einen Blick auf den Tech.

Der machte ein versteinertes Gesicht, hatte aber immer noch einen gefährlichen Glanz in den Augen.

»Doch, doch«, sagte sie rasch, um der Situation, die sich sichtbar aufzuschaukeln begann, die Spannung zu nehmen. »Es war wirklich meine Schuld.«

Der Wächter zuckte mit den Schultern und wandte sich ab. Die Sache war für ihn erledigt. Der Triebwerksingenieur verkniff sich ein hämisches Grinsen und machte sich ebenfalls aus dem Staub.

Auf dem Weg zum Shuttle kam Julee von der Frage nicht los, was ein Tech mit einer Kanone unter der Achsel anfing. Sie hatte die Waffe deutlich gespürt, als sie sich an ihm festhalten musste.

Sie war noch immer mit dieser Frage beschäftigt, als sie die Maschine betrat und in die Pantry ging.

»Mädchen«, sagte der Kapitän und zwinkerte ihr zu, »du siehst, wie immer übrigens, fabelhaft aus. Nur die Falten auf deiner Stirn stören ein wenig. Ich hoffe, deine schlechte Laune wurde nicht von meiner Anwesenheit an Bord verursacht?« Er grinste sein verwegenes Jungenlächeln, das vergessen ließ, dass er zweiundfünfzig war. Ein alter Adler, der sich auf allen globalen Runways auskannte.

Julee dachte an den unerfreulichen Zwischenfall am Ausgang und schüttelte den Kopf. »Nein, ausnahmsweise nicht. Aber wenn du mir nicht schleunigst eine Zigarette anbietest, wirst du tatsächlich noch an meiner Laune schuld sein«, konterte sie. »Außerdem habe ich noch nicht gefrühstückt.«

Der Navigator schüttelte den Kopf.

»Igitt. Rauchen vor dem Frühstück?«

»Soll der schlanken Linie dienen, Roul«, belehrte ihn eine andere Stewardess. »Eine Sorge, die für uns noch immer eine berufliche Existenzfrage darstellt.«

»Aha.« Der Navigator grinste und strich sich genusssüchtig über den leichten Bauchansatz oberhalb der Gürtellinie.

Gelächter. Die Crew, bestehend aus acht Leuten, flog seit mehr als einem Jahr miteinander und verstand sich innerhalb bestimmter Grenzen prächtig. Man war aufeinander eingespielt. Man wusste, was zu tun war, um den Passagieren ein Maximum an Service und sich selbst ein Minimum an Schlendrian leisten zu können. Jetzt hockten sie in der großen Pantry zwischen Pilotenkanzel und Passagierraum und warteten darauf, dass die Fluggäste über den Rüssel der selbstfahrenden Gangway an Bord kamen.

Kapitän Jon van der Pool blickte kurz auf seine große Pilotenuhr.

Es war Zeit.

»Okay, Herrschaften«, sagte er und stand auf. »An die Arbeit!«

Julee Camara stellte sich neben das schwere Luk, nahm die Tickets der Fluggäste mit einem strahlenden Lächeln entgegen und hakte deren Namen auf ihrem elektronischen Mininotizbuch ab, das drahtlos mit dem Bordcomputer verbunden war.

Binnen Minuten hatten sie sämtliche Passagiere in der Maschine. Mit einer Ausnahme.

Julee kontrollierte noch einmal, verglich die Namen mit den belegten Plätzen.

Platz 24 blieb leer.

Wer fehlte?

Sie sah erneut auf die Passagierliste. Der Mann hieß Darren DeMile, Flugziel GNY, Greater New York. DeMile, der Name war ihr geläufig. Meist war das Interkont-Shuttle mit wichtigen Leuten besetzt. Daher wusste Julee, um wen es sich handelte. DeMile war irgend so ein hohes Tier in der internationalen Politik.

Die Zeit wurde knapp.

Als Julee die Gangway entlangschaute, sah sie, wie ein Mann, in dem sie DeMile erkannte, das Drehkreuz in aller Hast passierte und die Gangway heraufstürmte, als säße ihm der Teufel im Nacken.

»Sorry«, sagte er leicht außer Atem. »Hätte es fast nicht geschafft!«.

»Willkommen an Bord, Mister DeMile!«, begrüßte sie ihn und streckte die Hand nach seinem Ticket aus. »Jetzt müssen wir aber auch los...«

Planmäßig um acht Uhr wurde der Start für das Interkont-Shuttle Flug Nr. 222 mit Bestimmung Honolulu, Los Angeles und Greater New York freigegeben.

Im Cockpit beobachteten Pilot und Kopilot die Systeme und Anzeigen des Flugcomputers: Kursvektoren, Balkenanzeigen der Triebwerkskontrolle, alles im grünen Bereich. Binnen zehn Minuten hatte die Interkont ihre Reiseflughöhe erreicht und raste mehr als zwölftausend Meter über dem Boden durch die Stratosphäre nach Osten.

Im Passagierdeck erloschen die Leuchtschriften, und die Stimme der Chefstewardess drang aus der Bordsprechanlage.

»Ladys und Gentlemen! Mein Name ist Julee Camara. Ich heiße Sie im Namen von PanWorld Airways an Bord unserer Interkont herzlich willkommen. Es spricht jetzt der Kapitän zu Ihnen.«

Pause. Dann: »Guten Morgen, meine Damen und Herren. Hier spricht Flugkapitän Jon van der Pool. Wir fliegen in einer Höhe von zwölftausendvierhundert Metern mit einer Geschwindigkeit von dreitausend Meilen pro Stunde. Wie uns die Meteorologen versicherten, bleibt das Wetter gut, so dass Sie während des Fluges keine Unannehmlichkeiten zu befürchten haben.«

Was die »Unannehmlichkeiten« anging, täuschte sich der Kapitän allerdings, doch das konnte er zu diesem Zeitpunkt nicht wissen. Richtig hingegen war, dass von den meteorologischen Bedingungen her keine Gefahren drohten. Das Desaster hatte eine andere Ursache.

Im vorderen Laderaum, unterhalb des geräumigen Cockpits und unmittelbar vor dem großen Rumpftank, stand ein kleiner, achtflächiger Container mit der Aufschrift

VORSICHT!

WISSENSCHAFTLICHE PRÄZISIONSINSTRUMENTE.

NICHT WERFEN!

Die Terminologie »Präzisionsinstrumente« stimmte nur bedingt. In Wirklichkeit war es ein für das beginnende 22. Jahrhundert ziemlich primitiver Mechanismus. Jedoch ein äußerst wirkungsvoller.

Präzise eine halbe Stunde nach dem Start hatte sich die Säure durch den kleinen Zylinder gefressen. Ein Metallstift wurde mit zwanzig Atü Druck aus einer Gaskartusche auf einen Sprengzünder beo-russischer Bauart geschlagen.

In 12.400 Metern über dem Stillen Ozean erschien neben der Sonne ein zweiter Glutball am Himmel, blähte sich auf und erlosch wieder. Das, was die Explosion vom Shuttle übriggelassen hatte, fiel in einem wunderschön anzusehenden Funkenregen in die Unendlichkeit der Wasserwüste.

Das war um 08.32 Uhr Ortszeit.

Der Tag: 27. August 2097.

Zwei Stunden später wurde die Nachricht vom spektakulären Ende von PWA-Flug Nummer 222 von die Medien um den gesamten Erdball verbreitet.

Sechs utopische Thriller

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