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2.1 Definition: Fremdsprachenunterricht als sozial-kulturelle Praxis

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Als Fremdsprachenlehrerin oder als Fremdsprachenlehrer mit Schülerinnen und Schülern in der Schule zu arbeiten ist eine große Chance und Herausforderung zugleich. Eine Chance deshalb, weil die (Fremd-)Sprache gleichzeitig Medium und ständiges Ziel des Lehr-/Lernprozesses ist. Es gibt nur wenige Fächer, in denen diese Duplizität gegeben ist. Sprache als unverzichtbares Strukturelement eines sozialen Systems und als Zeichensystem zum Austausch von Informationen und Interessen, Werten und Handlungen ist in der Unterrichtsstunde, gleich ob es um Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch oder Chinesisch geht, immer präsent. Die Herausforderung liegt darin, die Vermittlung sprachlicher Strukturen mit dem Erschließen anderer kultureller Gegebenheiten zu verknüpfen. Und dass es in diesem Unterricht nicht nur um die inhaltsorientierte VermittlungInhaltsorientierung durch die Fremdsprache geht mittels der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden, hat Donald Freeman (2016) auf den Punkt gebracht, wenn er schreibt:

The conventional view that content is language with a social dimension needs to be recast. In the language classroom, the content is social processes, which have a language dimension. The social processes are fundamental to the classroom as a classroom; the new language fits into that ecology. (ebd.: 36)

Fremdsprachenunterricht als sozial-kulturelle Praxis fokussiert die Wechselwirkung, die die InteraktionInteraktion auf die Beteiligten in ihrem Verhalten zueinander ausübt. Diese Praxis und die damit verbundenen Beziehungen werden lokal und immer wieder von Neuem durch die Beteiligten im Kontext erschaffen und konstruiert (vgl. Lantolf 2000). Mit Bezug auf den Ansatz von Oevermann (2002) ist von einem dreistelligen ArbeitsbündnisArbeitsbündnis auszugehen mit den Polen des einzelnen Lernenden, der Klasse sowie den Erziehungsberechtigten (Eltern). Gerade der Bezug zu den Eltern ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe für die Lehrkräfte (vgl. Kapitel 3.3).

Unterricht ist sowohl auf der Seite der Unterrichtenden als auch auf der Seite der Unterrichteten geprägt von einem Verhalten, das – abgesehen von den professionellen Kompetenzen – u.a. von Variablen wie Kognitionen und einer affektiven Dimension, subjektiven Theorien und individuell-psychologischen Dispositionen beeinflusst wird. Die Schülerinnen und Schüler ihrerseits intervenieren intentional auf der Arbeits- bzw. Aufgabenebene, die aber eng mit Variablen der Beziehungsebene wie u.a. Angst und Langeweile verwoben ist. Eine Folge ist die Herausbildung bestimmter kultureller Schemata wie z.B. die Klassifizierung des Interaktionspartners bzw. der Interaktionspartnerin.

Gut zu wissen

Die Erforschung der InteraktionsprozesseInteraktion im Unterricht ist seit Jahrzehnten ein Anliegen sowohl der Sozial- als auch der Erziehungswissenschaften und der Psychologie. Lüders (2014) hat in einem Überblicksartikel die unterschiedlichen Forschungstendenzen ausführlich beschrieben. Mit Bezug auf diese Publikation stellt die nachfolgende Synopse die Schulen der Interaktionsforschung und ihren jeweiligen Forschungsansatz dar.

Schwerpunkt/Bezeichnung Zeitraum Fokus
Klassische Interaktionsanalyse (Vertreter: Flanders) 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts Interaktionales Geschehen wird in behavioristische Kategorien als Prozess-Produkt-Ergebnis interpretiert
Sozialpsychologische Interaktionsforschung (Vertreter: Groeben) Ende des letzten Jahrhunderts Im Mittelpunkt steht die Wechselwirkung zwischen Persönlichkeitsmerkmalen von Lehrern und Schülern
Symbolischer Interaktionismus/Ethnomethodologie (Vertreter: Garfinkel) ab 70er Jahre des letzten Jahrhunderts Interesse an der Frage, mit welchen Bedeutungsvorstellungen Personen in bestimmten sozialen Situationen handeln
Diskursanalyse (Vertreter: Ehlich/Rehbein, Sinclair/Coulthard) ab 80er Jahre des letzten Jahrhunderts Erkennen der überindividuellen, institutionellen Muster sprachlichen Handelns; Kontextabhängigkeit der sprachlichen Äußerungen

Tab. 3: Übersicht der Forschung zur Interaktion.

Unter dem Einfluss des Paradigmas der Bildungsforschung widmete sich die Interaktionsforschung in den letzten Jahrzehnten einerseits stärker sozialen Einzelaspekten des Unterrichts wie der Frage nach dem Umgang mit HeterogenitätHeterogenität, den Verfahren der kognitiven Aktivierung von Lerngruppen oder auch den Formen inklusiven Unterrichts. Andererseits wurde durch die Hinwendung zur KompetenzorientierungKompetenzorientierung und damit zum aufgabenorientierten UnterrichtAufgabenorientierung immer auch der Blick auf die zu vermittelnden Inhalte gelenkt, wobei insbesondere im Fremdsprachenunterricht die kulturelle Dimension mit reflektiert wurde.

Wenn nachfolgend die komplexe soziokulturelle Struktur des Fremdsprachenunterrichts in eine fachbezogene und eine lernerbezogene Dimension unterteilt wird, so erfolgt diese Unterscheidung allein aus Gründen der besseren Verständlichkeit. Die jeweilige Interaktion der Ebenen miteinander, ihre Überlagerung und Vermischung sollten hier mitgedacht werden.

Kontextsensibler Fremdsprachenunterricht

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