Читать книгу Ich bin ein japanischer Schriftsteller - Dany Laferriere - Страница 16

Objekte

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Kleine, schön geformte Objekte, hergestellt, um dem Auge und der Hand zu schmeicheln, findet man heute haufenweise auf unserem Planeten. Sie reizen zu einer Berührung, verführen zu einer gedankenlosen Geste, etwa wie man eine Katze streichelt. Die Katze ist ein solches Objekt, aber lebendig. Bekannt ist die Vorliebe der Hand für längliche Gegenstände von schwarzer Farbe. Wie können wir in das Innere des Gegenstands dringen? Ist es eine Frage des Volumens oder der Oberfläche? Jedenfalls bereitet uns das Darüberstreichen Genuss. Jeder Gegenstand enthält in seinem Kern einen winzig kleinen Gegenstand von gleicher Gestalt. Ein Objekt im Inneren des Objekts. Sein trockener Kern. Leer. Ein Sprung durch den Raum. Die Tropen. Mein Blick ist von der tropischen Frucht geprägt: rund, farbig, duftend und essbar. Sie enthält ebenfalls einen Kern. Eine Frucht, die wir uns einverleiben können, verliert aber etwas von ihrem Geheimnis. Hingegen können wir bei einem Objekt nicht unter die Oberfläche dringen. Das Objekt dringt in uns ein, während wir sein Inneres nicht berühren können. Es bleibt so abweisend wie ein Samurai. Um uns herum haben sich inzwischen so viele Gegenstände angehäuft, dass sie uns die Illusion einer warmen Beziehung vermitteln. Wir achten nicht mehr darauf, dass sie da sind. Wir ziehen uns vor ihnen aus, ohne rot zu werden. Wir essen vor ihnen. Wir schreien uns vor ihnen an. Wir vögeln vor ihnen. Unaufhörlich werden Gegenstände fabriziert, die am Ende unser Leben gestalten. Die Menschen benutzen immer häufiger Objekte, um sich gegenseitig zu berühren. Dass Objekte bereits unser Sexleben beherrschen, ist nicht mehr zu leugnen – die Notaufnahmen der Krankenhäuser sehen so einiges. Japan stellt wie wild funktionslose, schöne Objekte her. Mit welchem Ziel? Sollen wir uns in sie verlieben? Steht dahinter ein großer Plan? Sollen die neuen Objekte, die auf uns niederregnen, irgendwann die Haustiere ersetzen? Wir sollten unsere Beziehung zur mineralischen Welt überdenken. Tier und Pflanze verlieren auf der emotionalen Ebene an Terrain. Ein Vorteil des Objekts ist, es altert nicht. Ich trage immer eine Kamera bei mir – das einzige Objekt, das sehen kann.

Ich bin ein japanischer Schriftsteller

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