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η) Folgemärkte

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Spezifische Probleme bei der Marktabgrenzung können bei Produkten auftreten, die nur zusammen mit einem anderen Produkt verwendet werden, wie es z.B. bei Kaffeemaschinen und den dazu passenden Kaffeepads oder Drucker und Druckerpatronen der Fall ist. Allgemein liegt eine solche Situation dann vor, wenn ein primäres Produkt, wie z.B. eine Kaffeemaschine oder ein Drucker, erworben wird und später weitere, sekundäre Produkte hinzugekauft werden, die zusammen mit dem primären Produkt verwendet werden und ohne die die Funktionsfähigkeit des primären Produktes nicht gegeben oder zumindest stark eingeschränkt ist. Primäres und sekundäres Produkt bilden also ein System, das nur dann zufriedenstellend funktioniert, wenn beide Produkte vorhanden sind.115 Ähnliche Folgemarktsituationen treten auch im Rahmen von Franchise-Vereinbarungen auf, in denen die Konzession bzw. die entsprechende Marke das primäre Produkt ist und die abzunehmenden Güter das sekundäre Produkt darstellen.116 Häufig sind die technischen Spezifikationen der Produkte derart, dass nach dem Kauf des primären Produktes die Substitutionsmöglichkeiten bezüglich des sekundären stark eingeschränkt sind. Hat man einen bestimmten Drucker erworben, dann können nur Druckerpatronen verwendet werden, die mit diesem Gerät kompatibel sind. Die Konsumenten unterliegen also einem lock-in. Häufig sind dabei die Hersteller des primären Produktes auch die einzigen Hersteller des kompatiblen sekundären Produktes. Würde man den Markt für das sekundäre Produkt, den so genannten Folgemarkt (Aftermarket), als relevanten Markt abgrenzen, dann würde man häufig sehr hohe Marktanteile feststellen und damit auch Marktmacht konstatieren müssen.117 Es stellt sich jedoch die Frage, ob selbst ein Marktanteil von 100 % im Folgemarkt ein deutliches Indiz für Marktmacht ist. Dies wäre dann der Fall, wenn der Hersteller des sekundären Produktes in der Lage wäre, den lock-in der Konsumenten auszunutzen und den Preis für das sekundäre Produkt signifikant über den Wettbewerbspreis anzuheben. Allerdings werden Konsumenten, vor allem dann, wenn der Preis der sekundären Produkte einen großen Anteil am Gesamtpreis des Systems ausmacht oder das sekundäre Produkt häufig ersetzt werden muss, bereits beim Erwerb des primären Produktes die Kosten des sekundären berücksichtigen. Eine Anhebung des Preises des sekundären Produktes wird dann zu einer Verringerung der Nachfrage nach dem zugehörigen primären Produkt führen, wenn die Nachfrager über ausreichende Substitutionsmöglichkeiten verfügen. Dies macht deutlich, dass Folgemärkte nicht isoliert vom Markt für das primäre Produkt analysiert werden sollten. Der Anbieter eines primären und sekundären Produktes wird den Preis des sekundären nicht anheben, wenn die Konsumenten den höheren Preis für das sekundäre Produkt bei der Kaufentscheidung für das primäre Produkt berücksichtigen und aus diesem Grunde ein anderes primäres Produkt erwerben. In diesem Fall würde der Markt für das sekundäre Produkt keinen relevanten Markt darstellen, sondern es wäre der Markt für Systeme zu betrachten, d.h. für primäre und sekundäre Produkte zusammen. Sind jedoch die Substitutionsmöglichkeiten der Nachfrager hinsichtlich des primären Produktes beschränkt, dann besteht für den Anbieter eines Systems der Anreiz, den Preis des sekundären Produktes signifikant anzuheben. In diesem Fall wäre der Folgemarkt als relevanter Markt abzugrenzen.

Kartellrecht und Ökonomie

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