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1. Abgrenzung von Märkten – Ökonomische Marktkonzepte
ОглавлениеIn der Wirtschaftstheorie werden, je nach Frage und Erkenntnisinteresse, unterschiedliche Marktkonzepte verwendet. So wird für Fragen der Preisbildung und der Analyse von Gleichgewichten vor allem das Konzept eines ökonomischen Marktes (economic market) herangezogen. Hierbei werden Güter und Märkte identifiziert, sodass ein solcher Markt nur ein einziges homogenes Gut umfasst und Arbitrage dazu führt, dass auf diesem Markt nur ein einziger Preis für das Gut existiert. Da in der Wirtschaftstheorie Güter nach physischen Eigenschaften, Ort und Zeitpunkt der Bereitstellung unterschieden werden, führt ein entsprechender Marktbegriff dazu, dass, z.B. bei differenzierten Gütern, für jedes Gut ein eigener Markt vorliegt.44 Ein solches Marktkonzept ist für Fragen der Existenz von Gleichgewichten oder der Funktionsweise des Preismechanismus sinnvoll, ist allerdings für wettbewerbspolitische Zwecke ungeeignet, denn hier ist festzustellen, ob ein Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmen in der Lage ist, Marktmacht auszuüben bzw. zu ermitteln, wodurch der Marktmacht von Unternehmen wettbewerbliche Schranken gesetzt werden.45
Das Konzept des ökonomischen Marktes hatte sich in der Wirtschaftstheorie als geeignetes Instrument erwiesen, um die Marktformen der vollkommenen Konkurrenz, sowohl partialanalytisch als auch in Modellen des allgemeinen Gleichgewichtes, sowie des Monopols zu analysieren. Bis in die 1930er Jahre konzentrierte sich die Wirtschaftstheorie auf die Analyse dieser polaren Marktformen. Erst mit den Arbeiten von Sraffa, Robinson, Chamberlin und Triffin wurde begonnen, Märkte mit differenzierten Gütern zu analysieren, in denen sowohl Elemente des Wettbewerbs als auch des Monopols auftreten.46 Hierbei stellte sich das Problem, den Markt festzustellen, in dem ein solcher monopolistischer Wettbewerb stattfindet, und es wurden im Zuge dieser Überlegungen erstmalig Marktabgrenzungen vorgenommen. Die seinerzeit entwickelten Konzepte der Substitutionslücke (Robinson, Chamberlin), oder das im Rahmen eines Modells des allgemeinen Gleichgewichts von Triffin verwendete Konzept der externen Interdependenz waren als Instrumente und Hilfsmittel gedacht, eine bestimmte Marktform, die der monopolistischen Konkurrenz, näher zu analysieren und Gleichgewichte auf solchen Märkten zu beschreiben. Sie sind daher für die wettbewerbspolitisch relevanten Fragen nach der Marktmacht von Unternehmen und ihrer wettbewerblichen Schranken keine idealen Werkzeuge. Dies gilt auch für andere im Zusammenhang mit differenzierten Gütern vorgeschlagene Konzepte der Marktabgrenzung.