Читать книгу Macht euch die Erde untertan - Daniel Headrick - Страница 17

Artensterben und Umweltveränderung in Australien

Оглавление

Den ersten Menschen, die nach Australien kamen, müssen diese Tiere nicht nur seltsam, sondern auch zahm vorgekommen sein, denn sie hatten keinen Grund, den Menschen zu fürchten. Noch 1802 gab es Emus, Wallabies, Beuteltiere und See-Elefanten auf Inseln vor der Südküste Australiens, die die Aborigines offenbar nie besuchten, denn die ersten europäischen Besucher hatten keine Mühe, sie zu fangen (und auszurotten).45

Nach der Ankunft des Menschen verschwanden 15 von 16 Arten großer Säugetiere, einschließlich großer Vögel und Reptilien sogar 19 von 20 Arten. Zahlreiche kleinere Tiere starben ebenfalls zu der Zeit aus, als die Menschen erschienen, oder bald darauf. Insgesamt starben 60 Arten von Wirbeltieren aus. Ob die Menschen dafür verantwortlich oder nur dabei waren, ist immer noch umstritten.46 Der Ökologe Tim Flannery ist überzeugt, dass „die Beweislast jetzt klar für ein rasches, vom Menschen verursachtes Aussterben der australischen Megafauna“ spricht.47 Dagegen nennt der Archäologe Donald Grayson die Idee, dass Menschen diese Arten so stark jagten, dass sie ausstarben, „noch spekulativer als in Nordamerika“.48 Bis jetzt haben Archäologen keine Schlachtplätze, Knochen mit Schlachtspuren oder andere Spuren menschlichen Tötens gefunden. Man braucht aber gar nicht anzunehmen, dass die Menschen alle großen Tiere töteten, die sie antrafen. Fast alle großen Tiere pflanzen sich langsam fort und haben wenige Nachkommen. Falls die Jäger einige Weibchen im Fortpflanzungsalter erlegten, senkten sie die Fortpflanzungsrate unter die natürliche Sterberate, bis keine Tiere mehr da waren. Außerdem gibt es indirekte Beweise ihres Aussterbens in Form von Sporen des Pilzes Sporormiella, der sich vermehrt, indem er von großen Pflanzenfressern gefressen und ausgeschieden wird. Etwa vor 41 000 Jahren verschwanden diese Sporen – ein Beweis, dass ihre Wirtstiere ebenfalls verschwunden waren.49

Natürlich starben nicht alle großen Tiere aus. Die verbliebenen – Kängurus, Beuteltiere, Bergkängurus und Beutelmarder – sind kleiner als ihre Vorfahren vor der Ankunft des Menschen, weil Jäger die größeren Exemplare erlegten. Kleine Tiere (bis zu 5 Kilo) schrumpften nicht. Vor der Ankunft der Europäer kamen mehrmals Menschen nach Australien. Bei einer solchen Wanderung vor etwa 3000 Jahren brachten sie den Dingo oder australischen Wildhund mit, was zum Aussterben des Beutelwolfs oder Beuteltigers führte, obwohl eine kleine Zahl in Tasmanien bis ins 20. Jahrhundert überlebte.50

Das Verschwinden der größten Tiere hatte Welleneffekte für die australische Flora und Fauna. Große Pflanzenfresser hielten den Boden fruchtbar, indem sie die Nährstoffe der Vegetation recycelten, die sie fraßen. Feuer brannten heftiger wegen des Fehlens großer Pflanzenfresser, denn die Vegetation, die sie nicht fraßen, wuchs ungehindert, und wenn ein Blitz einschlug, brannte sie unkontrolliert. Ohne Pflanzenfresser, die die Nährstoffe in Pflanzen recycelten, wurde der Boden vom Feuer ausgelaugt, das den Kohlenstoff der Pflanzen zu Kohlendioxid in der Atmosphäre machte und den Boden der Erosion preisgab. Wenn sie abbrannten, wurden feuerempfindliche Pflanzen von feuerfördernden wie dem Eukalyptus abgelöst.51 Nach Flannerys Ansicht „hat das Feuer Australien – ursprünglich das ressourcenärmste Land – noch ärmer gemacht.“52

Nachdem die größten Tiere schließlich verschwunden waren, passten die Aborigines sich ihrer neuen Heimat an. Als Abel Tasman 1642 als erster Europäer Tasmanien sah, bemerkte er Feuer und Rauch an der ganzen Küste. Was er sah, war „Feuerstockzucht“, bewusst von den Bewohnern gelegte Feuer, bevor sich so viel tote Vegetation angesammelt hatte, dass sie durch Gewitter unkontrolliert brennen würde. Dieses Abbrennen förderte auch das Wachstum von neuem Gras und damit der Bestände von Kängurus, Beuteldachsen und Wallabys, die die Haupternährungsquelle der Aborigines waren. Auf der Halbinsel Cape York regten diese Feuer das Wachstum der feuerresistenten Brotpalmfarne an, die essbare Kerne produzierten.53 Die Bewohner schufen auch für den Menschen verbotene „Geschichtenorte“, wo bevorzugte Beutetiere wie Baumkängurus sich vermehren und dann die nahen Jagdgebiete neu bevölkern konnten.

So lernten die australischen Aborigines, Zehntausende Jahre in einer unberechenbaren Umwelt zu überleben, wobei sie in kleinen Gruppen lebten, welche die Belastbarkeit ihres trockenen Lands nicht überstiegen, und viel Zeit kulturellen Aktivitäten und der Pflege sozialer Beziehungen über große Distanzen widmeten. Für Nicholas Wade „gewöhnten sie sich in eine Zeitschleife ewiger Stagnation ein“, dagegen beweist es für Tim Flannery die Nachhaltigkeit ihrer Lebenspraxis.54

Macht euch die Erde untertan

Подняться наверх