Читать книгу Man erzieht nur mit dem Herzen gut - Daniel Zindel - Страница 29
Hältst du die Ordnung, hält die Ordnung dich
ОглавлениеEin junges Paar ist zuversichtlich, dass das erste Kind sie beide nicht in ihrer Flexibilität stören wird. Sie schlendern abends spontan durch die Stadt, besuchen Kneipen und treffen sich mit Freunden. Erstaunt stellen sie dabei fest, dass der Kleine nach solchen Abenden lange schreit und kaum in den Schlaf findet. Umlernen ist für die Eltern angesagt. Sie stellen ihre Zeitstrukturierung zum Wohl des Kindes und zu ihrer eigenen Entspannung um. Ihnen wird dabei schmerzlich bewusst, dass sie jetzt auf manches verzichten müssen. Sie entwickeln ein Einschlafritual für ihr Kind, an welchem oft beide beteiligt sind. Das stärkt sie in ihrer Intimität. Sie entdecken ihr Zusammenspiel als Eltern auf weiteren Gebieten: Er badet das Kind. Sie übernimmt es und trocknet es ab. Sie werden ein eingespieltes Team. Essen vorbereiten, wickeln, Spaziergang im Freien, Aufstehen in der Nacht, Wäsche aufhängen und den Geschirrspüler ausräumen – es entstehen Arbeitsteilungen und Verantwortlichkeiten. Man arbeitet zusammen und grenzt sich ab.
Unser Zusammenleben im Familienhaus braucht solche Zuständigkeiten und Strukturen. Unter Struktur versteht man die »Anordnung der Teile eines Ganzen zueinander« (Duden). Auch in einer Familie sorgt ein gegliederter Aufbau dafür, dass wir gut zusammenleben und -arbeiten können.
Für uns sind Strukturen und Beziehungen keine Widersprüche, sie unterstützen sich sogar gegenseitig. Gute Strukturen entlasten unsere Beziehungen, weil wir dann als Familie nicht alles permanent ad hoc neu erfinden und aushandeln müssen. Strukturen entlasten wie ein stützendes Gerüst. Sie basieren auf längerfristigen Abmachungen, die wir mit beharrlicher Geduld aufrechterhalten. Sie bewahren uns davor, als Eltern permanent und unmittelbar zu agieren und zu intervenieren. So wie gute Zäune gute Nachbarn schaffen, so ermöglichen gute Strukturen Klarheit: Wann und wie wir essen, wo die Sportsachen hingehören, welchen Beitrag jeder in der Familie bezüglich der anfallenden Arbeiten leistet. Die Kunst des Zusammenlebens in der Familie hat mit der Kunst zu tun, im Familienhaus lebensfördernde Strukturen zu setzen.
Strukturen, die dem Leben dienen, sollen maßvoll sein. Überregulierte Familien sind gestresste Familien. Eine Familie tickt nun mal nicht wie das Qualitätsmanagement eines Universitätsspitals. Aber auch in unterregulierten Familien kann viel Druck vorhanden sein, denn ein Chaos in Bezug auf Ordnung, Sauberkeit, Schlaf- und Essgewohnheiten erzeugt ebenfalls viel Unfrieden.
Also: Arbeiten Sie nicht nur in der Familie, sondern an der Familie. Bauen Sie in entspannten Zeiten an Ihren Familienstrukturen! Wenn gerade alle hungrig sind und der Kühlschrank leer ist, wäre es wenig ratsam, an der familiären Einkaufsregelung zu arbeiten.