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Schweigen macht dich stark!

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Wer schweigt, auch und gerade wenn er angegriffen, provoziert, beleidigt oder unter Druck gesetzt wird, verschafft sich einen Vorteil, der gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann:


Wer schweigt, bestimmt seine Reaktion auf äußere (und innere) Umstände selbst, anstatt sich zum Sklaven anderer oder der Sachzwänge machen zu lassen.

Nur der zum Schweigen fähige Mensch ist ein autonomer, starker, unabhängiger, freier, selbstbewusster Mensch. Natürlich äußert sich diese Autonomie noch in vielen anderen Merkmalen. Doch Schweigen ist ein integrales und wesentliches. Menschen, die nicht schweigen (können), sind fremdbestimmt, sachgezwungen und meist latent oder evident gestresst bis zum Geht-nicht-mehr.

Wer schweigt, schöpft Kraft

Auf einem Spielplatz beobachtete ich eine Mutter, deren Kind alle zehn Sekunden entweder irgendetwas von ihr wollte, sie anmeckerte oder die Knie aufgeschlagen hatte. Und stets musste die Mutter parat sein, antworten, trösten, auf die Meckereien reagieren. Bis sie von einer Sekunde auf die andere verstummte, während ihr Kind im Hintergrund wieder irgendeine weltbewegende Trivialität in 150 Dezibel zum Besten gab. Keinem außer mir fiel das plötzliche Verstummen der Mutter auf. Ich sah sie verwundert an. Unsere Blicke kreuzten sich für eine halbe Sekunde und in ihren Augen sah ich deutlicher als jede Neonschrift die Botschaft: »Ah, tut das gut, wenigstens für fünf Sekunden abzuschalten und die Klappe zu halten.« In diesen fünf Sekunden ließ sie alles los, was sie an diese Erde band, und schwebte quasi flügelleicht durch den Äther. In diesen fünf Sekunden holte sie sich die Kraft, die sie für weitere fünf Stunden Stressfamilie benötigte. Die Kraft der Autonomie, der unbegrenzten und unbegrenzbaren Selbstbezogenheit. Deshalb haben sämtliche Religionen der Welt Meditationspraktiken entwickelt. Weil das Schweigen eine der größten, wenn nicht die größte Kraftquelle eines Menschen ist (siehe ausführlich in Kapitel 4 und 9).

Wer schweigt, lässt sich nicht fremdsteuern, manipulieren, sachzwingen. Er oder sie emanzipiert sich vom Diktat unserer Zeit, wenigstens für einen Moment, für den entscheidenden Moment, um Kraft zu schöpfen. Wer schweigt, bestimmt seine Reaktion auf äußere Umstände selbst, anstatt sie sich diktieren zu lassen. Das ist nicht nur ein äußerst luxuriöses Erlebnis. Das gibt auch viel Energie.

Wer schweigt, rebelliert

Die Alternative ist, auf jeden Reiz, der von außen an Sie herangetragen wird, mit einer Widerrede zu antworten. Schon allein den Gedanken daran empfinde ich als ermüdend. Das bin ich nicht. Das will ich nicht. Ich kann und möchte nicht der Sklave von Umständen oder Zeitgenossen sein. Ein Sachbearbeiter drückte es klar aus: »Mein Schweigen ist meine kleine Rebellion, mein erhobener Stinkefinger, den nur ich sehen kann und den ich emporrecke, wenn es mir zu bunt wird. Ich schweige, und schon geht es mir ein wenig besser.« Warum?

Wer schweigt, ist frei

Inmitten einer Welt von fordernden Vorgesetzten, mäkelnden Familienangehörigen und unzähligen Sachzwängen ist Schweigen ein Akt der Selbstbehauptung, der Befreiung, der Entgrenzung. Eine innere Unabhängigkeitserklärung, sozusagen, eine Entfesselung. Wer schweigt, nimmt sich die innere Freiheit, selbst zu entscheiden: Was will ich tun? Wie will ich reagieren? Schweigen oder reden?

Schweigen sprengt Fesseln

Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie segensreich diese Freiheit für den modernen Menschen ist. In meinen Seminaren und Coachings finden sich so viele Menschen ein, die der allgegenwärtige und pausenlose Zwang unserer Zeit völlig fertigmacht. Der Zwang, immer präsent, immer erreichbar, immer leistungsfähig und vor allem leistungswillig zu sein, maximal flexibel und mobil, bis zur Selbstaufopferung motiviert – für die Angelegenheiten anderer! Schweigen entzieht uns diesem omnipräsenten Zwang, befreit uns von ihm, wirft die Fesseln einer ganzen Zivilisation ab. Wenigstens für einige Sekunden, die wie Stunden wirken.

Einfach mal die Klappe halten

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