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Cape Wrath ist eine Halbinsel im Norden Schottlands, der von Westen und Norden her die kalten Atlantikwinde zusetzen und die im Osten durch den Kyle of Durness vom nächsten Dorf abgeschnitten ist. Ursprünglich war es die Heimat einiger kleiner Bauern-Gemeinschaften, die das Land bearbeitet und wirtlich gemacht hatten, denn das Cape war beinahe hundert Jahre lang unbewohnt gewesen, zum Teil dank der Highlands Clearances des 18. Jahrhunderts und der Tatsache, dass man um keinen Preis der Welt Match of the Day auf die Mattscheibe bekam, nicht mal mit diesen richtig großen Fernsehschüsseln. Ein Großteil des Landes war gesperrt und wurde von der RAF für Bombenübungen benutzt, und die wenigen Straßen, die die Insel aufweisen konnte, waren im Winter und manchmal sogar im Sommer vollkommen unpassierbar. Im Norden gab es einen Leuchtturm und ein paar vereinzelte Einsiedler, die sich in den Granitsteinbuchten der zerklüfteten Küstenlinie vor der Welt versteckten, aber wenn ich nach Abgeschiedenheit suchte, versicherte mir der Immobilienmakler, dann war das eine der letzten unberührten Landschaften in ganz Großbritannien.

Es klang perfekt, wenn auch ein bisschen weit von Geschäften entfernt.

TAIGH NAM MARBH war schon so lange auf dem Markt, dass es mittlerweile unter schottischen Maklern als die Bundeslade der Grundstücksgeschäfte galt. In den letzten zwanzig Jahren war es ein halbes Dutzend Mal aus den Büchern genommen worden, aber fast direkt nach dem Verkauf war das verfluchte Cottage wieder aufgetaucht, da der jeweilige Pächter es entweder plötzlich verlassen hatte oder spurlos verschwunden war. Die Sachlage war auf jeden Fall höchst mysteriös, aber wie das Glück es wollte, lag es aufgrund dieser Umstände perfekt in meiner und Rachels Preisklasse. Ich kaufte es ungesehen und zahlte den Preis in bar.

»Ich bin mir sicher, Sie werden dort sehr glücklich sein«, meinte der Makler mit einem unkontrollierbaren Strahlen, das ihn wie einen Mann aussehen ließ, der es kaum erwarten konnte, die Buschtrommeln zu schlagen und seinen Kumpels diese absolut unglaubliche Nachricht zu erzählen.

Ich fuhr zur Farm und sammelte Rachel im Schutz der Dunkelheit dort ein. Der Mond nahm gerade ab und mein Fluch war damit für die nächsten vier Wochen erst einmal gebannt. Meine Scheinwerfer erfassten Rachel, die auf dem Feldweg vor der Scheune bereits auf mich wartete. Ihre Augen waren geweitet und ihr ramponiertes Nachthemd mit frischen Blutflecken befleckt.

»Was hast du getan?«, wollte ich sofort wissen, sprang aus dem Auto und zuckte beim Gestank von Tod in ihrem Atem angewidert zurück.

»Ach, John, sei doch bitte kein Heuchler. Das steht dir nicht«, antwortete sie mit einem missbilligenden Seufzen, nahm auf dem Beifahrersitz Platz und legte ihren Sicherheitsgurt an, während ich schweren Herzens zum Bauernhaus hinübersah. Drinnen rührte sich nichts. Nur ein einzelnes Licht brannte auf der Veranda, doch sonst war alles ruhig.

»Wie viele?«, fragte ich beklommen. Der Bauer hatte eine Frau und drei Kinder, soweit ich mich erinnerte.

»Nur einen«, versicherte sie mir stolz.

Ich fand ihn kopfüber in der Scheune hängend. Sein Hals war aufgeschlitzt worden und fast sein gesamtes Blut war aus ihm herausgeflossen. Ich war schwer von Rachel enttäuscht, stellte aber zu meiner Überraschung fest, dass es weder der Bauer noch seine Frau war. Sie waren nach Rachels Aussage mit den Kindern in die Stadt gefahren, um sich einen Film anzusehen. Der Typ, der an den Füßen in der Scheune hing, war ein opportunistischer Nachbar, der die letzten sechs Jahre ihre Eier gestohlen hatte, während sie fort waren und ihren Familien-Donnerstag genossen. Das hatte er Rachel nämlich erzählt, bevor sie ihm die Kehle rausgerissen hatte. Das hier war anscheinend seine Strafe.

»Ich fand es nur fair«, erklärte Rachel, als ich ihren Sarg in den Kofferraum unseres Autos lud. »Der Bauer war immerhin so nett, uns bleiben zu lassen, und ich hab mir ja nur ein paar Hühner genommen.«

»Und eine Ratte«, rief ich ihr in Erinnerung.

»Und eine Ratte«, bestätigte sie. »Ich fand, dass ich ihm etwas für seine Gastfreundschaft schuldete.«

So entsetzlich das auch war, musste ich zugeben, dass es doch eine Art Fortschritt war, denn vor dreißig Jahren hätte der Bauer, genau wie der Kerl in der Scheune, auf komplett unschöne Weise mit seiner Familie abgehangen.

Rachel machte also definitiv Fortschritte.

***

Ich hatte die Voraussicht besessen, ein Allradfahrzeug zu mieten, und darüber war ich jetzt sehr froh. Die Straße, die an der Küste von Cape Wrath entlangführte, war nämlich nicht viel mehr als ein schmaler Streifen aus Schlamm und Gras und unterschied sich vom umliegenden Schlamm und Gras nur insofern, dass weniger Felsen darauf lagen, die man umfahren musste. Aber so viel weniger nun auch wieder nicht.

Unser neues Zuhause lag nur ungefähr fünf Kilometer von der Hauptstraße entfernt, aber es hätten genauso gut fünfzig Kilometer sein können, so wie wir in der Nacht über einen schmalen Pfad holperten, der manchmal direkt über eine steile Klippe hinwegführte. In diesen Momenten war ich dann gezwungen, wieder zurückzufahren und nach der Gabelung im Weg zu suchen, die ich offensichtlich übersehen hatte. Letzten Endes stieg Rachel aus und lief vor mir her, um mir auf dem letzten tückischen Kilometer den Weg zu weisen, bis unsere Scheinwerfer schließlich endlich auf ein verfallendes Cottage fielen.

Eigentlich war verfallen gar kein passendes Wort dafür. Die uralten Steinwände neigten sich in gefährlichen Winkeln und das Dach war mit mehr Möwennestern als Ziegeln bedeckt. Die Hälfte des Schornsteins fehlte, aber glücklicherweise fanden wir die andere Hälfte in der Küche unter dem improvisierten Dachfenster. Die anderen Zimmer hatten die Jahre auch nicht besser überstanden. Neben der Küche befand sich ein schäbiges Wohnzimmer, dessen Bodendielen größtenteils vollkommen verrottet waren, eine Vorratskammer, die so faulig roch, dass ich noch nicht einmal eine Leiche darin aufbewahren würde, und zwei kleine Schlafzimmer oben, in denen man sich mit ausgestreckten Armen kaum im Kreis drehen konnte, die aber so aussahen, als hätte es jemand erst kürzlich versucht. Das Cottage besaß weder Elektrizität noch Gas, verfügte aber über fließendes Wasser – das meiste davon floss die Wohnzimmerwände herunter. Die Hälfte der Scheiben fehlte und die dunklen Holzbalken absorbierten offenbar jeden Funken Helligkeit, weshalb das gesamte Haus in düstere, Unheil verkündende Schatten getaucht war.

»Trotzdem immer noch netter als dein letztes Haus«, meinte Rachel, was zwar vollkommen unangebracht war, aber ansonsten schon irgendwie stimmte.

Das einzig Schöne an dem ganzen Cottage war das Bild, das im Flur hing. Jemand hatte sich die Mühe gemacht, das Haus und das umliegende Land in Öl einzufangen, mit großzügigen weißen, blauen und grünen Pinselstrichen, die nahelegten, dass der namenlose Maler anscheinend so viel künstlerisches Talent besaß wie der Makler, der uns das Haus verkauft hatte. Ich hatte ihn zwar nach etwas Abgelegenem gefragt, aber ganz sicher nicht nach einer Ruine.

Rachel beanspruchte sofort die Vorratskammer für sich, also bahrte ich ihren Sarg dort auf dem Boden auf und schaute, ob ich irgendwo Feuerholz auftreiben konnte. In dieser ersten Nacht verbrannte ich kurzerhand die Reste des Treppengeländers und am Morgen begann ich sofort, eine Liste mit Baumaterialien aufzustellen, die ich brauchen würde, um das Haus wieder einigermaßen in Schuss zu bringen. Sie wurde letzten Endes mehrere Seiten lang, aber es fühlte sich gut an, ein Projekt zu haben, das meine Gedanken von dem, was in Thetford passiert war, ablenkte.

Ich hatte die Zeitungen nicht gelesen, daher kannte ich die Identitäten meiner Opfer nicht, aber ich war mir auch gar nicht sicher, ob ich das wollte. Was, wenn ich ein paar der Jungs getötet hatte, mit denen ich mich im Laufe der Zeit angefreundet hatte? Das könnte ich mir niemals verzeihen. Barry war so ein netter Junge gewesen. Farny und Collin auch, auf ihre Weise zumindest, und was Tommy betraf … er hatte in seinem kurzen Leben mehr Probleme gehabt als ich in fast sieben Jahrzehnten. Ich hatte erst mit sechzehn Jahren das erste Mal Monster getroffen, doch er hatte seit dem Tag seiner Geburt mit ihnen zusammengelebt. Gab es etwas Tragischeres als das?

Rachel wusste es besser, als mich mit dieser Sache zu nerven. Ich denke, ihre neu gewonnene Freiheit hatte sie von der Wut befreit, die sie für den Großteil eines Jahrhunderts mit sich herumgeschleppt hatte. Sie war ohne große Diskussionen damit einverstanden, in der ersten Nacht nur Seemöwen zu jagen, und brachte mir in den Falten ihres Nachthemds sogar noch einige Eier mit, die ich mir am nächsten Morgen zubereiten konnte.

Ich machte mir gerade Frühstück und kümmerte mich um meinen eigenen Kram, als ich plötzlich ein Klopfen an der Tür und die Stimme einer Frau hörte, die offenbar hierhergekommen war, um mir mehr als nur eine Tasse Zucker als herzliche Begrüßung anzubieten.

DAS HAUS DER MONSTER - DIE MONSTER SIND ZURÜCK

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