Читать книгу Der Glückliche - Cord Frey - Страница 6
III
ОглавлениеFelix war sehr beunruhigt, als er durch den Park des städtischen Krankenhauses zu seiner Arbeit ging. Er hatte Altenpfleger gelernt, war dann nach seinem Examen, wohl auch durch das Zutun seines Vaters, in einem dem Krankenhaus angeschlossenen Pflegeheim untergekommen. Zuerst hatte er es gehasst alte Leute bis zu ihrem Tod zu pflegen, die Ärsche zu wischen, Rollstühle zu schieben, den ganzen Unsinn. Auf einmal hatte er dann erkannt, dass es wohl Gottgewollt war dass er sich auf seiner Arbeit so quälen musste. Nicht, dass es ihm deswegen nun mehr Spaß gemacht hätte; diese Qual war einfach die Buße die er zu leisten hatte, für Sünden in seinem jetzigen, und wohl auch einem früheren Leben - dass hatte er zu akzeptieren gelernt.
Er hatte mittlerweile auch akzeptiert dass er seit zweieinhalb Jahren in einem Appartement im Personalwohnheim des Krankenhauses leben musste. Damals hatte ihn kurz zuvor seine Frau verlassen, einfach so war sie gegangen; ein Abschiedsbrief, in dem stand dass sie es mit ihm nicht weiter aushalten könne, ausgeräumte Kleiderschränke, das hatte ihn an einem Märztag erwartet als er von seinem Pflegeheim nach Hause kam. Etwas mehr als ein Jahr später wurde dann die Scheidung ausgesprochen, man hatte sich im beiderseitigen Einvernehmen geeinigt, so dass er wenigstens keine Unterhaltszahlungen zu leisten hatte. Sie wollte einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben, ihn am liebsten vergessen. Für sie war die Ehe mit ihm der größte Fehler, eine furchtbare Hölle, wenn sie auch keinem der sie fragte, jemals sagen konnte warum. Mittlerweile hatten beide ein-, zweimal miteinander telefoniert; man versicherte sich der gegenseitigen Hochachtung, versprach dem Anderen keinerlei finanzielle Forderungen zu haben, bedauerte den Lauf der Dinge, ging dann wieder seiner Wege. Felix litt, sie war froh endlich auch einmal andere Männer in ihr Bett lassen zu können ohne gleich Ehebruch begehen zu müssen.
Je weiter er durch den Park ging, umso unruhiger wurde er. Er war spät dran, sollte eigentlich um sechs Uhr bei der Arbeit sein, jetzt war es fünf nach sechs. Ein Problem war das heute aber sicher nicht.
Er hatte sich in seinem Badezimmer noch mit seinen Plastikrosen beschäftigt, beruhigend auf sie eingesprochen, ihnen frische Luft zugewedelt, unter dem Wasserhahn abgespült - vielleicht waren sie einfach nur verstaubt, fühlten sich deswegen nicht wohl. Er streichelte sie. Was er auch tat, der Blumenstrauß blieb stumm. Er fluchte dass sie singen sollten. Sie taten es nicht, und er fiel auf die Knie um für den Fluch um Verzeihung zu flehen.
Sie sangen nicht.
In den letzten Monaten hatte er ihr Lied oft durch den ganzen Park gehört; sie sangen, um ihm Kraft für seine Arbeit zu geben, sangen, um ihn auf dem Heimweg zu begleiten, auf dass er sich freue nach Hause zu kommen. Ein fröhliches Summen, oft mehrere Tonlagen gleichzeitig, in einer eigenen Virtuosität. Das Lied war nur für ihn, nur er konnte und durfte es hören; jetzt war es still.
Gott, nach dem Aufstehen hatte er es für eine halbe Minute geschafft, den Teufel als Traumbild zu verdrängen. Seit seinem Badezimmer aber wusste er, dass das gehörnte Vieh echt war. Schon einige fürchterliche Gestalten waren ihm im letzten Jahr über den Weg gelaufen, quälten ihn und versuchten, ihn ins Verderben zu stoßen. Jedes Mal war es ihm gelungen sich zu retten und der Angst zu widerstehen. Diesmal aber war der Gehörnte persönlich erschienen, war gekommen um nicht wieder weg zu gehen, war gekommen um ihn ins Verderben zu treiben. Gegen Satan kam er nicht an.
Er war am Pflegeheim angelangt. Er rief nach Gott und den heiligen Engeln, was nur sollte er jetzt tun?!