Читать книгу Tödliche Offenbarung - Cornelia Kuhnert - Страница 36
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ОглавлениеAuf Beckmanns Klopfen antwortet niemand. Er öffnet nach dem dritten Versuch die Tür und betritt die Wohnküche, die den Mittelpunkt des renovierten Fachwerkhauses bildet. Martha sitzt auf dem Sofa und liest. Mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck hebt sie die Augen und sieht ihn an. Kein Gruß kommt über ihre Lippen.
»Ich dachte schon, du wärst noch mal fortgegangen.«
»Hallo Max.« Sichtlich um einen gelangweilten Ton bemüht, verschränkt Martha die Arme vor ihrer Brust. Sie mustert Beckmann von oben bis unten. Sein Igelschnitt ist verschwunden, die Haare sind länger. Das steht ihm gut. Er ist unrasiert, graue Bartstoppeln sprießen. Das macht ihn älter. Aber vielleicht stehen junge Mädchen auf so etwas. Marthas Blick wandert zu seinem Bauch. Er ist schlanker geworden. Ein guter Hahn wird selten fett. Sie zieht die Arme noch enger an sich.
»Was ist passiert?« Beckmann sucht ihre Augen, doch Martha starrt an ihm vorbei zum Gläserschrank. Blass sieht sie aus, fremd und doch vertraut. Warum lächelt sie ihn nicht wenigstens einmal an? Sie kann sich doch denken, dass es für ihn auch nicht leicht ist, einfach wieder vor ihrer Tür zu stehen, als wäre nichts passiert. Aber was ist eigentlich passiert? Diese eine Nacht, dieser eine Ausrutscher. Beckmann möchte Martha am liebsten an sich drücken, sie trösten, aber er traut sich nicht.
Martha starrt auf den Holzfußboden. Was ist passiert? Was für eine blöde Frage. Vieles ist passiert, seit sie ihn das letzte |93|Mal gesehen hat. Soll sie ihm etwa sagen, dass sie sich elend fühlt, dass sie ihn vermisst hat?
»Nun sag schon!« Beckmann wirft ihr einen aufmunternden Blick zu, obwohl er sich von Sekunde zu Sekunde unwohler in seiner Haut fühlt. Wenn sie ihn doch wenigstens einmal ansehen würde. Er hat schon immer gut in ihren Augen lesen können. Dort und nirgends anders zeigen sich ihre Gefühle.
Endlich lösen sich Marthas Augen vom Fußboden.
»Trixi hat heute Morgen einen Toten im Golfclub entdeckt.«
Immerhin hat sie geredet und immerhin hat sie aufgeschaut. Wenn auch nur Richtung Fenster. Unsicher, was er machen soll, steht Beckmann immer noch vor der Eingangstür.
»Was machst du eigentlich im Golfclub?«
»Ich lerne Golf.«
»Du?«
Täuscht sie sich oder zwinkert er ihr mit dem rechten Auge zu?
»Du hast dich doch früher immer darüber lustig gemacht.«
Wehe, er wiederholt jetzt diesen Witz. Dann fängt sie sofort an zu schreien.
Beckmann macht einen Schritt auf sie zu. Haben Sie noch Sex oder golfen Sie schon? Nein, das lässt er besser. Und jetzt? Beckmann zögert erneut, dann legt er seinen Arm auf ihre Schulter. Martha macht sich bei der Berührung steif. Trotzdem geht es ihr sofort besser.
Ihre zu Fäusten zusammengeballten Finger öffnen sich und sinken langsam auf ihre Oberschenkel. Beckmann tritt noch |94|dichter an sie heran und legt seinen anderen Arm um ihre Taille.
Martha lehnt vorsichtig ihren Kopf an seine Schulter. Sein vertrauter Geruch tut ihr gut.