Читать книгу ZOMBIE RULES - David Achord - Страница 11
Tod eines Schlägers
ОглавлениеRicks Liste war ganz schön eigenartig. Manche der Sachen waren einleuchtend. Zahnbürsten und Zahnpasta, Zahnseide, Rasierklingen, Toilettenpapier und Trockenmilch. Manches auf der Liste stach jedoch heraus, so wie Tampons oder Vaseline. Nichtsdestotrotz konnte ich beinahe alles in Sam's Großhandelsladen finden. Den Rest der Sachen besorgte ich im örtlichen Kroger-Markt und bezahlte an der Selbstbedienungskasse. Ich weigerte mich allerdings, die Tampons zu kaufen, da ich überzeugt davon war, dass Rick sich damit nur einen Scherz mit mir erlaubt hatte. Die paar Beutel konnte ich alleine tragen, selbst mit meinen kaputten Rippen. Ich war gerade an meinem Pick-up angekommen und komplett in Gedanken versunken, als plötzlich jemand hinter mir auftauchte.
»Hallo Milchschnitte.«
Ich drehte mich abrupt um, was äußerst schmerzhaft war. Meine Grimasse erntete ein sadistisches Gackern. »Tut's noch weh, Junge?« Ich sah ihn mir genauer an und erkannte ihn nun wieder. Er war einer von Jasons Freunden. Genauer gesagt, war er der Center des Footballteams und eines der Arschlöcher, die mich getreten hatten. Erst, als ich ihn vor mir sah, machte es bei mir Klick. Er war mindestens eine Handbreit kleiner als ich, wog aber bestimmt hundert Pfund mehr. Das meiste davon war allerdings Fett, doch es waren auch ein paar Muskeln darunter. Er sah wie ein zurückgebliebener Höhlenmensch mit seiner zur Seite gedrehten Baseballkappe aus. So, wie alle zurückgebliebenen Höhlenmenschen sie nun mal tragen.
»Ich habe Hallo gesagt. Sag' was oder willst du mich etwa beleidigen, Milchschnitte?« Er kam noch einen Schritt näher.
»Was zum Teufel willst du?«, fragte ich bestimmt. Allerdings war da ein Hauch von Unsicherheit in meiner Stimme und ich zweifelte nicht daran, dass er es auch hörte.
»Ich habe gehört, du warst bei der Polizei.« Er betonte es: Po-lizei. Ausdruck gehörte also offenbar nicht zu seinen Stärken.
»Sie sind zum Krankenhaus gekommen und haben einen Bericht aufgenommen. Daran hättet ihr denken sollen, bevor ihr mich angegriffen habt«, sagte ich ruhig, während ich einen Schritt zurückwich. Ich glaubte, dass ich ihn leicht hätte abhängen können, selbst mit der Rippenverletzung, aber ich zögerte, meinen Pick-up schutzlos zurückzulassen. Auf einmal erklangen in der Ferne Gewehrschüsse. Ich fragte mich, wer da wen erschoss, und schaute automatisch in Richtung der Schüsse. Das war eine äußerst schlechte Entscheidung.
Er mochte zwar fett sein, aber er war auf kurze Distanzen sehr schnell. Bevor ich reagieren konnte, machte er einen Schritt nach vorn und schlug mir in den Bauch. Ich keuchte auf und klappte dann vor Schmerzen zusammen.
»Du dummes Arschloch. Du hättest den Bullen besser nix gesagt. Jetzt wirst du dafür bezahlen. Wo ist der Haufen Kohle, den ich vorhin gesehen habe, he?« Er stand nun über mir und zog meinen Geldbeutel aus meiner hinteren Hosentasche. »Da ist es ja. Das ist gutes Geld.« Er schnappte sich das restliche Geld, ein paar Hundert Dollar, und warf meinen Geldbeutel auf den Boden. Ich war inzwischen auf allen vieren. Ich konnte hören, wie er mich auslachte. Außerdem vernahm ich in der Ferne Sirenen, wusste aber instinktiv, dass sie nicht meinetwegen kamen.
»Mein Kumpel macht es bestimmt jetzt gerade mit der kleinen blonden Schlampe. Du hast gedacht, die gehört dir, stimmt's? Die Schlampe gehört meinem Kumpel, nicht dir. Weißt du was, Milchschnitte, ich glaube, ich mache aus dir meine Schickse. Du schuldest mir nämlich was.«
Ich weinte wieder, was mich wütend machte. Dass er so über Macie sprach, machte mich wütend. Ricks Geld zu klauen, machte mich auch wütend. Mich seine Schickse zu nennen, nun, das war geradezu verstörend. Ich sah zu ihm hinauf. Er griff sich in den Schritt und grinste mich lüstern an. »Ja, Schlampe, du kannst mir einen Gefallen tun.«
In diesem Moment legte sich bei mir irgendwie ein Schalter um. Meine Hand fand das Messer in meiner Tasche, ich klappte die Klinge aus und sprang dann mit einem kehligen Schrei auf.
Ich weiß nicht, wie oft ich zustach. Ich war wie im Rausch. Als es vorbei war, lag er tot auf dem Asphalt. Wir waren zwischen meinem Pick-up und einem anderen Wagen gelandet. Ich atmete schwer und meine Rippen taten höllisch weh. Überall auf mir war Blut. Ich saß da auf dem kalten Beton neben meinem Peiniger und rang nach Luft. Er atmete nicht mehr. Zum Glück versperrten mein Pick-up und das andere Auto größtenteils die Sicht auf uns. Ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur dasaß und nach Luft schnappte. Mein Verstand war wie benebelt und meine Gedanken liefen in Zeitlupe ab. Ich wusste nicht, was ich jetzt tun sollte.
Rick! Ich sollte Rick anrufen.
Das Gespräch verlief in etwa so: »Rick, ich habe gerade jemanden erstochen. Ich glaube, er ist tot.«
»Kein Scheiß?«
»Kein Scheiß! Ich meine es ernst, Rick. Ich würde über so etwas doch keine Witze machen.« Ich erzählte ihm schnell, was passiert war. »Was mache ich denn jetzt?«
Er nahm einen tiefen Atemzug und sagte dann eindringlich: »Hör mir gut zu. Antworte nur mit ja oder nein. Sieh dich kurz um, aber mache es nicht zu auffällig. Ist da irgendjemand, der dich sehen kann?«
Ich lugte über meinen Pick-up und sah mich betont locker um. Doch da war niemand in unmittelbarer Nähe, nur ein älteres Pärchen am anderen Ende des Parkplatzes. Sie hatten die Köpfe gesenkt und liefen eilig zu ihrem Auto. Ich gab diese Information an ihn weiter.
»Okay, gut. Nimm jetzt die Einkäufe und das Geld und dann solltest du so schnell wie möglich von dort abhauen.«
Ich begann, nach der Polizei zu fragen, aber er schnitt mir das Wort ab. »Nein! Hör mir zu. Du musst jetzt gehen, aber dalli! Mache, was ich dir sage und schwing dich ins Auto. Leg nicht auf, ich warte solange.«
Ich sammelte das Geld aus der toten Hand ein, schnappte mir die Einkaufsbeutel und setzte mich in den Wagen. Einen Moment später stieg ich wieder aus und hob meinen Geldbeutel vom Boden auf. Ich sah mich noch einmal um, versuchte, es lässig aussehen zu lassen, und kletterte wieder in meinen Pick-up und verriegelte die Türen. Das schien mir irgendwie angemessen zu sein. Ich gab alles an Rick weiter.
»Alles klar, du machst das sehr gut, Junge. Jetzt fahr langsam los, so, als wäre gar nichts passiert. Aber ich möchte, dass du die Hand unauffällig vor dein Gesicht hältst und an den Laternenpfählen hinauf siehst, aber nur mit den Augen. Nicht den Kopf heben. Siehst du irgendwelche Sicherheitskameras?«
Ich blickte durch die Windschutzscheibe nach oben. Ich konnte eine am hinteren Ende des Parkplatzes in der Nähe der Haupteinfahrt erkennen. Rick wies mich daraufhin an, in die andere Richtung zu fahren und diese Ausfahrt zu nehmen. Er blieb die ganze Zeit über in der Leitung, bis ich die Farm erreichte, sprach mit mir und beruhigte mich. Es half allerdings nicht viel. Ich war mir sicher, dass jeden Moment Blaulicht in meinem Rückspiegel auftauchen und ich verhaftet werden würde.
Aber das geschah nicht.
Einige Minuten später fuhr ich über die gatterlose Brücke auf die Farm. Ich sah, dass Rick mit den Kötern an der Scheune auf mich wartete. Sie wedelten dankbar mit den Schwänzen, als ich heranfuhr. Als ich aus dem Pick-up stieg, sah Rick mich aufmerksam an.
»Herr im Himmel. Zieh sofort die Klamotten aus, dann spring unter die Dusche und schrubbe dich richtig ab.«
Ich sah nach unten und mir fiel erst jetzt auf, dass ich komplett mit Blut besudelt war. Curly versuchte die ganze Zeit, mich abzulecken und ich musste ihn wegschieben. Ich tat, was Rick mir gesagt hatte, ohne mich zu beschweren.
Die Dusche war heiß und wohltuend, aber ich konnte einfach nicht aufhören zu zittern. Mein Verstand sagte mir, dass es eine natürliche Reaktion auf den vorherigen Adrenalinschub war, aber das zu wissen, linderte weder die Symptome, noch konnte es meine Nerven beruhigen.
Dreißig Minuten später war ich sauber und trug frische Kleidung. Rick hatte ein Feuer in Gang gebracht und meine Klamotten hineingeworfen, einschließlich meiner Schuhe. Als sie verbrannten, füllten sie das Haus mit dem Gestank von verschmortem Gummi. Er sah mich an und reichte mir dann seine allgegenwärtige Whiskey-Flasche. Zögerlich nahm ich einen Schluck und verschluckte mich dabei prompt. Er grunzte und nahm die Flasche wieder an sich.
»Ich habe deinen Wagen ausgeladen. Bist du fit genug für ein bisschen Arbeit?«, fragte er. Ich nickte. In Wahrheit tat mir alles weh, aber ich musste mich unbedingt ablenken. »Unter der Küchenspüle befinden sich ein paar Gummihandschuhe und ein großer Schwamm. Du holst dir einen Eimer mit heißem Wasser, machst etwas Bleiche hinein, etwa zwei Tassen voll, und schrubbst jeden Zentimeter deines Pick-ups sauber, sowohl drinnen als auch draußen. Anschließend fahren wir damit im Dreck und Schlamm herum und machen ihn wieder dreckig.«
»Warum soll ich das denn machen?«, fragte ich verwirrt.
»Himmel, Mann, du weißt doch wohl, warum. Wir wollen das Blut und die DNA von dem Jungen nirgendwo an deinem Wagen haben. Mache dir keine falschen Hoffnungen, wir sind noch nicht über den Berg. Es könnte Zeugen geben oder die Überwachungskamera könnte alles aufgezeichnet haben. Aber, und das ist ein großes Aber, wir könnten Glück haben. Falls uns die Polizei einen Besuch abstattet, wirst du zugeben, dass du beim Kroger-Markt warst, und dass der Junge wahrscheinlich einer der Jungs war, die dich angegriffen haben, aber du hast ihn nicht gesehen und du hattest auch keinerlei Konfrontation mit ihm. Kapiert? Falls sie noch mehr Fragen stellen, die klingen, als ob sie Bescheid wüssten, stellst du dich einfach dumm und kriegst einen Anwalt, okay?«
Ich nickte. Es schien alles absolut logisch zu sein. Er sah mich nicht unfreundlich an. »Du denkst gerade darüber nach, was du getan hast, oder? Du glaubst, du hast jemanden ermordet, stimmt's?«, fragte er. Ich nickte wieder. Das Zittern trat plötzlich wieder in Erscheinung. »Okay, Junge, lass mich dir mal etwas sagen. Falls du dich selbst stellen willst, dann viel Glück dabei. Ich werde dir in den Knast schreiben, falls diese Grippe-Geschichte nur vorübergehend ist. Aber sieh das doch mal so: Der Kerl hat verdient, was er gekriegt hat. Wenn du ihn nicht erstochen hättest, wer weiß, was er mit dir angestellt hätte. Du hast einfach nur getan, was du tun musstest. Ich will deswegen kein Gewinsel von dir hören. Stimmt's, Jungs?« Er sah die Hunde an. Doch diese saßen einfach nur mit leeren und hundeartigen Ausdrücken auf dem Gesicht da. »Siehst du, die Jungs stimmen mir zu.«
Ich pflichtete ihm wortlos bei und verbrachte die nächste Stunde damit, meinen Wagen abzuwischen. Nachdem ich damit fertig war, fuhr ich ihn auf der Farm umher, um ihn wieder schön schmutzig zu machen. Ich verließ mich voll und ganz auf Ricks Ratschläge. Ich wollte nämlich auf keinen Fall ins Gefängnis. Ich bin dürr, blond, habe nordische Züge, blaue Augen und ein breites Lächeln. Ich bin ziemlich sicher, dass meine Gefängnisfreunde während meines Aufenthalts meinen Namen zu Susi ändern und mich Lippenstift und ein kurzes Kleid tragen lassen würden. Keine sehr angenehme Vorstellung.
Auf Ricks Anraten hinnahm ich noch ein paar Schlucke Whiskey und ging kurze Zeit später ins Bett. Ich dachte, ich könnte niemals einschlafen, aber der Schlaf übermannte mich schließlich doch. Ich wachte allerdings mehr als einmal wegen Albträumen auf. Rick und die Köter merkten davon nichts.