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I. Vollkommene Konkurrenz
ОглавлениеWie oben beschrieben, liegt eine effiziente Allokation auf einem Markt nur dann vor, wenn der Preis des Gutes den Grenzkosten seiner Herstellung entspricht und Angebot und Nachfrage sich ausgleichen. In diesem Fall sind alle Tauschgewinne, die auf diesem Markt erzielt werden können, ausgeschöpft. Betrachtet man nicht nur einen einzelnen Markt, sondern eine gesamte Volkswirtschaft, dann muss diese Bedingung simultan für alle Märkte erfüllt sein, damit die gesamte volkswirtschaftliche Rente maximiert wird. Es stellt sich daher die Frage, ob und unter welchen Bedingungen in einer Marktwirtschaft eine Situation existieren kann, bei der simultan auf allen Märkten eine effiziente Allokation vorliegt, d.h. ein allgemeines Gleichgewicht. Diese zentrale Frage der Wirtschaftstheorie konnte in allgemeiner Form erst in den 1950er Jahren durch die Arbeiten von Arrow, Debreu und McKenzie positiv beantwortet werden.21 Für die Existenz eines allgemeinen Gleichgewichts, das auch als Walras-Gleichgewicht22 oder als Gleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz bzw. Wettbewerbsgleichgewicht bezeichnet wird, müssen jedoch eine Reihe restriktiver Bedingungen erfüllt sein, die in der Realität, wenn überhaupt, nur in einer sehr geringen Anzahl von Märkten vorliegen. Es sei in diesem Zusammenhang deutlich darauf hingewiesen, dass die Theorie des allgemeinen Gleichgewichtes sich nicht als realistische Beschreibung einer existierenden Marktwirtschaft versteht und auch keineswegs so interpretiert werden sollte. Auch ist ein Wettbewerbsgleichgewicht kein anzustrebendes Ziel der Wettbewerbspolitik. Vielmehr handelt es sich bei diesem Konstrukt um eine Idealvorstellung der Wirtschaftstheorie, das in erster Linie dazu dient, die Funktionsweise einer Marktwirtschaft, insbesondere die allokative Rolle von Preisen, zu verdeutlichen.
Die wichtigsten Annahmen für die Existenz eines allgemeinen Gleichgewichts werden im Folgenden kurz skizziert: So müssen, wie im Abschnitt über Allokationseffizienz bereits erwähnt, sich alle Unternehmen und alle Konsumenten als Preisnehmer verhalten, d.h. jedes Unternehmen und jeder Konsument muss davon ausgehen, dass sein Angebots- bzw. Nachfrageverhalten keinerlei Einfluss auf den Marktpreis hat. Der Marktpreis ist daher für jedes Unternehmen und für jeden Konsumenten ein Datum. Die Nachfragefunktion, der sich ein einzelnes Unternehmen gegenübersieht, verläuft also horizontal: Jedes Unternehmen geht annahmegemäß davon aus, dass es beim herrschenden Preis jede beliebige Menge absetzen kann. Diese Annahme ist dann sinnvoll, wenn die Anzahl der Unternehmen (bzw. Konsumenten), die dieses Produkt anbieten (bzw. nachfragen), „groß“ ist und jedes Unternehmen (bzw. jeder Konsument) im Verhältnis zur gesamten Menge des Gutes am Markt nur einen sehr geringen Anteil anbietet (bzw. nachfragt). Unternehmen und Konsumenten verhalten sich im Rahmen dieses Modells also als Preisnehmer und können nur die angebotene bzw. nachgefragte Menge des jeweiligen Gutes anpassen.
Dabei werden Güter im Sinne der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts unterschieden nach ihren physischen Eigenschaften, dem Ort und dem Zeitpunkt ihrer Bereitstellung.23 Das gleiche physische Gut, das an einem anderen Ort zur Verfügung gestellt wird, ist ein anderes Gut im Sinne dieser Theorie. Unterscheiden sich die physischen Eigenschaften, wie z.B. bei differenzierten Gütern, auch nur geringfügig, werden diese als verschiedene Güter betrachtet. Güter und Märkte werden im Rahmen dieser Theorie also identifiziert. Jedem Gut ist ein eigener Markt zugeordnet, ein so genannter „ökonomischer Markt“. Auf diesem gilt das „Gesetz des einheitlichen Preises“, denn andernfalls würden Wirtschaftssubjekte eine Arbitrage vornehmen und die Preise würden sich angleichen.
Weiterhin wird angenommen, dass alle Marktteilnehmer über die gleichen, vollständigen Informationen über sämtliche entscheidungsrelevanten Größen, wie z.B. Preise, Konditionen, Qualität der Güter, Bezugsmöglichkeiten etc. verfügen, denn eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen Käufern und Verkäufern oder unvollständige Information über wichtige Eigenschaften kann dazu führen, dass der Wettbewerb auf einem Markt nicht zu einem aus gesellschaftlicher Sicht wünschenswerten Ergebnis führt.24 Ist z.B. die Qualität eines Gutes von den Käufern nicht beobachtbar, dann wird aufgrund dieser Qualitätsunsicherheit häufig nur eine geringere Menge nachgefragt als dies bei vollkommener Information über die Qualität der Fall wäre. Die Existenz unvollständiger oder asymmetrisch verteilter Informationen führt darüber hinaus häufig dazu, dass Transaktionen nicht mehr kostenlos durchgeführt werden können, wie in der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts implizit unterstellt wird. Den Wirtschaftssubjekten entstehen bei der Abwicklung, Durchführung und gegebenenfalls bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche Transaktionskosten, die zu allokativen Ineffizienzen führen können.
Auch kann bei Vorliegen von öffentlichen Gütern, d.h. solchen Gütern, die durch Nichtrivalität im Konsum und Nichtausschließbarkeit gekennzeichnet sind, wie z.B. die Landesverteidigung oder das Rechtssystem, die Funktionsweise eines Marktsystems gestört sein. Da aufgrund der Nichtausschließbarkeit jedes Wirtschaftssubjekt in den Genuss eines öffentlichen Gutes kommen würde, auch ohne hierfür eine Zahlung zu leisten, wird im Allgemeinen eine zu geringe Menge des öffentlichen Gutes angeboten. Verwandt mit den öffentlichen Gütern sind so genannte externe Effekte, die vorliegen, wenn die Konsum- oder Produktionsaktivitäten eines Wirtschaftssubjektes einen direkten, d.h. nicht über einen Markt vermittelten Einfluss (der positiv oder negativ sein kann) auf andere Wirtschaftssubjekte haben, wie es z.B. bei Schadstoffemissionen der Fall ist. Auch hier liegt ein Problem der Nichtausschließbarkeit vor und es wird im Vergleich zum Optimum zuviel von dem entsprechenden Gut produziert, da in dem unternehmerische Kalkül die negativen Auswirkungen der Schadstoffemissionen nicht berücksichtigt werden.
Weiterhin dürfen Unternehmen keine Größenvorteile, so genannte zunehmende Skalenerträge (economies of scale), aufweisen, denn in diesem Fall würden die Stück- und Grenzkosten mit zunehmender Produktionsmenge fallen. Je mehr ein solches Unternehmen produziert, desto kostengünstiger wird die Herstellung. Seine Gewinne würden mit steigender Produktionsmenge zunehmen. Langfristig würde ein solches Unternehmen seine Konkurrenten vom Markt verdrängen und wäre dann nicht mehr „klein“ im Verhältnis zum gesamten Markt. In diesem Fall wird es sich nicht mehr als Preisnehmer verhalten.25 Dies gilt analog für Verbundvorteile (economies of scope), bei denen es günstiger ist, mehrere Produkte in einem Unternehmen herzustellen, als die Produktion auf mehrere spezialisierte Unternehmen zu verteilen.
Alle diese Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein allgemeines Gleichgewicht mit den genannten Eigenschaften existiert. Ist nur eine davon verletzt, dann ist entweder die Existenz eines allgemeinen Gleichgewichtes nicht gewährleistet oder das Gleichgewicht besitzt nicht die gewünschte Eigenschaft der Pareto-Optimalität. In einem solchen Fall spricht man von einem Marktversagen. Die Wirtschaftstheorie hat sich seit längerer Zeit mit den verschiedenen Ursachen möglichen Marktversagens befasst und untersucht, mit welchen Ergebnissen auf Märkten zu rechnen ist, wenn z.B. Transaktionen nicht kostenlos durchgeführt werden, Informationsprobleme vorliegen oder Unternehmen über Größenvorteile verfügen. Im Zuge der Untersuchung der verschiedenen Ursachen von Marktversagen ist eine Reihe von Teildisziplinen der Wirtschaftstheorie entstanden. So untersucht die Transaktionskostenökonomik vor allem die Frage, welchen Einfluss Transaktionskosten auf Marktergebnisse haben und welche Institutionen von den Akteuren geschaffen und verwendet werden, um die resultierenden Ineffizienzen möglichst gering zu halten. Ein weiterer Untersuchungsgegenstand der Transaktionskostenökonomik ist die interne Organisationsstruktur von Unternehmen.26 In engem Zusammenhang mit der Transaktionsökonomik steht die Informationsökonomik, die untersucht, welchen Einfluss asymmetrische Informationsverteilungen zwischen den Wirtschaftssubjekten auf die Gestaltung von Transaktionen haben und wie Verträge (im ökonomischen Sinne) ausgestaltet sein sollten, um möglichst effiziente Ergebnisse zu erzielen. Transaktionskostenökonomik und Informationsökonomik mit dem Teilgebiet der Vertragstheorie werden häufig unter dem Begriff der Neuen Institutionenökonomik zusammengefasst.27 Das Gebiet der Industrieökonomik untersucht die Struktur von Märkten mit unvollständigem Wettbewerb, d.h. in Situationen, in denen Akteure durch ihr Verhalten das Marktergebnis, also z.B. Preise oder Produktqualität beeinflussen können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn auf einem Markt nur wenige oder, im Extremfall, nur ein einziges Unternehmen aktiv ist, d.h. auf oligopolistischen und monopolistischen Märkten. Zu den Themen der Industrieökonomik gehören daher die Preis- und Angebotsentscheidungen von Unternehmen in verschiedenen Marktstrukturen, Werbung, das Investitionsverhalten, Markteintritts- und -austrittsbarrieren, die Bildung von Kartellen, Unternehmenszusammenschlüsse, die Beziehungen zwischen Märkten auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette sowie Strategien der Unternehmen, um aktuelle oder potentielle Wettbewerber zu behindern. Aber auch Märkte mit spezifischen Besonderheiten, wie z.B. Märkte mit Netzwerkeffekten, zwei- oder mehrseitige Märkte oder auch natürliche Monopole werden von der Industrieökonomik analysiert.
Diese Teilgebiete sind nicht strikt voneinander zu trennen, sondern es gibt vielfältige Überschneidungen. Zahlreiche Ergebnisse aus den Bereichen der Neuen Institutionenökonomik, z.B. über bestimmte Vertragsgestaltungen, über die Auswirkungen asymmetrischer Information oder über die interne Organisation von Unternehmen sind in die Industrieökonomik eingeflossen und Resultate z.B. über oligopolistische Märkte finden Verwendung in der Informations- und Transaktionskostenökonomik. Im Vergleich zur Theorie des allgemeinen Gleichgewichts sind diese Ansätze deutlich realistischer, allerdings unterliegen sie der Einschränkung, dass in der Regel nur ein einzelner Markt betrachtet wird. Es handelt sich also um so genannte partialanalytische Modelle. Das komplexe System einer Volkswirtschaft mit allen Wechselwirkungen und Rückkoppelungseffekten zwischen den Märkten bleibt unbeachtet. Für viele Fragen, die im Bereich der Wettbewerbstheorie im Zentrum des Interesses stehen, sind diese Effekte in aller Regel nur von untergeordneter Bedeutung.
Die letzte wichtige Einschränkung im Zusammenhang mit der Theorie des allgemeinen Gleichgewichtes ist der statische Charakter des Modells. Es werden keinerlei Veränderungen z.B. bezüglich der Zahl der Unternehmen und Konsumenten, der verwendeten Technologien oder der Anzahl der verschiedenen Güter betrachtet. Das Verhalten von Konsumenten und Unternehmen wird bei gegebenen Rahmenbedingungen untersucht, mit ausschließlicher Konzentration auf Gleichgewichtszustände. Anpassungsprozesse an ein Gleichgewicht und die dabei ablaufende Zeit spielen keine Rolle – es handelt sich um ein statisches, atemporales Modell. Veränderungen der Rahmenbedingungen, d.h. dynamische Aspekte, wie z.B. Marktein- und -austritte, Innovationen, technischer Fortschritt oder die Entwicklung und Vermarktung neuartiger Produkte werden im Modell des allgemeinen Gleichgewichts systematisch ausgeblendet. Dies ist jedoch, insbesondere für Fragen der dynamischen Effizienz, deren zentraler Aspekt ja gerade derartige Änderungen in den Rahmenbedingungen ist, eine erhebliche Einschränkung.28 Für die Teilgebiete der Neuen Institutionenökonomik und der Industrieökonomik gilt diese Einschränkung in deutlich geringerem Maße. Im Rahmen dieser Forschungsbereiche werden Modelle zu Innovationen, Forschung und Entwicklung, Marktein- und Marktaustritten oder zeitlich sequentiellen Entscheidungen entwickelt. Allerdings ist auch bei den Versuchen, intertemporale oder dynamische Aspekte zu erfassen, eine starke Betonung des Gleichgewichtsgedankens unverkennbar.
Vollkommene Konkurrenz und Allokationseffizienz. Trotz dieser zahlreichen und restriktiven Annahmen stellt die Wirtschaftstheorie weiterhin auf das Modell der vollkommenen Konkurrenz als zentralen Bezugspunkt ab, weil ein Wettbewerbsgleichgewicht eine Reihe von wünschenswerten Eigenschaften besitzt, die in den beiden Hauptsätzen der Wohlfahrtstheorie zusammengefasst werden. Der erste Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie besagt, dass die Allokation im allgemeinen Gleichgewicht pareto-effizient ist. Alle Tauschgewinne sind ausgeschöpft und es gibt keine Möglichkeit, ein Wirtschaftssubjekt besser zu stellen, ohne gleichzeitig ein anderes schlechter zu stellen. Allerdings könnte die im Gleichgewicht realisierte Allokation jedoch sehr ungleich und aus verteilungspolitischen Erwägungen nicht akzeptabel sein. Der zweite Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie besagt nun, dass unter bestimmten Voraussetzungen durch geeignete Eingriffe, wie z.B. Umverteilungsmaßnahmen, jeder gewünschte pareto-effiziente Zustand als ein Wettbewerbsgleichgewicht erreicht werden kann.29
Die Theorie des allgemeinen Gleichgewichts, wie sie von Arrow und Debreu entwickelt wurde, geht von einer festen Anzahl von Unternehmen aus, eine Annahme, die zur Beschreibung langfristiger Entwicklungen auf einem Markt häufig nicht geeignet ist. Daher wird in einem alternativen Modell unterstellt, dass eine potentiell unendliche Anzahl von Unternehmen gebildet werden kann, die in einen Markt eintreten, wenn dort positive Gewinne erwirtschaftet werden können.30 Diesen Unternehmen steht die effizienteste Produktionstechnologie zur Verfügung. Realisieren Unternehmen jedoch Verluste, werden sie den Markt verlassen. Ein langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht ist dadurch charakterisiert, dass Angebot und Nachfrage auf diesem Markt ausgeglichen sind, die Unternehmen ihren Gewinn maximieren und keine weiteren Marktein- oder Marktaustritte erfolgen. Letzteres ist dann der Fall, wenn Unternehmen weder Gewinne realisieren noch Verluste machen, d.h. jedes Unternehmen produziert im Minimum seiner Stückkosten.31 Da in den ökonomischen Kosten, den Opportunitätskosten, der kalkulatorische Unternehmerlohn und die Kapitalverzinsung bereits enthalten sind, bedeutet die Null-Gewinn-Bedingung, dass jedes Unternehmen den Normalgewinn realisiert. Weiterhin hat das langfristige Gleichgewicht die Eigenschaft, die volkswirtschaftliche Rente zu maximieren, d.h. es ist pareto-optimal.
Vollkommene Konkurrenz und Produktionseffizienz. Die einzelwirtschaftliche Produktionseffizienz ist im Modell des allgemeinen Gleichgewichts gewährleistet. Da im Arrow-Debreu-Modell die Zahl der Unternehmen kurzfristig jedoch fest gegeben ist und keine Marktein- und Marktaustritte stattfinden, ist ein Gleichgewicht mit positiven Gewinnen möglich. Langfristig jedoch werden diese positiven Gewinne durch Markteintritte verringert und es wird ein Zustand erreicht, in dem alle Unternehmen im Minimum ihrer langfristigen Stückkosten produzieren, d.h. jeweils die optimale Betriebsgröße erreicht haben. Dabei wird angenommen, dass die neu in den Markt eintretenden Unternehmen Zugang zur effizientesten Technologie haben und es keine Marktzutritts- oder Marktaustrittsschranken gibt. Aufgrund der zusätzlichen Unternehmen im Markt würde die angebotene Menge steigen und könnte, bei gegebener Nachfrage, nur zu einem geringeren Preis abgesetzt werden. Ineffiziente Unternehmen müssten den Markt verlassen, bis schließlich alle Unternehmen die effizienteste Technologie verwenden. Ein entsprechender Zusammenhang zwischen der Produktivität und Marktein- und Marktaustritten konnte in einigen Untersuchungen auch empirisch bestätigt werden.32
Vollkommene Konkurrenz und dynamische Effizienz. Da es sich beim Modell des allgemeinen Gleichgewichtes um ein statisches, atemporales Modell handelt, erlaubt es keine Aussagen über dynamische Aspekte des Wirtschaftsprozesses. Selbst wenn man ein Gleichgewicht als Resultat eines nichtmodellierten Anpassungsprozesses auffasst, kann diese Theorie zur Erklärung des zeitlichen Ablaufs von Wettbewerbsprozessen nur wenig beitragen. Zwar wurden auch Versuche unternommen, die Theorie des allgemeinen Gleichgewichtes intertemporal zu formulieren, indem man Güter mit einem Zeitindex versehen hat, aber sie bleibt trotz dieser Modifikation weiterhin eine statische Theorie, denn alle Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte werden einmalig und für die gesamte Zukunft getroffen. Auch die Theorie des langfristigen Gleichgewichts ist, trotz Berücksichtigung von Marktein- und Marktaustritten, dem Gleichgewichtskonzept verhaftet. Zwar können Unternehmen den Markt betreten oder ihn verlassen, aber es werden keine Innovationen durchgeführt, keine neuen Güter auf den Markt gebracht und keine neuen Technologien entwickelt. Auch in diesem Modell vollziehen sich keine Prozesse, sondern es wird ein Zustand betrachtet, in dem keine Veränderungen mehr stattfinden.
Neben diesem methodischen Argument kann man die Frage untersuchen, ob und in welchem Maße Unternehmen bei vollkommenem Wettbewerb Investitionen in Forschung und Entwicklung tätigen. Dabei hat es sich als sinnvoll erwiesen, zwischen Prozess- und Produktinnovationen zu unterscheiden. Dabei handelt es sich bei ersteren um neue, kostengünstigere Herstellungsverfahren und bei letzteren um verbesserte oder neuartige Produkte. Der Anreiz, z.B. durch eine Prozessinnovation günstiger als die Konkurrenz zu produzieren, ist für ein Unternehmen auf einem Wettbewerbsmarkt groß, denn dann könnte es zumindest für einen gewissen Zeitraum deutlich höhere Gewinne realisieren oder versuchen, durch eine Unterbietung der Konkurrenten eine temporäre Monopolstellung zu erlangen.33 Bei einer Produktinnovation hätte das Unternehmen wenigstens für die Zeit des Patentschutzes eine Monopolstellung mit den entsprechenden größeren Gewinnen. Wettbewerb zwischen Unternehmen auf einem Markt mit vollkommener Konkurrenz findet also hinsichtlich der dynamischen Effizienz nicht mittels des Preises als Wettbewerbsparameter, sondern durch Innovationen statt. Dies gilt vor allem in Märkten, die durch raschen technischen Wandel gekennzeichnet sind. Allerdings erzielen Unternehmen bei vollkommenem Wettbewerb zumindest langfristig keine höheren als die Normalgewinne, d.h. es stehen ihnen oftmals keine ausreichenden Mittel zur Verfügung, um in riskante Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu investieren.34 Dies legt die Vermutung nahe, dass die vollkommene Konkurrenz für die dynamische Effizienz des Wirtschafts- und Wettbewerbsprozesses nicht besonders geeignet ist.