Читать книгу Shinobi - Dem Untergang geweiht - Danny Seel - Страница 12

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6. Das Fest

Währenddessen warf Izuya seinem Sohn einen Seitenblick zu und drehte sich dann zu seinen eigenen Freunden, die alle am selben Tisch saßen.

„Ryuzakikun scheint einen guten Tag zu haben“, meinte Yujiro.

Rintaro, ein eher schweigsamer, aber weiser Typ, nickte zustimmend. „Ja, er scheint sich zu amüsieren.“

„Warum sollte er es auch nicht tun? Jetzt wird sein Leben viel aufregender mit Momochisamas ‚kleinen Aufgaben‘“, meinte Suzaku, Mineyos älterer Bruder, der auch der Jüngste und Unerfahrenste der sechs Waffenbrüder am Tisch war.

„Ich gratuliere dir, Izuya. Er ist jetzt ein vollwertiges Mitglied deiner kleinen Familie“, beglückwünschte ihn Teruo, ein magerer und zurückhaltender Mensch, der sich nach fast zwei Jahren in Nabari dort komplett eingelebt hatte. „Genpuku war schon für jeden Mann ein wichtiges Ereignis.“

„Ich kann mich an meinen Genpuku erinnern, als ob es gestern gewesen wäre“, kommentierte Suzaku gedankenvoll.

„Das ist doch nur deshalb, weil du deinen Genpuku erst vor fünf Jahren hattest!“, fügte Daisuke hinzu, ein siebenundvierzigjähriger Mann, der nie eine Gelegenheit verpasste, über Suzaku zu scherzen. Er war der größte sowie der ungepflegteste der Männer am Tisch, denn sein Haarknoten schien nur flüchtig zusammengebunden worden zu sein und sein länglicher Bart hing zerzaust von seinem Kinn herab. Es war ein großer Kontrast zwischen ihm und Rintaro, dessen Kleidung, Schnursowie Kinnbart vollkommen gepflegt und symmetrisch wirkten.

„Möchtet ihr Dango?“

Die sechs Männer sahen auf und erblickten eine Frau, die eine Schale hielt, auf der mehrere süße, gespießte Klöße lagen.

„Ah, Sayuri. Vielen Dank“, bedankte sich Izuya bei seiner Schwester und nahm einen der Dango in Empfang. „Die Gastgeberin muss ja begeistert sein, dass du darauf bestanden hast, ihr bei der Zubereitung der Speise zu helfen, obwohl du hier selbst Gast bist.“

Seine Kameraden folgten seinem Beispiel und bald wurde die Schale gelehrt.

„Gern geschehen“, sagte Sayuri zufrieden, bevor sie sich entfernte, um mehr Klöße zu holen und diese auszutragen.

„Ach ja“, erinnerte sich Rintaro, „Dort drüben sind einige Okonomiyaki, die meine Frau gemacht hat.“

Mit einer Handbewegung zeigte er auf zwei Schalen, die etwas abseitsstanden.

„Dann lass sie uns mal probieren“, sagte Teruo gespannt. Daisuke, Yujiro und er griffen alle drei nach einem der gebratenen Pfannkuchen und kosteten sie.

„Wenn jede Frau so gut kochen könnte, dann wäre das Essen Grund genug, um zu heiraten“, kommentierte Teruo.

„Nicht weit von der Wahrheit entfernt“, nickte der Chūnin.

„Hey, ihr habt das doch alle gehört?“, fragte Daisuke aufgeregt, sich an die restlichen vier anwesenden Männer wendend. „Wenn du wirklich von dieser Überzeugung bist, dann erklär’ uns mal, warum du immer noch nicht verheiratet bist!“

„Pah! Ich bin doch schon zu alt dafür“, antwortete Yujiro. „Ich kenne einen oder zwei Männer meines Alters, die bereits Großväter sind.“

„Daisuke.“ Izuya hatte ein spöttisches Lächeln aufgesetzt. „Hast du etwa vergessen, dass Yujiro Frauen als koexistente Geschöpfe betrachtet?“

„Als ob!“ Schmunzelnd gab der Chūnin seinem älteren Bruder einen kameradschaftlichen Rippenstoß. Die anderen lachten bloß. Es war eine muntere Mischung aus Männern, die wussten, wie man sich an Festtagen amüsierte.

Auf einmal äußerte sich Teruo. „Mir wird’s hier drin langsam zu heiß. Wer möchte draußen einen kleinen Spaziergang machen?“

„Ich bin dabei.“ Suzaku und Yujiro erhoben sich ebenfalls und warteten auf die Reaktionen der anderen.

„Nein, also ich bleibe. Es ist schön gemütlich hier drin“, verneinte Daisuke.

„Was ist mit euch?“, wollte Suzaku wissen. Doch die anderen schüttelten den Kopf. „Dann werde ich Chūnin Kiyonori Yujiro bitten müssen diesen faulen Kerle, die sich Genin nennen, auf die Beine zu helfen.“

„Alle aufstehen! Zeit sich die Beine zu vertreten“, kommandierte Yujiro mit scherzhaft ernster Stimme.

„Ja, ja sofort, Kiyonorisan“, erwiderte Daisuke spottend mit einer tiefen Verbeugung, nachdem er sich erhoben hatte.

„Dies war keine Bitte – dies ist ein Befehl!“

Die humorvollen Versuche des Chūnin, sie zum Gehorchen zu bringen, überzeugten sie schließlich, und sie standen mit leicht gespielten, unterwürfigen Gesten auf.

Bevor sie das Zimmer verließen, blieb Izuya stehen und wandte sich an Ryuzaki sowie dessen Freundeskreis: „Wir machen jetzt einen kurzen Spaziergang. Wollt ihr mitkommen?“

„Nein, danke“, antwortete sein Sohn. „Ich bleibe lieber hier.“

Sobald dies geklärt war, schlenderten die sechs Männer aus dem Zimmer und überquerten die offene Fläche unter dem Dach des Gasthauses, wo zwei oder drei Bauern auf Bänken saßen und eine leichte Mahlzeit genossen. Yujiro und seine Kameraden gingen an ihnen vorbei und begaben sich in eine unbestimmte Richtung.

„Schade, dass Genpuku nur einmal im Leben jedes Mannes stattfindet. Andere Anlässe, solche Speisen aufgetischt zu bekommen, hat man nicht oft“, äußerte sich Suzaku zufrieden.

„Ja.“ Daisuke war einer Meinung mit ihm. „Das einzige Problem ist, dass man sich selbst im Zaum halten muss, um nicht am nächsten Tag aufzuwachen und bemerken, dass man zugenommen hat.“

„Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das mit dem Alter wird“, gab der Chūnin spaßig einen Kommentar ab.

„Hey! Ich bin doch nicht alt!“ Die anderen lachten bloß über seine Reaktion. „Na gut“, gab er schließlich zu. „Ich bin alt genug, um mich noch an den Tag zu erinnern, an dem du und dein Bruder vor über zwanzig Jahren fast mein Haus abgefackelt hattet!“

„Aber das war doch nicht mit Absicht!“, protestierte Izuya. „Wir wollten bloß ein Lagerfeuer machen.“

„Mitten im Dorf?!“ Daisuke setzte so ein gespieltes ernst dreinblickendes Gesicht auf, dass die anderen erneut lächeln mussten.

„Wann war das denn?“, wollte Suzaku interessiert wissen.

„Damals warst du noch nicht einmal auf der Welt“, schüttelte Yujiro schmunzelnd den Kopf. „Aber das waren lustige Zeiten …“

Am Ortsrand angekommen, blieben sie wie auf ein Kommando stehen. Alle sechs verstummten in Ehrfurcht, als sie die ungezähmte Landschaft ihrer Heimat sahen.

Die Sonne stand noch hoch am Himmel und erleuchtete den weitläufigen Wald, der sich vor ihnen auf dem Gebirge erstreckte. Ein kleiner Fluss zog sich dort kurvenförmig in die Länge, dessen Wasser kristallklar war und die Strahlen der Sonne widerspiegelte, wobei es sich einem leuchtenden Krystal ähnelte. Der Kontrast zwischen den vielen, intensiven Farben war von solch einer natürlichen Schönheit, dass eine volle Minute verging, bevor einer der Männer überhaupt ein Wort aussprechen konnte.

„Die Sicht ist einfach atemberaubend“, flüsterte Izuya und schloss die Augen. Mit einer fast ehrfürchtigen Langsamkeit zog er die frische Luft ein.

„Iga ist ein wunderschönes Juwel inmitten unseres kriegführenden Landes. Es ist eine der wenigen Provinzen, in der Frieden und Harmonie ihre Herrschaft hat“, lobte Rintaro seine Heimat.

„Es waren diese Landschaft, diese Berge, die unsere Vorväter jahrhundertelang als Wächter gedient und machtgierige Daimyō von uns ferngehalten haben“, setzte Daisuke fort. Er schien in nostalgische Erinnerungen zu verfallen.

„Dann glaube ich, dass wir uns alle über eines einig sind …“ Yujiro setzte eine Pause ein, „… wir werden Iga mit unseren Leben verteidigen, wenn es zu einem Krieg kommt.“

Alle außer Izuya stimmten sofort zu. Der Letztere zog etwas argwöhnisch die Augenbrauen zusammen.

„Weißt du etwa noch mehr darüber?“

Sein Bruder sah ihn mit einem ernsten Ausdruck an und nickte. „Die Zeit des Friedens nähert sich ihrem Ende …“

„Was meinst du damit?“, fragte Suzaku erschrocken. „Wir haben doch erst vor eineinhalb Jahren einem starken Angriff widerstanden.“

Yujiro starrte vor sich hin, als er sich nachdenklich auf die Lippen biss. Als Assistent des Jōnin gab es nicht wenige Informationen, über die er Bescheid wusste, seine Waffenbrüder jedoch darüber im Ungewissen ließ. Nach einigem Grübeln blickte er zu seinen Begleitern auf. Seine Miene schien Entschlossenheit auszudrücken.

„Ich kann euch keine genaueren Informationen preisgeben, da wir selbst diese Vermutung noch nicht mit völliger Sicherheit bekräftigen können. Aber ich habe schon einen Genin im Auftrag von Momochisama ausgesandt, um uns eine klare Antwort über diese Angelegenheit zu verschaffen.“

„Der Nagel, der herausragt, wird flachgehämmert“, flüsterte Rintaro düster.

„Das heißt doch nicht, dass wir uns auf einen weiteren Krieg vorbereiten müssen?“, fragte Suzaku das für ihn Undenkbare.

„Vielleicht. Haltet euch einfach bereit. Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Sollten jedoch unsere Vermutungen stimmen, dann werden nicht einmal die Götter in der Lage sein uns von dieser Macht zu erretten.“

Mit diesen Worten entfernte sich Yujiro von seinen Freunden. In Zeiten wie diesen wurde er von vielen Verantwortungen geplagt und das Verlangen nach dem Alleinsein nahm immer mehr zu.

Ein paar Minuten lang wanderte er weiter, bis er außer Sicht seiner Waffenbrüder war. Schließlich blieb er stehen und blickte auf die hohen Berge. Er meinte spüren zu können, dass sein Leben bald auf den Kopf gestellt werden würde. Und dieses Gefühl wurde von Tag zu Tag stärker …

„Yujiro? Ist alles in Ordnung?“

Kiyonori drehte sich um. Teruo kam einige Schritte näher, bevor er beunruhigt anhielt.

„Ja, ich glaube schon“, erwiderte der Chūnin. „… wenigstens hoffe ich es.“

Er verstummte und sein Blick wanderte wieder zu der Landschaft. Teruo ging weiter, bis er direkt neben ihm stand, und betrachtete ebenfalls das prachtvolle Naturbild vor ihnen. Einige Zeit lang sagte niemand etwas.

„Yujiro“, begann Teruo zögerlich. „Gab es je einen Zeitpunkt in deinem Leben, wo du genau wusstest, was du tun sollst … aber als der Moment kam, du es nicht tun konntest?“

„Natürlich, wieso fragst du? Kann ich dir irgendwie helfen?“

Teruo schüttelte den Kopf. „Das ist genau das Problem. Es gibt etwas, das ich alleine tun muss. Etwas, das ich nicht tun möchte, doch ich weiß, dass es unausweichlich ist.“

„Wovon redest du?“ Der Chūnin fing an sich Sorgen zu machen.

„Es ist schwierig zu erklären. Ich denke … ich meine …“ Er machte eine Pause. „Ach bitte, vergiss es einfach.“

Kiyonori sah ihn fragend an, gehorchte jedoch der Etikette, obwohl er vom Benehmen seines Freundes sehr verwirrt war. Teruo seufzte niedergeschlagen und ging mit langsamen Schritten davon.

Fragen durchströmten Yujiro, doch er schob sie alle beiseite. Sobald Teruo bereit war, mit ihm seine Gedanken zu teilen, dann würde er es auch tun.

Nach einigen Sekunden des Nachdenkens wurden ihm Erinnerungen wieder ins Gedächtnis gerufen. Es war – wie immer – das dunkelste Ereignis seiner Kindheit.

Der Chūnin stand dort noch eine Zeit lang. Er wusste nicht, ob es eine Stunde oder bloß einige Minuten waren. Ihm war es auch nicht wichtig. Er hatte das Gefühl nicht mehr auf dieser Welt zu sein. Er fühlte sich in seiner Vergangenheit gefangen.

„Kiyonorisan!“

Unvermittelt erstarrte er, als er diesen Ruf vernahm und die Stimme identifizierte. Diese Stimme hörte sich zugleich erfreut und zornig an. Diese Stimme hatte einen bedrohlichen Klang. Und vor allem … diese Stimme gehörte seinem Rivalen Katō Noriaki.

Shinobi - Dem Untergang geweiht

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