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Der Spielabbruch-Effekt
ОглавлениеSchweigen verhindert Sprachspiele
Nehmen wir an, ich sage zu Ihnen: »Allein der Umstand, dass Sie dieses Buch lesen, beweist, dass Sie ein mieser Kommunikator sind!« Sie würden mir vehement widersprechen? Dann hätte ich schon gewonnen. Denn wenn Ihnen jemand einen Vorwurf macht, dann ist sein vordergründiges Ziel immer die Provokation. Und wenn Sie sich verteidigen, gehen Sie auf die Provokation ein. Das ist so vorhersehbar wie ein Brettspiel. Deshalb nennen es die Transaktionsanalytiker auch tatsächlich ein Spiel. Es gibt Dutzende solcher Kommunikationsspiele: Vorwurf – Rechtfertigung, Behauptung – Rechthaben, Anschuldigung – Kadi einschalten, Jammern – Trösten, Drohen – Zurückschlagen, … John Badham drehte mit dem jungen Mathew Broderick einst den Film War Games, in dem ein Computer im Pentagon die Welt zu vernichten drohte, weil er auf einen atomaren Zwischenfall mit dem atomaren Gegenschlag reagieren wollte: Zug – Gegenzug. Auch der dritte Weltkrieg wird ein Spiel sein. Im Film legte der junge Protagonist dem Computer daraufhin mithilfe einer Metapher logisch nachvollziehbar dar, was der Computer dann so formulierte: »A funny game. The only winning move is not to play.« Diese zentrale Erkenntnis der Transaktionsanalyse gilt für sämtliche Kommunikationsspiele: Wer mitspielt, hat schon verloren. Wer sich provozieren lässt, hat schon verloren. Wer auf eine Anschuldigung mit Rechtfertigung reagiert, hat schon verloren. Wer auf eine Drohung mit einer Gegendrohung reagiert, hat schon verloren. Nämlich die Nerven und die Transaktion.
Schweigen hat so große Wirkung, weil es Sprachspiele unterbricht.
Wir spielen ständig solche Spiele! Rund 90 Prozent der Kommunikation unter Menschen dienen irgendwelchen offenen oder versteckten Spielen. Niemand sagt bloß: »Mach bitte die Tür zu!« Immer schwingt dabei mit »Wie kannst du sie offen stehen lassen?« oder »Ich bin krank, ich vertrage keinen Zug!« oder »Warum muss immer ich die Tür zumachen, wenn du sie offen stehen lässt?« Gehe ich auf diese versteckten Botschaften ein, dann stecke ich schon mitten im Spiel. Was andererseits erklärt, warum uns Schweigen oft so schwerfällt.
Wer sich ködern lässt, kann nicht schweigen
»Du blöde Zicke!« – »Selber blöd!« Das geht so automatisch, dass wir meist gar nicht bemerken, dass wir eben schon wieder auf ein Sprachspiel hereingefallen sind. Wir sind buchstäblich geködert worden. Der Köder ist unser verletztes Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns verletzt – und schlagen verbal zurück. Nicht, weil unsere Reflexe schneller waren als unser Großhirn, sondern weil wir den Köder nicht als solchen erkannt und prompt geschluckt haben.
Wenn Sie im richtigen Moment nicht schweigen können, dann fallen Sie auf zu viele Köder herein.
Natürlich benötigt es etwas Übung, solche Köder zu erkennen. Doch die Übung zahlt sich schnell aus, wie mir eine Innendienstleiterin berichtete: »Dem Schmitz stinkt es, dass ich als Frau seine Vorgesetzte bin. Ständig wirft er mir durch die Blume Inkompetenz vor. Früher habe ich mich verteidigt. Wir stritten oft. Dabei kam natürlich nie etwas heraus, außer Frust und Zeitverlust. Heute erkenne ich den Köder. Der macht das nur, um mich auf die Palme zu bringen. Den Gefallen tu ich ihm nicht mehr. Ich überhöre ihn einfach. Manchmal macht ihn das noch wütender – was mir recht ist. Aber genauso oft gibt er es auf, weil er merkt, dass ich mich nicht mehr provozieren lasse.« Schweigen verhindert dumme Büro- und Familienspiele, bei denen alle nur verlieren können, selbst der Aggressor.