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Bundesrealgymnasium Leibnitz 1960 - 1968

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Auch im Gymnasium setzte sich der schulische Erfolg des jungen Franz Fuchs fort, wo er, obwohl er bei Wind und Wetter die fünf Kilometer mit seinem Fahrrad zur Schule zurücklegen musste, als guter Schüler auffiel.

Franz Fuchs, der mit 15 Jahren aufgrund seiner Kurzsichtigkeit seine erste Brille erhielt und daher keinen sportlichen Aktivitäten mehr nachging, gab an, zu dieser Zeit einen „grauslichen, ländlichen Dialekt“ gesprochen zu haben, weshalb er der Meinung war, dass man ihn bezüglich seiner Intelligenz unterschätzte. Zudem sprach er trotz seiner auffallend intellektuellen Fähigkeiten sehr langsam und litt unter einem generellen Sprachfehler, dessen Ursache nicht bekannt ist. Dass er aus diesem Grunde Sprachunterricht erhielt, kränkte ihn sehr und war Auslöser erster Minderwertigkeitsgefühle. In seinem Lieblingsfach Mathematik erbrachte er, wie auch in Naturgeschichte, Chemie und Physik, ebenfalls sehr gute Leistungen. Obwohl die Noten in der Mittelschule schließlich etwas schlechter ausfielen, war er stets ein guter Schüler, sodass die Noten mit Beginn der Oberstufe auch wieder deutlich besser wurden.

Sein damaliger Physiklehrer gab hierzu später an, dass er nach Franz Fuchs keinen Schüler mehr hatte, der ähnlich hervorragende Leistungen erbracht habe. Als er ihm ein Lehrbuch über die Relativitätstheorie von Einstein zur Ausarbeitung übergab und diese Thematik bei der mündlichen Maturaprüfung abgefragt wurde, konnte Franz Fuchs die ihm gestellte Frage vollständig, bis auf einen kleinen Fehler, beantworten. Auf den Fehler angesprochen konnten sich beide, auch nach längerem fachlichen Streit und Diskussionen nicht darauf einigen, wer von beiden im Recht sei, woraufhin das Professorenkollegium geschlossen applaudiert habe.

Die dargebrachten Gegenargumente verfasste Franz Fuchs nach seiner Matura schriftlich und übergab diese dem Physiklehrer. Dieser ließ das „Werk“ von einem Hochschulprofessor beurteilen, wobei sich herausstellte, dass der von Franz Fuchs gemachte Fehler nicht zuletzt auf eine methodische Unzulänglichkeit des Lehrbuchs zurückzuführen war. So entsprach die von Franz vertretene Meinung dem Lehrbuch, sei aber dennoch fachlich nicht korrekt gewesen. Erst 15 Jahre später gestand Fuchs gegenüber seinem beleidigten Lehrer ein, dass er selbst einem Irrtum erlegen sei und es sich um ein Minus in der Relativitätstheorie gehandelt habe. Auch an diesem Beispiel zeigt sich, wie überaus ehrgeizig, intelligent, gebildet und wissensdurstig Fuchs war.

Der damalige Gymnasiast, der sich sogar das Klavierspielen selbst beibrachte, wurde als auffällig begabt, interessiert und talentiert beschrieben, jedoch als nicht sehr kontaktfreudig wahrgenommen, was auch durch die damaligen Untermieter des Elternhauses bestätigt wurde, wodurch, aus der Sicht der ehemaligen KlassenkameradInnen, keine freundschaftliche Kommunikation mit ihm möglich war. So konnte er als chronischer Einzelgänger und äußerst introvertiert beschrieben werden.

Ferner hatte er deutlich weniger Freizeit als seine Mitschüler, da er trotz seiner Intelligenz mehr Zeit für die Aufbereitung der Lerninhalte investieren musste, was aus seiner Sicht dazu führte, dass er nicht gut in die Klassengemeinschaft integriert war. Auch hatte er entgegen der üblichen Interessen der Jugendlichen im seinen Alter keinen Gefallen daran, in Vereinen mitzuwirken. Dennoch wurde er von seinen Schulkameraden für seine besonderen schulischen Leistungen respektiert und setzte sich für eine Klassenkollegin ein, als ein Lehrer ihr Unrecht tat. Als „Sonderling“ bekannt, ließ er – obwohl er selbst keine Hilfe annahm - seine MitschülerInnen abschreiben und erwartete dafür deren Anerkennung. Die Tatsache, dass der Einzelgänger Fuchs seine Kameraden an seinem Wissen teilhaben ließ, hatte zur Folge, dass diese ihn nicht ins Abseits stellten, sondern versuchten, ihn in die Gemeinschaft zu integrieren. Dies äußerte sich auch dahingehend, dass sie die Kosten eines Schulskikurses für ihn aufbringen und gemeinsam tragen wollten, Fuchs sich betreffend der Finanzierung aber nicht helfen lassen wollte und sich gegen dieses Angebot aussprach.

Aus Sicht der Schulkameraden schämte er sich für seine Eltern, da diese aus einer minderprivilegierten Gesellschaftsschicht stammten. So habe er keinen Wert darauf gelegt, dass sie diese oder sein Zuhause näher kennenlernten. Schließlich stammte die Mehrheit seiner Mitschüler im Gegensatz zu ihm, der als einziger aus einer ländlichen Gegend kam, aus gut bürgerlichen Familien, in denen auch eine materielle Absicherung vorhanden war, sodass er sich diesen gegenüber als nicht gleichwertig empfand. Obwohl in seinem Elternhaus kein schulisches Fachwissen vorhanden war, schaffte es der junge Mann, als einem seiner Lehrer das diesbezügliche Fachwissen fehlte, am darauffolgenden Tag seine MitschülerInnen über die entsprechenden Lehrinhalte zu informieren.

Ausgeprägten Hänseleien seiner damaligen Umgebung entgegnete er zumeist aggressiv. Nichtsdestotrotz hinterließen diese nachhaltige Spuren, als sich z. B. in jungen Jahren ein Lehrer über seinen Dialekt lustig machte, was dazu führte, dass er von da an nur mehr versuchte, Hochdeutsch zu sprechen, was auch als besondere Leistung während seiner Matura gewertet wurde. Eine weitere Besonderheit betraf seine Gesangskunst, die er in den Pausen unter Beweis stellte, wenn er seinen MitschülerInnen Arien vorsang. Franz Fuchs – der aus seiner Sicht über ein Langzeitgedächtnis verfügte – schloss die Maturaprüfung mit gutem Erfolg ab.

Betreffend der familiären Situation sei hier festzuhalten, dass er gegenüber seinem jüngeren Bruder, der geboren wurde, als Franz elf Jahre alt war, eine Art väterliches Verantwortungsbewusstsein entwickelte, was in weiterer Folge auch dazu führte, dass er ihm sein erstes eigenes Auto finanzierte. Obwohl Franz Fuchs eingangs eifersüchtig auf seinen kleineren, wesentlich jüngeren Bruder war, hatte er jedoch nicht das Gefühl, gegenüber diesem benachteiligt zu werden. Im Gegenteil: Franz Fuchs war sich sicher, dass seine Eltern auf ihn mindestens ebenso große Stücke gehalten hatten. Er begründete es damit, dass er - so habe es der Vater vorherig bestimmt - das Gymnasium aufsuchen dürfe, während sein jüngerer Bruder eine Lehre absolvieren sollte. Als Heranwachsende aber lebten sich die Brüder zunehmend auseinander.

Aufgrund der Tatsache, dass es während seiner Kindheit keinen Fernsehapparat gab, wurden in der Familie viele Gespräche geführt. Die ersten politischen Berührungspunkte erschlossen sich sowohl durch seinen Vater als auch durch seinen Bruder, da beide der gleichen politischen Partei beitraten und im Gemeinderat politisch tätig waren. Hierbei sei jedoch festzuhalten, dass die Politik selbst im Elternhaus kein großes Thema gewesen sei und keinesfalls von politischem Fanatismus die Rede gewesen sein könne. Franz Fuchs beschrieb sich dabei als keinen parteipolitischen Menschen und äußerte, dass ihm alle Parteien recht seien, sofern sie - vor allem in Bezug auf die Verteilung der Volksgruppen - nichts Wesentliches ändern wollten, und sofern sie niemanden diskriminieren würden. Abschließend lässt sich der Wechsel auf die höhere Schule für Franz Fuchs als der Start einer Serie von Kränkungserlebnissen und Niederlagen beschreiben.

Der Briefbombenattentäter Franz Fuchs

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