Читать книгу Du - Cora Brand - Страница 8

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Gemeinsam mit Harris gröle ich: »Yeah baby, I’m crazy, crazy, crazy.« Die Bässe lassen die Innenverkleidung des Fords vibrieren und ich hopse auf dem Sitz hin und her. Auf der Zielgeraden brause ich von Vaihingen nach Büsnau, biege am Ortsausgang rechts ab Richtung Waldhotel ›Relaxa‹ und nach zweihundert Metern links auf den Parkplatz.

Ich steige aus und finde mich inmitten eines Wintertraums wieder. Die Tannen ringsherum tragen stolz ihr Hochzeitskleid aus Schneeflocken, die in der Sonne wie Zirkoniasteine glitzern.

Ich richte meinen Blick gen Himmel. Die Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht und durchfluten mein ganzes Sein. Ich hebe die Arme seitlich von mir wie zwei Propeller und drehe mich um meine eigene Achse, bis mir schwindelt vor Glück. Von Dankbarkeit überwältigt, kriechen Tränen der Rührseligkeit in meine Augen.

Ich atme einmal tief durch und strebe zum Eingang des Hotels. Die Rezeptionistin löst ihren Blick vom Monitor, als ich durch die Drehtüre in die Lobby eintrete, und schenkt mir eines dieser abwartenden Lächeln. Ich brauche einen Moment, um mich zu orientieren, und rausche nach rechts, den mit rotem Teppich ausgelegten Gang entlang, der zur Bar führt. Meine Haare wehen über die Schulter, und das Cape bläht sich auf wie die Flügel einer Fledermaus beim Anflug auf ihr Opfer.

Jeff sitzt an der hufeisenförmigen Bar und unterhält sich mit der Barfrau. Genau betrachtet jedoch ist sie es, die ihn unterhält. Dabei gestikuliert sie ausladend und lacht wie ein Wonneproppen.

Mein Herz beginnt zu trommeln, wobei mir nicht klar ist, was der Auslöser ist: die Aufregung, ihn wiederzusehen, oder Eifersucht.

Als Jeff mich sieht, erhebt er sich und kommt mir entgegen. In seinem nougatfarbenen Hemd, der sandfarbenen Hose und den ebenso sandfarbenen Schuhen sieht er aus, als wolle er auf eine Safari gehen. Sein strahlendes Lächeln verdient nur ein Attribut: atemberaubend.

Er bleibt eine Armlänge vor mir stehen und mustert mich von Kopf bis Fuß. »Wun-der-voll.« Er tritt noch einen Schritt näher.

In mir kehrt völlige Ruhe ein, als hätte ich nach einer langen Reise endlich mein Ziel erreicht.

Er beugt sich zu mir herunter und unsere Blicke verschmelzen. Seine Lippen legen sich auf meine. Es ist nur der Hauch eines Kusses, aber er ist himmlisch.

Ein »Hallo« gleitet über meine Zunge, leicht, feucht und heiß, wie eine Brise an einem Sommerabend, mit der man nicht rechnet – auch er nicht. Seine sherryfarbenen Augen verdunkeln sich, und für die nicht enden wollende Dauer eines Wimpernschlags versinke ich in den Tiefen der Begierde, die darin schimmert.

»Darf ich?« Jeff tritt einen Schritt zur Seite und breitet die Arme aus, um mir das Cape abzunehmen. Ich spüre seinen feuchtwarmen Atem an meinem Ohr. »Hast du an mich gedacht?« Die Frage ist nur gehaucht, und durch meinen Unterleib rauscht eine Woge süßer Erregung.

»Ein bisschen«, lüge ich.

Er faltet das Cape, legt es über seinen Unterarm und wir gehen zur Bar. Wonneproppen beäugt mich wie einen Eindringling. Ich begutachte Jeffs kunstvoll dekoriertes Glas und schnippe mit dem Finger gegen das Lametta, das sich wie silberner Regen im Mahagoniholz der glattpolierten Theke spiegelt.

»Was möchtest du trinken? Eine Piña Colada?«

Die Barfrau wischt einen nicht vorhandenen Fussel von der Theke und blinkt Jeff an, wie ein Sternchen kurz vor dem Verglühen.

»Ein Glas Sekt wäre schön.«

Mit überflüssigen Verrenkungen und bemüht graziös, vor allem beim Hinunterbeugen zum Kühlschrank, erledigt die Barfrau diesen Job, streicht sich mit dem Handrücken über die Stirn und überreicht das Glas nicht etwa mir, sondern Jeff, zusammen mit einem Augenaufschlag par excellence. Blöde Kuh!

Jeff nimmt beide Gläser, führt mich an einen Tisch in der Ecke, etwas abseits der Bar und wir setzen uns.

»Hattest du eine gute Fahrt?«

»Nach Deutschland zu fahren ist immer gut.«

»Tatsächlich?« Mein Blick klebt auf seinen sattroten Lippen, deren Farbe sich von Sekunde zu Sekunde zu vertiefen scheint. Eine delikate Farbmischung aus aubergine und kirschrot, mit dem Hauch eines Goldschimmers, der allerdings nur bei intensiver Betrachtung wahrnehmbar ist. Unwillkürlich lecke ich mir über die Lippen.

»In vier Stunden habe ich es geschafft. Ich bin gerast wie der Teufel, deutsche Autobahnen sind einfach klasse.«

Die Worte gleiten über seine Lippen wie Noten – vollendete Klangkörper. Seine samtweiche Stimme ist pure Harmonie. Gäbe es ein Reich, in dem Stimmen die Macht hätten – wärst du darin König und ich deine Königin. Sprich weiter, Jeff. Sprich. Egal was.

Doch er prostet mir zu und die schillernde Vorstellung zerplatzt. Das Bild fällt in die Kammer der Erinnerungen, dorthin, wo sie einen später quälen können.

»Und was genau sollen wir mit der gesparten Zeit anstellen?« Ich gebe mir Mühe so verführerisch als möglich zu klingen.

Seine Augen verdunkeln sich und die Haut um die Augenwinkel faltet sich zu feinem Plissee. Sein Lächeln spricht Bände und sein Unterkiefer bewegt sich leicht hin und her, als würde darin etwas schmelzen.

Er nimmt mir das Glas aus der Hand, und wir stehen auf.

Ich spüre den brennenden Blick der Bardame in meinem Rücken, als wir an ihr vorbei zum Aufzug gehen.

Kaum sind die Türen zugeglitten, bricht meine Beherrschung wie ein Damm. Lust überflutet mich: Sie strömt von überallher, aus jedem Schlitz, jeder Fuge, dringt durch die Poren in meine Organe. Ich ertrinke in ihr.

Das ›Pling‹ ertönt und die Aufzugtüren öffnen sich. Wir treten hinaus. An den Wänden entlang des Korridors hängen Bilder mit Waldlandschaften; doch in meinen Ohren rauscht der Atlantik. Herrgott, das ist doch nicht das erste Mal! Aber genauso fühlt es sich an.

Er öffnet mit der Keycard die Tür Nummer dreiundsechzig und hält sie mir auf. »Ladies first.« Sein Arm greift an mir vorbei und die tropfenförmigen Lichter des Kronleuchters flammen auf.

Ein aparter Duft umfängt mich, als ich eintrete, der Duft der Sünde.

Auf dem Glastisch steht eine porzellanweiße Vase mit Rosen. Sie spreizen ihre samtroten Blätter schamlos und wirken auf diese Weise obszön und schön zugleich.

Jeff steht hinter mir und lässt mir Zeit, mich umzusehen. Vor dem Sekretär auf einem Stuhl liegt ein aufgeklappter Koffer, aus dem eine blutrote Krawatte wie eine Zunge heraushängt.

»Ich hoffe, es ist dir nicht zu warm.« Er schlendert zum Fenster.

»Nein, alles bestens.« Ich gehe noch ein paar Schritte tiefer in das Zimmer und bleibe neben dem Bett stehen. Die Bezüge sind mit blütenweißen Rosenköpfen bestickt und verströmen einen blumig-frischen Duft. Einen Moment lang überlege ich, ob ich mich daraufsetzen soll, lass es aber doch bleiben.

Jeff zieht die türkisfarbenen Vorhänge zu. Er lässt sich Zeit dabei. Und wie soll das jetzt überhaupt weitergehen? Soll ich mich sofort nackig machen und auf das Bett werfen? Oha! Er kommt auf mich zu, wie ein mächtiger Schatten. Lässt er jetzt seine Hose runter und drückt mich in die Hocke mit dem Befehl ›Lutsch ihn mir, du kleines Flittchen!‹?

Ich starre durch ihn hindurch, doch er hebt mein Kinn an und grillt mich mit seinem Verhörblick. »Darf ich dir etwas anbieten? Wasser oder ein Glas Sekt?«

Meine Wangen werden heiß wie Kochplatten, außerdem ist mir schummerig. Mir war klar, was passieren wird, aber jetzt ist alles so real. Hyperreal.

Auch das Gefühl, Samtpfoten schlingen sich um meinen Hals, ist es. Kein Laut kommt mehr heraus, nicht ein Piep.

Sein Mund senkt sich und ich öffne meine Lippen in Erwartung, geküsst zu werden. Endlich.

Seine Lippen umschließen meinen Mund, warm und weich. Nimm sie, meine kleine Welt … ich öffne sie. Seine Zunge gleitet in meinen Mund wie ein Fühler in einen feuchten Kelch. Soll er sich nur daran laben und süchtig werden nach dem süßen Elixier.

Doch schon löst sich sein Mund von mir, viel zu früh, und hinterlässt ein Vakuum. Ich fühle mich betrogen. Im nächsten Moment hievt er mich auf seine Arme und ein traditionelles, jedoch unangemessenes Bild poppt vor mir auf: ein Bräutigam, der seine Braut über die Schwelle trägt. Es fühlt sich utopisch gut an.

Behutsam lässt er mich auf dem Bett nieder und legt sich neben mich. Wir betrachten einander schweigend; das Herz klopft mir bis zum Hals.

»Geht es dir gut?« Er streicht mir mit seinen kühlen Fingerkuppen über Stirn und Haar; sie gleiten über meinen Hals, meine Schulter, über Arm und Hüfte und ein Stück weiter, bis zum Saum des Kleides. Dort lässt er sie ruhen, und zwischen meinen Oberschenkeln beginnt es zu prickeln.

Er lächelt spitzbübisch, als er die Hand unter den Saum schiebt und an der Innenseite des Schenkels nach oben gleitet. An der Spitze meiner Strümpfe hält er inne und seine Augen werden riesengroß. »Oh mein Gott. Du trägst Strümpfe!«

»Ist das schlimm?«

»Himmel. Das ist fantastisch! Und ich will alles sehen. Sofort.«

Ich setze mich auf, strecke beide Arme in die Höhe, und er pellt mir das Kleid vom Leib. Durch den feinen Wollstoff sehe ich, wie er seinen Kopf schieflegt. Nachdem er es beiseitegelegt hat, verflüchtigt sich sein Lächeln, als hätte er einen verhängnisvollen Fehler begangen und bedauere nun, was er sieht.

Ich äuge nach dem Bettzipfel, will danach greifen, um meine Nacktheit zu bedecken, aber er hält mein Handgelenk fest. »Du bist so un-glaub-lich sexy.«

Meine Brustwarzen werden augenblicklich hart wie Kirschkerne.

Er greift hinter meinen Rücken und öffnet die Häkchen des BHs mit nur einer Hand und streift mit dem Zeigefinger zuerst den rechten, dann den linken Träger von der Schulter. Diese Bewegung hat etwas vollkommen Beiläufiges an sich. Er wischt das sündhaft teure Teil zur Seite und ich lasse mich auf den Rücken sinken. Seine kühlen Finger streichen über meine Oberschenkel – forschend, als seien sie auf Expedition in unberührtem Gelände. Sie hinterlassen eine heiße Spur der Erregung.

Er schiebt den Daumen unter den schmalen Gummibund meines Slips und streift ihn in aller Langsamkeit über Hüfte und Beine. Ich genieße es und er offensichtlich auch. Er betrachtet den Slip wie eine Trophäe und lässt ihn ein paar Mal wie einen Propeller um seinen Zeigefinger rotieren, bevor er ihn auf den Boden sinken lässt. Ich presse meine Lippen zusammen, denn seine Hände schließen sich um meine Fesseln und streichen zart nach oben, bis zur Spitze der Strümpfe. Er fasst sie zwischen Daumen und Zeigefinger und rollt den rechten und anschließend den linken Strumpf von den Beinen. Es knistert, als würden Funken sprühen.

Nun liege ich nackt vor ihm und komme mir wie ein erlegtes Großwild vor. Immerhin sitzt er in seiner safariähnlichen Kluft vor mir. Ich kämpfe meine Verlegenheit nieder, stemme mich auf beide Unterarme und sage: »Mister Runner, Sie haben eindeutig zu viel an und ich fürchte, das muss geändert werden.«

Er scheint überrascht.

Ich lege meine rechte Hand auf seine Brust und streiche über den glatten Stoff des Hemdes, das sich wie eine zweite Haut an ihn schmiegt. Mit Daumen und Zeigefinger der Linken versuche ich, den zweiten Hemdsknopf durch das Knopfloch zu bugsieren, bis er schließlich seine Hand um meine faltet. »Ich mach das.« Er knöpft es sich auf, streift es sich über die Schulter und wirft es von sich, als täte er das heute zum zehnten Mal. Es fliegt auf die Nachttischlampe und gleitet auf den Boden, wie ein Fallschirm bei der Landung.

Der Anblick ist zum Schreien schön. Das blütenweiße Unterhemd bildet einen betörenden Kontrast zu seiner braunen Haut und die Brustmuskeln treten wie dunkle Dünen hervor.

Die Vorstellung, ich könnte die erste Weiße sein, die ihn berührt, ist durch nichts zu toppen. Mich überkommt ein übermenschliches Bedürfnis, ihn zu drücken und ihn mit Küssen zu überhäufen.

Nachdem er sich auch das Unterhemd abgestreift hat und ich seinen nackten Oberkörper sehe, füllt sich mein Mund mit bitterem Speichel.

Zwei Narben ziehen sich wie Stricke vom Schlüsselbein über die Brust und bilden zusammen ein ›V‹. Eine davon verläuft direkt über seine linke Brustwarze.

Er beobachtet meine Reaktion.

Doch ich stelle keine Fragen – nicht jetzt und nicht hier, denn ich ahne eine düstere Geschichte.

Jeff lächelt wie der Sonnenschein auf einer Südseeinsel und schließt die Augen.

Meine Hände gleiten über seine Schultern zum Rücken. Auch hier ertaste ich kreuz und quer wulstige Erhebungen und mein Magen ballt sich wie eine Faust zusammen.

»Mhmm, das ist schön …«, murmelt er und vergräbt seine Nase in der Kuhle meines Schlüsselbeins. »Und du riechst gut.« Er schnuppert an meinem Hals, als hätte er eine Fährte aufgenommen. »Heißt dein Parfüm LSD?«

»Ja.« Und du wirst hoffentlich süchtig danach werden.

Er lutscht an meinem Ohrläppchen, was sich himmlisch und teuflisch sinnlich zugleich anfühlt. Unsere Lippen finden sich und während wir uns küssen, lässt er sich auf den Rücken sinken.

Nun liegt er ausgeliefert vor mir und ich mustere ihn in aller Ruhe, was ihn überhaupt nicht zu stören scheint. Im Gegenteil: Er grinst mich amüsiert an.

Ich öffne seine Hose. »Die hast du die längste Zeit angehabt«, flüstere ich, streife sie über die Beine und schiebe sie mit dem Fuß über die Bettkante.

»Zufrieden?«, fragt er.

Ich richte meinen Blick auf die monströse Beule in der Boxershorts. Aus dem Gummibund lugt die Eichel hervor. Hallo du.

Sie ist schnell ausgezogen, fliegt in hohem Bogen durch die Luft und landet neben seinem Hemd. Meine Augen weiten sich, als ich sehe, was ich enthüllt habe: Eine Prophezeiung. Die Prophezeiung, ausgefüllt zu werden wie noch nie zuvor.

Jeff zieht sich ein Kissen unter den Kopf und grinst noch eine Spur breiter.

Sicher. Er will sich vergewissern, dass ich nicht geschockt bin.

Nein. Ich werde ganz sicher nicht das Bett schreiend verlassen. Ja. Ich werde damit klarkommen.

Nein. Du wirst mich nicht damit spalten.

Aber ja. Genauso wird es sich anfühlen.

Ich lege beide Hände auf seine Knie und streiche an den Oberschenkeln entlang. Die Haut ist geschmeidig, fest die Muskulatur darunter. Ich gleite an der Innenseite wieder zum Knie und wiederhole diese Bewegungen, schließlich lasse ich die Fingerspitzen an den Hoden ruhen. Ich beginne sie zu liebkosen, rundherum und gründlich, sie fühlen sich wie zwei reife Kiwis an, leicht rau und fest.

Jeff brummt vor Wohlbehagen. Meine Finger gleiten zur Peniswurzel und falten sich darum. Er ist prall und steif und ich gleite auf und ab. Auf und ab. Blutwarme Lust in meiner Hand. Grandios.

Jeff stöhnt und sinkt ein Stück tiefer in die Matratze. Sein Verlangen pflanzt sich in mir fort, wie eine Passionsblume, und meine Hand bewegt sich auf und ab. Auf und ab.

»Ooohm Sofia, das ist so gut, so gut …«

Es kostet mich schiere Willenskraft, den stoischen Rhythmus beizubehalten und dem unbändigen Drang zu widerstehen, daran zu saugen und zu lecken, bis nichts mehr davon übrig ist. Aber ich reiße mich zusammen, möchte die Vorfreude auskosten und alles noch ein wenig hinauszögern. Er keucht. »Das ist so gut. Nicht aufhören.«

Ganz sicher nicht. Ich melke ihn voller Inbrunst und beuge mich hinunter, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, tupfe kleine, feuchte Küsse um seinen Nabel und verteile sie über seinen Bauch bis zu seinen Brustwarzen. Ich lecke an der rechten, dann an der linken. Sie sind hart wie Kirschkerne. Er stöhnt leise auf, windet sich und bewegt fordernd sein Becken.

Du willst mehr, nicht wahr? Ich will dir mehr geben, mehr, als du dir erträumst. Am liebsten würde ich mich auf ihn setzen und ihn reiten wie eine Wilde. Ich zupfe mit den Lippen an seinen Brustwarzen, puste darüber und übersäe ihn auch dort mit unzähligen Küssen.

Er stöhnt und windet sich. »Jaaa …«

»Oh, Chérie«, flüstere ich zwischen den Küssen und bewege mich wieder nach unten, als würde ich einer heißen Spur folgen. Eine, die mich zum Ziel führt.

Sein Schwanz reckt sich vor meinen Augen, Herausforderung und Aufforderung zugleich. Die Ader schlängelt sich an seinem Penis entlang und ich fühle den pulsierenden, ungeduldigen Rhythmus darin. Ein Lusttropfen hat sich auf seiner Eichel gebildet. Doch es ist so viel mehr als das. Glänzend und jungfräulich, wie ein Traum, ein Tropfen geboren aus dem Meer der Träume. Und er gehört mir. Mir allein.

Mein Mund wird wässrig. Ich lecke über die seidenglatte, glänzende Eichel, koste deren Süße und sperre meinen Mund auf, um meine Lippen darüber zu stülpen. Zentimeter für Zentimeter gleite ich den Schaft hinab, bis zur Wurzel. Er heult auf wie ein Wolf. Mein Mund ist geschaffen für dich, Chérie.

Ich bin geschaffen für dich.

Genüsslich gleite ich wieder nach oben und kreise mit der Zungenspitze um seine dunkelrosa Eichel, was ihm ein langes Stöhnen entlockt. »Oh, Baby, du machst das so gut.«

Meine Zunge schlängelt sich am Schaft entlang wie eine Tänzerin beim Tabledance – es ist ein ekstatischer Tanz.

Jeff schnauft.

Ich halte inne und lecke seine Hoden. Er bewegt sein Becken fordernd vor und zurück, bis ich mich erbarme, meinen Kopf senke und seine Männlichkeit mit den Lippen umschließe.

Es ist köstlich, an seinem Schwanz zu saugen, aber bevor ich ihm gebe, wonach sein Körper so verzweifelt verlangt, koste ich sein Verlangen und seine Ungeduld noch ein wenig aus.

Es dauert nicht lange, bis er sich versteift. Jeff legt beide Hände seitlich an meinen Kopf und fixiert ihn auf diese Weise. Ich schaue auf. Seine Augen sind geschlossen und aus seinem zu einem ›O‹ geformten Mund entweicht ein langgedehntes »Pffuuuh … langsam.« Umständlich richtet er sich auf und drückt mich sanft in Rückenlage. Ich atme einmal tief durch.

Er übersät mein Gesicht mit Küssen und flüstert mir immer wieder Dinge zu, die ich nicht verstehe, aber diese rauchige Stimme in meinem Ohr löst eine Welle aus, die mich bis zum kleinen Zeh heiß durchspült. Seine Zungenspitze gleitet über meinen Körper. Sie scheint mir riesig und allmächtig. Als seine Nasenspitze meine Klitoris berührt, zucke ich zusammen.

»Schön hierbleiben.« Er streicht mit den Fingerspitzen über die geschwollenen Schamlippen, teilt sie wie eine pralle Frucht und windet seine Finger hinein. Flammenfinger, denke ich.

Jeff pustet auf die Schamlippen, als wolle er das Feuer noch schüren. Es ist unerträglich heiß. Er streicht in meinem feuchten Loch hin und her, hin und her. Ich will meine Muskeln um ihn schlingen. »Nimm mich, Jeff.« Heiß strömen die Worte aus meinem Mund, und Jeff grätscht meine Beine noch weiter auseinander. Ich öffne meine Augen und blicke in seine. Sie glühen wie zwei dunkle Diamanten, und die Zeit steht still. Er dringt mit einem einzigen Stoß ein.

Ich schnappe nach Luft und suche Halt an seinem Bizeps, doch meine Finger rutschen ab. Ich halte meine Augen geschlossen, es wäre verhängnisvoll, ihn jetzt anzuschauen.

Er verharrt exakt in der Position und fixiert meinen Kopf, wie in einem Schraubstock. »Schau mir in die Augen.«

Wenn ich ihn jetzt ansehe, werde ich diese Augen nie vergessen können, sollte es einmal nötig sein, doch der Moment ist so süß und kostbar, und ich bin so schwach.

Ich öffne sie und unsere Blicke verschmelzen.

Er beginnt sich zu bewegen, gleitet ein und aus, nur mit der Eichel, neckisches Spiel und süße Folter zugleich.

Er dehnt mich, dehnt meine Enge, dehnt meine Welt.

Im nächsten Moment erschüttern mich seine Stöße und zwischen meinen Pobacken wird es nass und warm.

»Oh, Baby, das ist wahnsinnig, du spritzt.« Jeff stößt noch draller.

Schmerz und Lust ballen sich zusammen und rüsten sich zum großen Knall in meinem Unterleib, diesem gigantischen Kraftwerk, in dem alles zum Leben erweckt wird, auch das Leben selbst.

Doch es ist der eine Tropfen, der die Explosion auslöst: Sein Schweißtropfen. Er fällt von seiner Stirn auf meine Wange.

Der Punkt explodiert.

Wie aus weiter Ferne höre ich ihn rufen: »Du bist so heiß, oh, Sofia, oooh … oooh … OOOH … OOOH …«, und ich öffne die Augen.

Jeffs Gesicht ist verzerrt, seine Halsschlagader hervorgequollen, wie ein Schlauch, der gleich birst.

Mein Körper ist noch in Aufruhr mit sich selbst, aber ich will mich an diesen Moment erinnern, wenn ich wieder allein bin, und versuche, mir jedes Detail einzuprägen.

Er ringt nach Atem, öffnet seine Augen und blickt mich an, als sei er high. Seine Arme beginnen zu zittern und er lässt sich neben mich fallen. »Oh, my dear.«

»Oh, my dear«, wiederhole ich, rolle mich auf die Seite und bette meinen Kopf auf seine Brust.

Es dauert nicht lange, und ich schwebe wie auf einer Wolke in einem glückseligen Zustand zwischen Traum und Wirklichkeit. Doch ein schlimmer Gedanke streift an mir vorbei: Der Gedanke, nie wieder einen anderen Körper lieben zu können.


»Sofia.« Die Stimme dringt wie die Melodie aus einem anderen Reich an mein Ohr. Ich öffne die Augen und blicke in sein Gesicht. Mir wird warm ums Herz. Es muss einige Zeit vergangen sein, denn mein Magen brummt vor Hunger.

Jeff streckt seine Hand nach dem Telefon auf dem Nachtschränkchen. »Ich habe Hunger. Was ist mit dir? Hast du irgendwelche Präferenzen beim Essen?«

»Nee, ich ess alles, außer Schnecken.« Ich reibe mir die Augen und hopse aus dem Bett.

Geduscht und in flauschige Frotteebademäntel eingepackt, sitzen wir im Schneidersitz auf dem Bett, zwischen uns eine Platte mit Vorspeisen für zwei Personen.

Jeff greift nach einer Physalis, entfernt die blättrige Schale, halbiert sie und reicht mir eine Hälfte. »Triffst du dich eigentlich noch mit jemand anderem, Sofia?«

»Nein«, antworte ich und schiebe mir das kleine Ding in den Mund.

»Der Typ, mit dem du auf der Messe warst, wer ist das?«

»Woher weißt du, dass ich mit einem Mann auf der Messe war?«

»Ich wusste es nicht.«

Ich schubse ihn am Oberarm. »Das ist Hardy, ein alter Freund. Wir golfen hin und wieder zusammen. Aber es ist nicht so, wie du vielleicht denkst.«

»So? Was denke ich denn?«

»Du weißt schon. Diesen Witz, haben sie noch Sex oder golfen sie schon?«

»Demnach wärst du eine lausige Golferin.«

»Tatsächlich muss ich daran arbeiten. Ich hab immer noch Handicap sechsunddreißig.«

»Ich dachte, golfen wäre was für Leute ab sechzig.«

»Nein, golfen ist etwas Wundervolles und ist viel sicherer als Polo zu spielen.«

Er hebt die Augenbrauen.

»Das war eine Familientradition. Aber ich hatte Angst vor Pferden. Ich war so klein und sie so riesig und unheimlich. Am Ende haben sie mich abgeworfen.«

»Hast du dich verletzt?«

»Nur ein kleiner Dachschaden, nichts weiter.« Ich schnappe mir eine Babybanane und halte sie ihm vor die Brust wie eine Pistole. »Okay, Jeff. Und wie kommt es, dass ein Mann wie du frei herumläuft?«

Er starrt mich aus seinen mandelförmigen Augen an, als hätte er einen Peitschenhieb erhalten und von amüsiert ist er weiter entfernt als seine Heimat. Das gibt einen superfetten Minuspunkt, Sofia. Es könnte sogar das Aus bedeuten.

»Ich geh nicht gleich mit jeder Frau ins Bett.« Sein Blick ist so unschuldig wie der eines Lammes.

Noch während ich darüber grüble, wie ich den Minuspunkt wieder wettmachen kann, beobachte ich eine gravierende Veränderung in seinem Gesicht: Seine Unschuldslamm-Miene mutiert zu der eines schuldigen Bockes.

Das Lachen sitzt mir in der Kehle und ich schnappe mir rasch eine Serviette, denn mein Lachanfall wird auf der Heftigkeitsskala zehn rangieren, Beherrschung bereits einkalkuliert.

»So, du dachtest also, ich bin so einer?«

Wir schauen uns an, und als hätte jemand den Startschuss dazu gegeben, brechen wir in Lachen aus. Das Tablett schwankt auf der Matratze wie ein Schiff auf stürmischer See. Die gerollten Schinkenstreifen kullern mit Höchstgeschwindigkeit von Luv nach Lee, doch die blauen Trauben sind schneller und überholen sie.

Jeff reißt mir die Banane aus der Hand und hält sie mir wie eine Waffe vor die Brust. »Morgen früh werde ich dir meinen Wecker zeigen.« Er folgt meinem Blick, der zwischen der Banane und seinem Schritt auf- und abgleitet. Schließlich schält er sie und hebt sie mir vor den Mund.

Du wirst die kleine Show bekommen, denke ich und öffne meinen Mund. Während ich an der Banane lutsche und sauge, zieht er mir den Bademantel von den Schultern und wir lieben uns ein zweites Mal.

Mit einem Lächeln auf den Lippen schlafe ich ein und wünsche mir, die Nacht würde nie enden. Auf der anderen Seite kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als den Tag mit ihm zu beginnen.


Der neue Tag beginnt, jedoch ohne ihn. Die Seite zu meiner Linken ist leer. Wie war das mit dem Wecker-Zeigen? Ein Blick auf den Koffer verrät mir, dass er nicht die Flucht ergriffen hat. Ich tapse zum Bad und schiebe die Tür auf.

»Komm rein, ich bin hier gleich fertig.« Er steht vor dem Waschbecken mit einem um die Hüfte geschlungenen Badetuch; sein Gesicht gleicht einer Schaumlandschaft. Mit der einen Hand spannt er die Haut an seinem Jochbein, mit der anderen setzt er das Rasiermesser an.

Scheiße, sieht das sexy aus. Er pflügt die zweite Bahn exakt neben der ersten und hinterlässt einen dunklen Streifen auf seiner Wange.

Wie die Taylor in dem Film ›Die Katze auf dem heißen Blechdach‹ lehne ich mich an den Türrahmen. Doch eingewickelt in der hoteleigenen Decke, mit grau-weißen Karos, geht einiges an Erotik verloren.

Jeff legt das Rasiermesser auf den Waschtisch neben den Pinsel. Er kommt auf mich zu und ich muss unwillkürlich an einen Panther denken, der sich elegant und geräuschlos an seine Beute schleicht. Er bleibt vor mir stehen und küsst mich auf die Wange. Am liebsten würde ich aufschreien.

»Gut geschlafen?«

»Ganz gut.« Welch eine Lüge. »Und du?«

»Passabel.« Er wischt mir den Rasierschaum von der Nasenspitze, kehrt zum Spiegel zurück und zieht die letzten Bahnen mit dem Rasiermesser.

Warum zum Geier steht er um sechs Uhr auf und rasiert sich? Hat er Angst, dass es beim Küssen stachelt?

»Ich hätte dich gerne auf ganz andere Art geweckt, glaub mir.« Er greift nach einem ballonähnlichen Glasflakon auf der Ablage und gibt ein paar Spritzer in die zu einer Muschel geformten Hand. Es verbreitet einen teuflisch guten Duft. »Aber ich muss um exakt neun Uhr am Flughafen sein.«

»Flughafen? Wieso?« Will er sich jetzt schnellstmöglich aus dem Staub machen?

»Ich muss nach Washington D.C., für jemanden einspringen. Die Nachricht kam heute Nacht.«

»Und dein Auto?«

»Wird abgeholt.«

»Ich habe gar nichts gehört heute Nacht.«

»Es hat nur vibriert, Baby. Du warst im Tiefschlaf.« Er lächelt schief. »Du schnarchst übrigens. Find ich süß.«

»Nein, das war bestimmt die Vibration, das musst du verwechselt haben. Du wirst vom Vibrieren wach?«

»Ein Soldat hat auch beim Schlafen immer ein Ohr offen.«

Scheiße. Scheiße! »Dann geh ich mich mal duschen.« Ich bemühe mich, nicht enttäuscht zu klingen. Als ich an ihm vorbeihuschen will, schnappt er mich am Handgelenk und ich trete auf den Zipfel meiner Decke und ›Wuuusch‹, stehe splitternackt vor ihm. Er schaut mir in die Augen – ausschließlich in die Augen. »Tut mir leid, Sofia. Ich werd’s wiedergutmachen.«

Warum nur sieht er so ungemein sexy aus mit diesem hilflos-melancholischen Blick? »Pflicht ist Pflicht.« Das Lächeln, das sich über mein Gesicht spannt, ist nicht gänzlich gespielt. Ich trete in die Dusche, drehe den Wasserhahn auf und strecke meinen Kopf wieder heraus. »Einfach so? Die rufen dich mitten in der Nacht an und erteilen dir Befehle?«

»Genauso läuft das.«

»Sollen die doch jemand anderen schicken.«

»Geht nicht. Die brauchen jemanden, der mit der Materie vertraut ist und den gleichen Rang hat.«

»Was hast du für einen Rang? Ich kenne General, Präsident und Soldat.«

Er lacht. »Lieutenant Colonel; zwei Ränge unter einem General. Wenn du es schaffst, in dreißig Minuten fertig zu sein, können wir noch gemeinsam frühstücken.« Jeff wirft das Handtuch in das Waschbecken, und beim Anblick seines dunklen, nackten Körpers, der vor den cremefarbenen Marmorplatten wie gemeißelt erscheint, läuft mir ein Schauer der anderen Art über den Körper.

»Sag doch einfach, du bist krank!«, rufe ich ihm hinterher.

Sein Lachen hallt von den Wänden wider.

Auf dem Nachhauseweg betrachte ich den Kondensstreifen im pastellblauen Himmel und rede mir ein, dass Entfernungen keine Rolle spielen. Morgen wird er in Washington sein. Wenn ich kein Problem mit dem Fliegen hätte, dann – stop!

Sommerbrisen müssen leise und leicht sein.

Vielleicht war das auch nur eine einmalige Sache. Zumindest sollte ich es in Betracht ziehen.


Das halbfertige Männchen für Amonia habe ich zwar in die Mühle geschafft, aber anstatt daran weiter zu arbeiten, verdinge ich mich an einer abstrakten Skulptur. Zwei Fingerbreit des fünfzehnjährigen Springbanks, ein Single Malt, unterstützen mich dabei. Er zergeht wie cremige dunkle Schokolade auf der Zunge und streichelt meine Kehle mit einer Note von Eiche und Sherry.

Meine Hände gleiten an dem kompakten Strang auf und ab und zwischen meinen Fingern quillt Tonbrei heraus, zwischen meinen Beinen wird es feucht.

Verflixt. Ich vermisse ihn. Die Telefonate, die wir gelegentlich führen, wühlen mich jedes Mal auf. Aber was sind schon ein paar Wochen? Klar, verstehe ich, er wohnt in einem Hotel und muss noch vieles klären wegen des neuen Hauses. Klar, verstehe ich, sie schicken ihn ständig nach Großbritannien – wirklich? Klar, er hat kaum einen freien Tag. Wieder nehme ich einen Schluck und plötzlich ist es taghell in der Werkstatt.

»Hey, du bist ja immer noch da!« Charlotte blinzelt und schirmt ihre Augen ab, als würde sie nach etwas Ausschau halten, schließlich knipst sie das Licht wieder aus. Mit verschränkten Armen und unechtem Lächeln schlendert sie auf mich zu.

»Was ist los?« Ich mustere sie eingehend. Ihr Nicki-Hausanzug schimmert im Dämmerlicht wie die Haut einer Aubergine. »Warum kommst du im Schlafanzug?«

Ihre Gesichtszüge fallen ungehemmt nach unten. »Stress mit Matt.«

»Arg?«

»Hast du einen Tee gekocht?« Sie schlurft in die Küche.

Ich wische mir die Hände an meinem Holzfällerhemd ab, drücke mich aus meinem Hocker und folge ihr.

»Du weißt ja, wie das bei uns ist. Wir gehen uns erst mal aus dem Weg. Morgen, Punkt zwanzig Uhr, schenke ich ihm diesen schweineteuren Jahrgangs-Cognac ein, Lafontan … oder so ähnlich, ich kann mir das nur merken, weil es mich immer an den Politiker erinnert. Ich selbst trinke einen Honiglikör, und wenn die Kirchturmuhr neunmal geschlagen hat, gibt es Versöhnungssex.«

»Ist doch toll, wenn man so eingespielt ist.«

»Nach vierundzwanzig Jahren Ehe ist man bestens eingespielt, glaube mir.«

»Find ich gut.« Ich nehme zwei Tassen aus dem Büfett und schenke Tee ein. Sehnsüchtig schaue ich zu dem Kristalltumbler hinüber, in dem mein Whisky bronzefarben schimmert.

»Matt ist ungewöhnlich aufmerksam in letzter Zeit«, sagt Charlotte, »ein Indiz für schlechtes Gewissen.«

Ich reiche ihr die Tasse. »›Abendglück‹, genau das, was du jetzt brauchst.«

»Manchmal verstehe ich, warum es dich vor der Ehe graut.«

»Ich bin nicht geschaffen für die Ehe, du schon.«

»Doch bist du, nur nicht der Typ Mann, der dich anzieht.«

»Magst du ein paar Kekse?« Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, um die Dose mit den Cantuccini zu erreichen.

»Was, glaubst du macht er, wenn ihr euch wochenlang nicht seht, hm?«

Huch, was ist denn jetzt los? Gerade waren wir noch bei Versöhnungssex. Ihre Laune rangiert bei minus drei auf einer Skala von null bis zehn. Besser ich höre nicht hin.

»Und warum stellst du die Dose immer hoch auf das Brett? Lass sie doch unten«, meckert Charlotte weiter.

»Dann wäre sie garantiert in fünf Minuten leer und ich will nicht fett werden.«

Charlottes Teint nähert sich der Tönung ihres Hausanzugs. Mit erhobenem Zeigefinger macht sie einen Schritt auf mich zu. »Du solltest einen Riegel davorschieben. Am besten sofort.«

»Ich will jetzt aber Kekse essen!«

»Ich rede doch von diesem Neuen, kruzifux!« Sie verdreht die Augen.

»Jeff ist kein ›Neuer‹. Und einen Riegel werde ich schieben, aber bestimmt nicht davor, sondern hinein. Dafür werde ich sogar zu ihm fahren. Was sagst du dazu

»Waaas? Bei Eis und Schnee stundenlang auf der Autobahn herumgurken, nur um mit ihm –« Sie ahmt die Bewegungen eines Reiters nach. »Das kriegst du im Heusteigviertel an jeder Ecke.«

»Jeff befindet sich aber nicht im Heusteigviertel, also muss ich sehr wohl nach Brüssel. Hast du vielleicht eine bessere Idee?«

»Ja. Nicht nach Brüssel fahren.«

»Sehr witzig.« Ich stopfe mir den steinharten Keks in den Mund und zermalme ihn, und unter meiner Schädeldecke dröhnt es wie in einem Steinbruch.

»Du bist über beide Ohren verknallt, nur kriegst du das gar nicht mit. Aber er ist keine gute Wahl. Robert. Er war verrückt nach dir. Und fürchterlich attraktiv. Und mit eigenem Gestüt. Er wäre eine gute Partie gewesen.«

»Damit er mich mit zu seinen Zuchtpferden in die Box einsperren kann? Außerdem heirate ich nicht jemanden, der sich Pferdeköpfe auf die Manschettenknöpfe lasern lässt, und außerdem heirate ich sowieso nicht. Ansonsten darf ich daran erinnern, dass ich mein Möglichstes getan habe, damit es funktioniert. Ich habe mit vollem Make-up Sonntagmorgen am Kaffeetisch gesessen …« Ich zeige einen Vogel.

»Er war fürchterlich attraktiv«, wiederholt Charlotte.

Warum lässt sie sich nicht scheiden und heiratet ihn, wenn sie ihn so toll findet?

»Stimmt das eigentlich, was man im Allgemeinen über Schwarze sagt?« Sie reibt mit dem Zeigefinger am Mundwinkel, als klebe dort ein Krümel.

Mir klappt die Kinnlade herunter über ihre Unverfrorenheit und ich frage mich, ob der Streit mit Matthias wirklich so harmlos ist. »Es ist nicht ausschließlich Sex.« Ich drehe meinen Kopf zur Seite, damit sie nicht mein breites Grinsen sieht, denn in meiner Vorstellung habe ich seinen Schwanz im Mund, mhmm … köstlich.

»Das ist zwar keine Antwort auf meine Frage, aber lass mich eines sagen.« In Charlottes Augen funkelt Kampfeslust. »Gefühle werden meist überbewertet. Am Anfang immer.«

»Ah! Die Spezialistin spricht. Was macht dich nach fünfundzwanzig Jahren Ehe zur Flirt-Beraterin?«

»Vierundzwanzig.«

»Schön. Sag mir eins: Soll man deiner Meinung nach ganz allgemein auf Gefühle scheißen, oder gilt das nur für mich im Speziellen?«

»Das mit Matt kotzt mich echt an.« Sie verzieht den Mund und wirft den Mandelkeks in den Tee. Ein paar heiße Spritzer treffen meine Hand. »Diese Geschichte wird kein gutes Ende nehmen, das kann ich förmlich riechen.«

»Kopf hoch. Ihr findet einen Weg.«

»Davon gehe ich aus, aber ich sprach nicht von Matt und mir. Ich sprach von dir.«


Nach zwei Wochen der völligen Funkstille wieder ein Lebenszeichen von Jeff zu empfangen, versetzt mich in Hochstimmung. Die Frustration der letzten Wochen ist wie weggeblasen. Ich drehe mich wie ein Derwisch um meine eigene Achse und hebe beide Arme gen Zimmerdecke.

»Hast du getrunken?« Fred stolpert mit den gesammelten Werken seines schmutzigen Geschirrs zur Küche herein. »Es ist erst neun.« Er stellt den Tellerberg auf die Ablage und schaut mich mit großen Augen an.

»Schweig, o mein Sohn, und merke dir fürs Leben: Auch die Liebe kann trunken machen. Morgen werde ich nach Brüssel fahren.«

»Zum Ersten, eine Info: Ich war auch schon verliebt. Zum Zweiten: Wann kommst du wieder? Zum Dritten: Welches Auto nimmst du?«

»Ich fahre mit dem Skyliner und komme Sonntagabend zurück.«

»Yasa! Wäre besser, du würdest den Rover nehmen. Es kann Mitte März auch noch schneien und Belgien ist ‘ne Ecke weg.«

»Keine Chance.«

»Dann bau aber keinen Unfall. Die Ersatzteile müssen alle in den USA bestellt werden und sind teuer.« Er reibt seinen Daumen am Zeigefinger.

»Sei getrost, o mein Sohn. Dieses Auto ist für mich wie ein lebender Organismus und ich werde damit angemessen fahren.«

»Von wegen! Wenn du aufgeregt bist, fährst du wie eine Anfängerin.«

Ich überlege kurz und komme zu dem Schluss, dass er recht hat, und sage: »Das würde ich so nicht behaupten.«

Du

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