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Wie wir uns um den verdienten Lohn bringen
ОглавлениеDa wir ständig reden, twittern, bloggen, googeln, klatschen, meeten, fernsehen, Radio hören, uns austauschen oder handyfonieren, ist uns die Stille mehr und mehr abhandengekommen. Deshalb sehnen sich manche von uns bisweilen nach etwas Ruhe. Zu Zwecken der Erholung und inneren Sammlung. Doch Stille hat weit mehr zu bieten als Ruhe und Erholung. Der Lohn der Stille ist mannigfaltig. Leider haben wir das vergessen. Schlimmer: Wir haben es verlernt. Das geht sogar Spitzenmanagern so.
Um Kopf und Kragen
Ein Finanzvorstand zum Beispiel klagte, dass er sich in Meetings und Präsentationen hin und wieder »um Kopf und Kragen« rede. Er kam ins Coaching, weil er sich das abgewöhnen wollte, da es »ein erstklassiger Karriere-Killer« sei und ihn zum Gespött der Vorstandskollegen mache. Außerdem litt er an der Diskrepanz zwischen seiner Fachkompetenz und seinem Kommunikationsvermögen: Er konnte seine Fähigkeiten selten unter Beweis stellen, weil »ich ständig über meine eigene Zunge stolpere«, wie er sagte – ein charmantes Bild. Er erzählte: »Das passiert mir sogar bei den lapidarsten Zwischenfragen. Anstatt ein, zwei gut gewählte Sätze zu sagen, zerre ich Belege und Charts hervor, führe alle Details aus, verheddere mich, verliere den Faden – und merke genau, wie die anderen denken: Was für ein Chaot und Selbstdarsteller! Aber ich kann einfach nicht den Mund halten nach den ersten beiden Sätzen!« Er war ganz zerknirscht deshalb. Warum? Weil er sich selbst um den verdienten Lohn brachte. Und das jahrelang. Das geht vielen Menschen auch außerhalb des Managements so. Ich würde sagen, sogar den meisten. Ihnen auch?
ÜBUNG
Versuchen Sie sich zu erinnern: Bei welchen Gelegenheiten reden Sie mehr, als nötig ist? Mehr, als nützlich ist? So viel, dass Ihr Gegenüber sich totgeredet vorkommen könnte? Bitte keine Selbstvorwürfe: Das passiert allen Menschen. Das ist nicht schlimm. Schlimm ist lediglich, wenn Sie es nicht bemerken und abstellen.
Warum ist es schlecht, wenn wir diesen Plapperdrang nicht abstellen? Weil wir uns damit selbst sabotieren. Wir bringen uns mit unserer ungezügelten Sprechflut selbst um unseren verdienten Lohn. Wie der Finanzvorstand: Er antwortet auf eine Frage mit ein, zwei gut gewählten Sätzen – aber anstatt danach zu schweigen und den Lohn dieser Sätze in Form von Anerkennung und Zustimmung seiner Kollegen einzustreichen, zerredet er buchstäblich seinen Erfolg. So lange, bis der Respekt seiner Kollegen sich in Verärgerung und die Anerkennung in Hohn verwandelt. Ein verbreitetes Phänomen.
Wer quasselt, schadet sich selbst
Die meisten Menschen bemerken ein Leben lang nicht, dass sie sich, ihr Image, ihre Karriere und ihre Erfolgschancen buchstäblich zerreden. Solange sie das nicht bemerken, werden sie es immer und immer wieder tun und ihrer Familie, den Kollegen, Mitarbeitern, Kunden und Vorgesetzten mit den Jahren so auf die Nerven gehen, dass diese nur noch ungern mit ihnen sprechen. Und dann wundern sich diese Quasselstrippen, warum sie unsympathisch wirken und von anderen gemieden werden oder ständig auf Einwände und Widerstände stoßen. Dabei sagt schon der Volksmund: »Weniger ist mehr.«
Weniger Reden zeitigt mehr Wirkung. Das Schweigen gehört ebenso zur Kommunikation wie das Reden. Reden und Schweigen ergänzen sich. Nur Reden wirkt schwach, nur Schweigen ebenfalls. Es ist wie so oft im Leben: Die Mischung macht’s, die Ausgewogenheit, die Balance. Fehlt diese Balance, geht die Wirkung der Kommunikation fehl. Schweigen ist ein extrem wichtiges kommunikatives Element, weil es starke Wirkung erzielt. Eine dieser Wirkungen: Wer schweigt, wirkt intelligent. Das wusste schon der Volksmund, als er sagte: »Stille Wasser gründen tief.« Je weniger einer redet, desto tiefgründiger wirkt er: Die Aura des Tiefgründigen ist der Lohn des Schweigens.