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1.3.1 HR-Rollen und Drei-Säulen-Modell

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Ulrich hat grundsätzlich verschiedene Rollen des Personalbereichs aufgezeigt. Hierbei unterscheidet er zwischen dem strategischen und operativen Fokus der Personalarbeit sowie zwischen der Orientierung an Prozessen und Mitarbeitern wie Abbildung 1.2 zeigt (vgl. Ulrich, 1997).


Abb. 1.2: Rollenmodell von Ulrich (in Anlehnung an Ulrich, 1997; Oechsler & Paul, 2019, S. 15)

Durch diese beiden Achsen ergeben sich vier Rollen mit spezifischen Aufgabenfeldern für den Personalbereich (vgl. Ulrich, 1997):

• Strategischer Partner (Strategic partner): HR-Experten werden in die Unternehmensstrategie eingebunden und sollen im Blick haben, dass sich unternehmens- und personalstrategische Maßnahmen positiv beeinflussen. Als strategische Partner helfen sie, die Unternehmensstrategie im Unternehmen umzusetzen.

• Administrativer Experte (HR-Administration): Effiziente Abwicklung von administrativen Prozessen, wie etwa Gehaltsabrechnung, Zeitabrechnung, Verwaltung sonstiger Personaldaten (traditionelle HR-Rolle).

• Personalbetreuer (Employee Champion): Betreuung der Führungskräfte und Mitarbeiter bei alltäglichen Problemen, Anliegen und Bedürfnissen wie Fragen zur Weiterbildung.

• Veränderungsmanager (Change Agent): HR Experten regen zu Veränderungsprozessen im Unternehmen an, begleiten diese und bringen sie zum Abschluss.

Die Rollen müssen nicht von ein und derselben Person ausgefüllt werden, aber die Kombination aller Teammitglieder sollte ausgewogen sein und alle dargestellten Rollen sollten wahrgenommen werden. Ziel ist es, dass HR einen Wertbeitrag für das Unternehmen liefert.

Ulrich überführte diese Rollen in ein Drei-Säulen-Organisationmodell (HR Service Delivery Model), um die bislang eher wenig ausgeprägte strategische Personalarbeit zu forcieren. Das Modell, wie Abbildung 1.3 zeigt, war und ist Vorbild für die Neuausrichtung und auch Umstrukturierung der Personalarbeit weltweit (vgl. Oechsler & Paul, 2019, S. 15).


Abb. 1.3: Drei-Säulen des Organisationsmodells von Ulrich (in Anlehnung an Ulrich, 1997; Bartscher & Nissen, 2017, S. 30)

Aufgabe der HR Business Partner ist die direkte Beratung und Unterstützung der Führungskräfte. Sie sind somit deren individueller Ansprechpartner in allen personalführungsbezogenen Fragen und Aufgaben, z. B. im Rahmen der Personalauswahlentscheidung sowie bei Herausforderungen und Problemen, die mit Blick auf die geplante oder während der Umsetzung der Unternehmensstrategie aufkommen. Als strategischer Partner sind sie nah an den Bereichen dran und z. B. in die Steuerungskreise der Linie integriert.

Das Shared Service Center (SSC, auch Business Service Center) ist Dienstleister für alle administrativen und unterstützenden Prozesse. Im Vordergrund stehen beim Shared Service Center die Einsparung von Kosten sowie die Standardisierung aller Prozesse und deren Erfüllung in gleichbleibend hoher Qualität, wie bei der Entgeltabrechnung, Reisekostenmanagement etc. Dabei spielen Self Services in Form von ESS (Employee Self Service) und MSS (Management Self Service) eine zentrale Rolle. Beispielsweise ruft der Mitarbeiter seine Entgeltabrechnung und Zeitnachweise direkt über ein Portal auf, Änderungen an den Daten oder auch Zeit- und Krankmeldungen gibt er direkt ein oder an das Shared Service Center zur Eingabe weiter. Rückfragen stellt er über ein Ticketsystem, per Mail oder auch telefonisch. Nicht unbedingt vorgesehen ist dagegen der persönliche Kontakt, auch wenn es ggf. eine Stelle gibt, bei der die Mitarbeiter ihre Anliegen auch vor Ort anbringen können. In einigen Bereichen setzen Unternehmen auch auf die Auslagerung an externe Dienstleister im Rahmen eines Outsourcings (so z. B. eine externe Hotline und Anlaufstellen für die Beratung bei Themen der Pflege oder Kinderbetreuung oder auch bei psychischen und anderen Problemen).

Das Center of Competence (CoC) oder Center of Expertise (CoE) erarbeitet Leitlinien für die Personalarbeit, z. B. Vergütungsrichtlinien, versorgt die HR Business Partner mit Informationen, übernimmt Reportingaufgaben etc. Hier sind Fachspezialisten zu Themen wie Personalmarketing, Vergütungsmanagement und Arbeitsrecht zusammengefasst. Die Experten erfüllen zum einen konzeptionelle Aufgaben und stehen auf der anderen Seite den Business Partnern und Service Center-Mitarbeitern für Rückfragen zur Verfügung (vgl. Armutat, 2007; Oechsler & Paul, 2019, S. 15 f.).

Im Drei-Säulen-Modell ist es möglich, Vorteile aus verschiedenen Organisationsmodellen zusammenzubringen. So bieten die HR Business Partner Dezentralisierungsvorteile mit der Nähe zu den Geschäftsbereichen, während das Shared Service Center die Zentralisierungsvorteile hat, dass Massenprozesse professionell, effizient und kostengünstiger abgewickelt werden können (vgl. im Folgenden Oechsler & Paul, 2019, S. 17). Das CoC/CoE wiederum stellt eine Klammer zwischen beiden dar und berät und steuert die beiden anderen Säulen konzeptionell. Daher erfährt das Modell große Popularität in der Praxis.

Jedoch zeigt sich, dass es auch Nachteile beinhaltet. So liegen Kritikpunkte in der Vernachlässigung der ›normalen‹ Beschäftigten durch die Fokussierung auf die Führungskräfte bei den HR Business Partnern, in Verteilungskonflikten sowie Unverständnis für neue Aufgaben und teilweise auch Überfrachtung der Rolle des HR Business Partners. Bezüglich des Shared Service Centers zeigt sich ein Spannungsfeld zwischen Bedarfsbefriedigung und Synergieeffekten und der teilweise problematischen Zusammenführung von Standards, insbesondere im internationalen Umfeld. Beim CoC/CoE kann zum Teil beobachtet werden, dass es lediglich dem Selbstzweck dient ohne großen Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen (vgl. Oechsler & Paul, 2019, S. 17 f.). Immer wieder gibt es Unternehmen, die nach der Einführung des Drei-Säulen-Modells doch wieder zu anderen Organisationsmodellen zurückkehren, auf die in Kapitel 1.3.2 näher eingegangen wird. Auch für kleine und mittlere Unternehmen, sofern sie überhaupt einen Personalbereich haben, bietet sich eine derart differenzierte Rollenaufteilung nicht immer als Vorbild für das Organisationsmodell. Davon unabhängig sollten die Rollen entsprechend vertreten sein.

Ulrich selbst hat in mehreren Neukonzeptionen die HR-Rollen immer weiter verändert (vgl. im Folgenden Ulrich et al., 2017; Ulrich & Stehr, 2017, S. 19). So hat er zuletzt neun Rollen bzw. Kompetenzen für HR Professionals identifiziert, drei davon als zentrale Treiber: Der ›Credible Activist‹ baut vertrauensvolle Beziehungen auf, der ›Strategic Positioner‹ richtet das Business auf den Markt aus und der ›Paradox Navigator‹ widmet sich dem Umgang mit Spannungen im Unternehmen. Daneben unterscheidet er den ›Culture and Change Champion‹, der Veränderungen herbeiführt und die Organisationskultur gestaltet, den ›Human Capital Curator‹ für die Mitarbeiterentwicklung, den ›Total Reward Steward‹ für das Thema Vergütung, den ›Technology and Media Integrator‹ im Hinblick auf Technologie und Social Media, den ›Analytics Designer and Interpreter‹ und schließlich den ›Compliance Manager‹. In den (größeren) Betrieben findet sich aber bislang noch überwiegend das ursprüngliche Modell (vgl. Ackermann, 2016, S. 12).

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