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Der Aufsatz

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Als Jens und Monika den Schulhof betraten, begann das große Gekicher. Sie hatten nicht bemerkt, dass sie in der Aufregung gemeinsam nebeneinander gingen und sich immer noch bei der Hand hielten. „Moni geht mit Krötenzwerg, Moni geht mit Krötenzwerg!“, schallte es aus allen Mäulern. Jens schoss das Blut in den Kopf. Er wäre am liebsten verschwunden, aber wie gelähmt bliebt er stehen. Monika riss sich panikartig von ihm los, da ertönte die Schulklingel zur ersten Stunde und sie lief schnurstracks in den Klassenraum.

Es war der längste Schultag, den Jens je erlebt hatte. Die Stunden wollten kein Ende nehmen. Mathematik, Deutsch, Englisch gleich zwei Stunden lang und schließlich Erdkunde. Hier wurden die Referate zu den Projekttagen eingesammelt, jedoch nicht ohne zuvor zwei oder drei Schüler auszuwählen, die ihre Arbeit vortragen mussten. Frau Janek, die Klassenlehrerin, pirschte wie ein auf Beutejagd befindliches Raubtier durch die Reihen. Ihre Augen flogen über die Köpfe der Kinder, wobei sie einige ihrer Opfer etwas länger fixierte. Dann schoss sie los: „Susi, Michael, Jens! In dieser Reihenfolge!“

Es hatte ihn getroffen. Ausgerechnet heute. Sonst machte es Jens niemals etwas aus zu referieren - aber ausgerechnet heute! Er konnte ja überhaupt keinen klaren Gedanken fassen. Susi stand bereits vorne und begann mit ihrem Vortrag. Irgendetwas über obere und untere Luftschichten. Mehr nahm Jens nicht wahr. Er konnte nur daran denken, dass auch er gleich vorne stehen muss, mit dem Rücken zur Tafel. Er war sowieso nicht zufrieden mit seinem Referat und heute, heute würden sie ihn zerreißen. Furchtsam blickte er durch den Klassenraum. Die Rabauken aus der hintersten Reihe zogen ihm Grimassen und deuteten mit dem Daumen nach unten. Jens blickte wieder nach vorne. Irgendwie war schon Michael mit seinem Vortrag an der Reihe, ohne dass Jens den Wechsel bemerkt hatte.

„Autsch!“ Eine Krampe traf Jens ins Genick. Reflexartig drehte er sich um. Er blickte Ulrich an. Der warf seine langen feuerroten Haare in den Nacken und fuhr sich mit dem Daumen langsam quer über den Hals. Jens schluckte. Er hatte nicht bemerkt, dass er bereits wiederholt aufgefordert worden war, nach vorne zu treten und sein Referat zu beginnen. Frau Janek stand jetzt direkt vor ihm. In gewollt jugendlicher Manier hockte sich die Mittfünfzigerin mit einer Pobacke auf Jens Tisch und schlug irgendwelche Zettel lässig in ihre Handfläche. „Herr Kroll braucht wohl eine Extraeinladung, wie?!“, giftete sie ihn an. „Würdest du dich jetzt bitte nach vorne bequemen und anfangen!“ Jens stand auf, nahm seine Zettel in die Hand und schlich zur Tafel. Er drehte sich um und stierte auf seine Blätter. Er zitterte und die Schrift verschwamm vor seinen Augen. Er sortierte die Zettel immer wieder um, so als suche er den Anfang.

„Fang schon an, du Pfeife!“, grölte es von hinten, doch Jens nahm überhaupt nichts war. Die Stimmen im Klassenraum schienen ihm ein einziges Rauschen im Ohr zu sein. Sein Kopf war leer und voll zugleich und verzweifelt blickte er immer wieder auf seine Arbeit, doch er konnte nichts entziffern. Es pochte und dröhnte in seinem Kopf und plötzlich, ohne dass er es wollte, kamen ihm Omas Worte in den Sinn. Mit der Wut des Beleidigten schrie er in die Klasse: „Die Götter führen wieder Krieg!“

Es wurde schlagartig ruhig. Für einige Sekunden war wirklich kein Geräusch zu hören. Absolute Stille. Dann schallte aus allen Kehlen lautes Gelächter und unter diesen akustischen Spießruten lief Jens auf seinen Platz zurück. Endlich erlöste ihn die Klassenlehrerin von seinen Qualen, indem sie die Hausaufgaben für die nächste Stunde verteilte und Jens androhte, bei Gelegenheit mit ihm sprechen zu wollen. Dann endlich ertönte die Schulklingel. Jens packte erschöpft seine Sachen und schlich langsam als Letzter aus dem Klassenraum.

Der magische Met

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