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Erster Gipfeltag, 14:00 Uhr

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Scharfe Knoblauchsoße tropft aus einem Dönerbrot auf Cairos Hose. Ein klein geschnittenes Krautblatt folgt der dickflüssigen Konsistenz. Cairo bemerkt beides nicht, er ist in eine Diskussion mit Hakim und Pawel vertieft. Isa stößt ihren Freund lachend an.

»Cairo, deine Hose.«

»Was ist mit der?«

Isa zeigt auf das Krautblatt, bevor sie es mit einem Finger wegschnippt. Den Fleck muss Cairo selbst wegwischen. Er macht es nur oberflächlich und konzentriert sich auf Pawels Rede.

»Noch nie waren in Deutschland so viele Polizisten eingesetzt. Doch wir haben es geschafft, einige Zufahrtsstrecken zu den Messehallen zu blockieren. Einfach nur geil.«

»Am besten finde ich«, ergänzt ihn Isa, »dass Ivanka Trump nicht aus der Gästevilla des Senats herausdurfte. Für sie fiel das Rahmenprogramm für die Ehepartner der Staatschefs aus. Na ja, seine Frau hat er zu Hause gelassen und statt ihrer lieber seine Tochter mitgenommen.«

»Aber die Polizei hat schon heftig reagiert – wie die gegen die Blockierenden vorgegangen ist!« Hakim ist sauer. »Ich hoffe, das rächt sich noch.«

»Kann man doch irgendwie verstehen, dass die nervös sind. Gestern wurde eine Polizistin erschossen«, wendet Isa nachdenklich ein.

»Meinst du«, zweifelt Hakim, »dass jemand es gezielt auf diese Frau abgesehen hat? Ich kann mir nicht vorstellen, in diesen Tagen eine bestimmte Polizistin ausfindig machen zu können. Für mich sehen die alle gleich aus in ihren Uniformen, Sturmhauben und Helmen. Niemand von denen könnte ich erkennen.«

»Andererseits kann ich mir nicht vorstellen«, spricht Cairo mit vollem Mund, und die scharfe Soße läuft an seinem Kinn hinunter, »dass jemand wahllos eine Polizistin erschießt.«

»Wer dieser Tage etwas abbekommt, der bekommt es wahllos ab.« Hakim lässt sich nicht überzeugen. »Wer hat denn Sven ausgewählt, dass er sterben musste? Sind die Bullen nicht wahllos in die Menge gestürmt, egal ob jemand verletzt wird? Ist das plötzlich kein Mord mehr für dich?«

»In der Stadtrundschau stand, das war klar Mord.«

Pawel steht Hakim zur Seite, doch Isa springt ihrem Freund bei.

»Ich kenne einige in der Redaktion. Max und Bernd, die behaupten es. Aber Cairos Mutter argumentiert anders, differenzierter.«

»Klar war das Mord, was Sven passiert ist. Doch der war nicht geplant.« Cairo mischt wieder mit. »Aber das mit der Polizistin ist etwas anderes. Hier hat jemand bewusst das Leben eines Menschen zerstört. Und das geht nicht.«

»Das geht jeden Tag hundertmal auf der Welt. Ist das nicht auch ein Grund, warum wir während des Gipfels auf der Straße sind?«

Hakim lässt sich nicht überzeugen.

»Das heißt aber nicht, dass es richtig ist, ebenfalls Menschen zu töten. Ich will eine gerechte Welt, und in der soll niemand erschossen werden.«

»Aber der Weg dahin ist kein Ponyhof, auf ihm geht es brutal zu. Das weißt du selbst und hast es heute wieder erlebt. Und auch wenn wir Gewalt nicht mögen – zimperlich sein heißt zu verlieren.«

»Trotzdem, es geht nicht an, Menschen zu erschießen. Und wenn dieser Polizistenmord irgendetwas mit unseren Protesten zu tun hat, dann gute Nacht. Dann waren alle tollen Ideen, der Gipfel der Solidarität und alle Aktionen für den Arsch.«

»Cairo«, beschwichtigt Isa ihren Freund, der vergessen hat, sein Dönerbrot weiterzuessen. »Es gibt immer mal einen Verrückten.«

»Aber das macht es nicht besser, oder?«

Die Welt im Viertel

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