Читать книгу Ein herrlicher Ort für das Unglück - Damir Karakaš - Страница 7

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»Madame!« Ich zeige auf die Karikatur von Woody Allen über meinem Kopf. »Caricature!«

Diese Karikatur dient mir als Werbung.

Am Anfang hatte ich noch keine Werbezeichnung, aber dann fiel mir auf, dass fast alle anderen Zeichner vor dem Pompidou eine haben.

Die meisten Zeichner verwenden dafür schlauerweise Fotokopien aus Zeitschriften. Meine habe ich selbst gezeichnet. Zunächst habe ich eine Filmzeitschrift gekauft und sie auf der Suche nach dem passenden Foto einer berühmten Person sorgfältig durchgeblättert. Ich schwankte zwischen Gérard Depardieu und Woody Allen, zwischen ihren bemerkenswerten Nasen. Doch das Foto von Woody war deutlicher und ausdrucksstärker, so dass ich mich schließlich für ihn entschied.

»Excusez-moi!«, rufe ich einer Frau und einem Mann mit riesigen roten Rucksäcken auf dem Rücken zu, die im Laufen einen Stadtplan studieren. »Vous voulez un souvenir de Paris?« Sie würdigen mich keines Blickes und zeigen weiter mit den Fingern auf die Karte, als würden sie rappen. Ich sehe mich um: Auch die anderen Zeichner sind nicht besonders erfolgreich. Ich versuche es noch ein paarmal, aber niemand reagiert.

Dann erspähe ich eine Frau, einen Mann und einen Jungen; sie kommen aus der Rue Rambuteau. Ich gehe ihnen entgegen, zeige auf den Jungen und zeichne mit dem Finger durch die Luft. Ich zeige auf Woody. Der Mann bleibt stehen, schaut den Jungen an und fragt: »How much?«

»Wir werden uns schon einigen.« Schnell schiebe ich den Stuhl auf den Jungen zu.

»Wo kommen Sie her?«, frage ich, während ich das Profil des Jungen zeichne.

Der Mann antwortet: »Aus Canberra.«

»Australien ist ein wunderbares Land«, sage ich.

Ich halte inne und frage den Jungen, was er werden will, wenn er groß ist. Er schweigt. Ich zeichne ihn mit einem Cowboyhut und zwei Pistolen, im Hintergrund den Eiffelturm. Dann signiere ich das Bild und setze noch den Monat, das Jahr und in Großbuchstaben PARIS hinzu. Die Karikatur ist recht gelungen, deshalb halte ich sie ihnen lange vor die Nase. Sonst mache ich es wie die anderen Zeichner und rolle sie schnell zusammen, damit der Kunde es sich nicht anders überlegt. Der Mann fragt: »Wie viel?«

Ein Typ, der etwas abseits steht, betrachtet die Zeichnung ebenfalls.

»Bitteschön!« Ich deute auf den Stuhl. »Sie sind als nächster dran.«

Der Typ schaut mich an und geht.

Ich wende mich wieder an den Australier.

»Dreißig Euro.«

Die Frau streift mich mit einem grimmigen Blick, der Mann zählt die genannte Summe ab und reicht mir das Geld.

Ich nehme es und stopfe es mir in die Gesäßtasche, aber so, als würde mich Geld überhaupt nicht interessieren. Und dann frage ich sie: »Möchten Sie vielleicht auch eine Karikatur?« Gleichzeitig zeige ich auf den freien Stuhl, setze den Kohlestift auf das Papier und spanne meinen Körper an.

Ich verhalte mich ganz so, als hätte sie schon zugestimmt.

»Nein!«, sagt die Frau kategorisch.

Ich blicke sie an, stehe langsam auf und setze ein freundliches Lächeln auf.

»Einen angenehmen Aufenthalt in Paris«, sage ich.

Ein herrlicher Ort für das Unglück

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