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1.4.2 Die strategische Ausrichtung des Personalmanagements am Modell

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Um sich von Wettbewerbern abzugrenzen, können Unternehmen unterschiedliche Strategien verfolgen. Im Hinblick auf die personalstrategische Ausrichtung spielen zwei Grundfragen eine entscheidende Rolle (vgl. im Folgenden Gmür & Thommen, 2019, S. 25 f.): Erstens die strategische Positionierung des Unternehmens bzw. des Geschäftsfeldes im Markt (Marktstrategie), zweitens das personalpolitische Leitbild, d. h. entweder eine Ausrichtung auf den internen Arbeitsmarkt (Erhaltungsziel) oder eine Ausrichtung auf den externen Arbeitsmarkt (Flexibilitätsziel).

Nach Porter gibt es idealtypisch zwei klassische Marktstrategien: Zum einen die der ›Kostenführerschaft‹ (cost leadership) mit dem Ziel, der günstigste Anbieter am Markt zu sein. Zum anderen die der ›Differenzierung‹ (differentiation), indem man versucht, einzigartig am Markt zu sein, z. B. durch Innovationen (vgl. Dessler, 2020, S. 112, Gmür & Thommen, 2019, S. 25). Die strategische Grundausrichtung hat Auswirkungen auf alle Unternehmensbereiche und damit auch das Personalmanagement:

• Wählt das Unternehmen die Strategie der Kostenführerschaft, legt es den Fokus auf starke Effizienz und tendiert dazu, Generalisten einzustellen, die in unterschiedlichen Positionen eingesetzt werden können (vgl. im Folgenden Stewart &, Brown, 2020, S. 52 f.). Arbeitsprozesse werden engmaschig im Unternehmen kontrolliert und Mitarbeiter erhalten in der Regel klare Arbeitsanweisungen. Das Ziel sind niedrige Personalkosten.

• Anders handeln hingegen Unternehmen, die eine Differenzierungsstrategie verfolgen. Sie legen insbesondere Wert auf Innovation und Qualitätssteigerung. Mitarbeiter dieser Unternehmen sind häufig Spezialisten und haben mehr Mitspracherechte wie Prozesse ablaufen. Der Fokus liegt weniger auf Kontrolle, sondern auf den Ergebnissen. Nicht nur im Dienstleistungsbereich versucht man den Kunden besonderen Service zu bieten, z. B. im Investmentbanking mit langjährigen Kundenbeziehungen.

Die zweite personalstrategische Dimension betrifft die Frage, wie stark Unternehmen die notwendigen Mitarbeiterfähigkeiten im Unternehmen entwickeln (Ausrichtung auf den internen Arbeitsmarkt) oder diese vom Markt einkaufen (Ausrichtung auf externer Arbeitsmarkt,vgl. im Folgenden Stewart &, Brown, 2020, S. 53 f.):

• Unternehmen mit stärkerer interner Ausrichtung stellen Mitarbeiter ein, um diese im Unternehmen weiterzuentwickeln. Entsprechend wichtig ist eine organisationale Passung der Mitarbeiter. Das ist die Basis für eine hohe Mitarbeiterbindung. Es wird viel Wert auf Loyalität und Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung gelegt. Ein Schwerpunkt liegt auf Personalentwicklung und Förderung mit besonderem Fokus auf den Qualifikationen, die besonders für dieses Unternehmen relevant sind.

• Unternehmen mit Ausrichtung auf den externen Arbeitsmarkt setzen hingegen stärker auf die Einstellung von erfahrenen Fach- und Führungskräften, die teilweise nur kurz im Unternehmen tätig sind. Im Vordergrund steht die Passung zum Job. Ziel ist es, in kurzer Zeit Arbeitskraft bzw. notwendiges Wissen ins Unternehmen zu bringen. Häufig erfolgt eine Anreizwirkung über (variable) Vergütung. Unternehmen sind dadurch in der Lage, sich schnell an neue Entwicklungen anzupassen und flexibel zu sein, sie bauen jedoch in der Regel keine langfristigen Beziehungen zu ihren Mitarbeitern auf.

Kombiniert man nun die Dimensionen Marktstrategie (»Strategic Dimension«) mit der Dimension Arbeitsmarkt (»Labor Orientation«), lassen sich vier unterschiedliche, grundsätzliche HR-Strategien identifizieren, wie Abbildung 1.6 zeigt (vgl. Stewart & Brown, 2019, S. 57 f., ähnlich wie Gmür & Thommen, 2019, S. 26 ff.).


Abb. 1.6: Strategische Ausrichtung des Personalmanagements (in Anlehnung an Stewart &, Brown, 2020, S. 57)

• Loyal Soldier HR-Strategie (»Loyale Arbeitskräfte«): Das Unternehmen fokussiert sich auf Recruiting und Bindung von loyalen Mitarbeitern, die aufgrund ihrer Motivation und Kompetenz zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Die Mitarbeiter haben vielfältige, unterschiedliche Aufgaben. Bei der Einstellung achtet man insbesondere darauf, dass die Mitarbeitenden zur Unternehmenskultur passen und loyal erscheinen. Mitarbeiterbindung spielt eine wichtige Rolle, in die man bereit ist, zu investieren. Man stellt eher jüngere Mitarbeiter ein, um sie im Unternehmen weiterzubilden. In der Vergütung wird der Fokus auf langfristige Anreize gelegt (vgl. Stewart &, Brown, 2020, S. 56 f., Gmür & Thommen, 2019, S. 27 f.). Ein Beispiel für diese strategische Ausrichtung ist der öffentliche Dienst. Die Mitarbeitenden werden meist schon entsprechend ausgebildet und ggf. sogar verbeamtet. Auch sonst wird großer Wert auf langfristige Anreize und eine kooperative Kultur gelegt. Variable Gehaltsbestandteile oder ein ausgeprägtes Performance Management finden sich eher selten.

• Bargain Laborer HR-Strategie (»Unabhängige Arbeitskräfte«): Die strategische Ausrichtung zielt darauf, die Personalkosten durch eine günstige Vergütungspolitik so gering wie möglich zu halten. Wichtig sind zudem auf Effizienz ausgerichtete Strukturen und Systeme, in denen Mitarbeitende eingesetzt werden. Produkte und Leistungen als auch Herstellungs-/Vertriebsprozesse sind möglichst standardisiert. Die Mitarbeitenden werden stark von ihren Führungskräften kontrolliert, jeder hat klare Aufgaben zu erfüllen, die leicht erlernt werden können. In der Regel handelt es sich um Positionen, die keine umfangreichen Kenntnisse erfordern. Karriereentwicklung spielt keine zentrale Rolle, die Mitarbeitenden werden meist im Job angelernt und es herrscht oft eine hohe Fluktuation. Die Vergütung orientiert sich am Mindestlohn, es wird kein großer Wert auf langfristige Anreize gelegt. Diese strategische Ausrichtung findet man häufig im Hotellerie- und Gastronomie-Bereich sowie im Handel (vgl. Stewart &, Brown, 2020, S. 57 f., Gmür & Thommen, 2019, S. 29 f.).

• Committed Expert HR-Strategie (»Loyales Expertentum«): Der Fokus liegt auf dem Recruiting und der Bindung von Mitarbeitern, die spezialisierte Aufgaben ausführen. Dies ist insbesondere wichtig für Unternehmen, die sich am Markt über Qualitätsführerschaft bzw. über Innovationen behaupten. Sie müssen Sorge tragen, Kompetenzen aufzubauen und zu erhalten. Die Mitarbeiter haben große Gestaltungsfreiheit in ihrem Bereich, auch um neue Dinge auszuprobieren. In der Regel werden Mitarbeiter mit Blick auf die Passung zu Job und Organisation eingestellt. Sie werden als Experten im Unternehmen aus- und weitergebildet. Es wird in die Personalentwicklung investiert, damit die Mitarbeitenden ihre Expertise in ihrem Gebiet stetig weiterentwickeln. Die Vergütung ist meist relativ hoch mit langfristigen Anreizkomponenten. Ein Beispiel ist das Pharmazieunternehmen und hier z. B. das Unternehmen Merck, das viel in die Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter investiert, um sie zu Experten zu entwickeln. Viele Mitarbeitende bekommen auch langfristige Anreizpakete, z. B. Mitarbeiteraktien (vgl. Stewart &, Brown, 2020, S. 58, Gmür & Thommen, 2019, S. 30 ff.).

• Free Agent HR-Strategie (»Unabhängiges Expertentum«): Das Unternehmen fokussiert sich darauf, insbesondere Mitarbeiter mit hohen Fachkenntnissen einzustellen, die aber nicht unbedingt lang im Unternehmen bleiben werden. Anders als bei der »Committed Expert-Strategie«, mit der langfristig verfügbares Wissen im Unternehmen aufgebaut werden soll, geschieht bei dieser Strategie eine Weiterentwicklung des Unternehmens durch die ständige Neukombination alter und neuer Kompetenzen. So werden Teams je nach Aufgabenstellung immer wieder neu zusammengesetzt, neue Mitarbeitende mit benötigten Kompetenzen schnell rekrutiert und andere, ohne diese, versetzt oder freigestellt. Die Mitarbeiter haben in ihrem spezifischen Aufgabenbereich umfassende Entscheidungsbefugnisse und Gestaltungsfreiheit. Es wird jedoch kein Wert auf langfristige Anreize gelegt. Auch höhere Positionen werden häufig mit Kandidaten von außerhalb des Unternehmens besetzt. Die Vergütung ist tendenziell hoch mit starken individuellen, leistungsabhängigen Komponenten. Diese HR-Strategie findet sich insbesondere in der Beratungsbranche, wo sich Ansätze schnell verändern, hohe Gehälter gezahlt werden, aber Mitarbeitende auch schnell die Unternehmen wechseln (vgl. Stewart &, Brown, 2020, S. 58 f., Gmür & Thommen, 2019, S. 32 ff.).

In der Praxis zeigt sich, dass Unternehmen besonders erfolgreich sind, wenn ihre Personalstrategie auf die Unternehmensstrategie abgestimmt ist. Auch empirisch bestätigt sich, dass eine fallspezifische Personalstrategie und daraus abgeleitete Personalmanagementstrategie sowie Personalpraktiken und Maßnahmen die besten Erfolge bringen (z. B. Skaggs & Youndt, 2004; Delery & Doty, 1996, S. 806 und Lebrenz, 2020, S. 127 ff.). In der empirischen Forschung konnte zudem mit Blick auf obiges Modell aufgedeckt werden, dass Unternehmen mit einer Strategie der Kostenführerschaft sich besonders auszeichnen, wenn sie die »Loyal Soldier HR-Strategie« verfolgen. Entsprechend ist es bei Unternehmen mit der Differenzierungsstrategie, wenn sie die »Committed Expert HR-Strategie« anwenden (vgl. Stewart & Brown, 2019, S. 61).

Es steht aber auch außer Frage, dass die (wohlüberlegte) Orientierung an Best Practice und genereller Evidenz nicht außen vor bleiben darf, d. h. der Blick auf die bestmögliche Methode bzw. Umsetzung sowie eine wissenschaftliche Fundierung. Die grundlegenden Herausforderungen, denen Unternehmen und ihr Personalmanagement gegenüberstehen, betrifft alle.

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