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Traditionelle Fremdsprachenlehr-/-lernmethoden

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Der Fremdsprachenunterricht hat sich in der Vergangenheit weitgehend an Prämissen orientiert, welche zum jeweiligen Zeitpunkt erklärten, wie Lernen und Lehren optimal funktionieren oder funktionieren könnten. Bevor dezidiert wissenschaftlich valide Experimente zur Genese von LerntheorienLerntheorien eingesetzt wurden, galt daher die traditionelle Grammatik-Übersetzungs-MethodeGrammatik-Übersetzungs-Methode als Nonplusultra im Fremdsprachenunterricht: Das Erarbeiten von isolierten Regeln und das sich anschließende Übersetzen hatte primär zum Ziel, fremdsprachliche Texte verstehen zu können. Kommunikation in der anderen Sprache hatte keine Priorität, der Unterricht an sich erfolgte in der Muttersprache der Lernenden.

Die Anforderungen der früh beginnenden Globalisierung wirkten sich dann jedoch schnell auch auf die Bedürfnisse von Menschen aus, die möglichst effektiv die Basics einer Sprache lernen mussten, welche sie im Austausch mit Sprecherinnen und Sprechern anderer Sprachen brauchten. Man erkannte, dass die Grammatik-Übersetzungs-Methode hier (mindestens) einen wichtigen Bereich der Fremdsprache, nämlich das Sprechen, ausließ. Eine Methode, die hier durch einen sehr deutlichen Fokus auf mündliche Produktion Abhilfe schaffte, war die Direkte MethodeDirekte Methode. Insbesondere in der Erwachsenenbildung – z.B. von Berlitz-Sprachschulen heute noch eingesetzt – bedient sich dieses andere Extrem folgender Prinzipien: Der Unterricht findet ausschließlich in der Zielsprache statt, fokussiert auf Hören und Sprechen, Grammatik wird induktiv gelehrt. Lehrkräfte, die die Direkte Methode einsetzen, bedienen sich einer Vielzahl von Visualisierungen, Realia oder der Pantomime. Die Interaktion mit den Lernenden erfolgt in der Regel durch Frage-Antwort-Schemata.

Die Audiolinguale MethodeAudiolinguale Methode fokussierte einzelne Kompetenzbereiche (mit Schwerpunkt weiterhin auf Hören und Sprechen), setzte allerdings stark auf die Imitation der Lehrkraft bzw. vorgegebener patterns, in der Regel eingebettet in Dialoge. Die Vorbildkraft der Lehrperson ist hier besonders hoch, genauso wie die nötige Korrektheit der von den Lernenden wiedergegebenen Äußerungen. Die primär aus Frankreich stammende, ebenfalls sehr einflussreiche Audiovisuelle MethodeAudiovisuelle Methode folgte ähnlich der Audiolingualen Methode der Lerntheorie der Zeit, dem Behaviorismus, präsentierte die meist an der Alltagssprache orientierten Inhalte aber primär über Videos oder Bilder bzw. Bildsequenzen. Beide Methoden beeinflussten maßgeblich auch die Einführung von unterstützenden Sprachlabors, in denen die Lernenden üben konnten.

Grammatik- Übersetzungs- Methode Direkte Methode Audiolinguale und Audiovisuelle Methode
Fertigkeiten Lesen, Schreiben Hörverstehen, Sprechen Hörverstehen, Sprechen
Grammatik regelbasiert implizit strukturbasiert
Wortschatz Wortlisten wichtiger als Grammatik in Form von Dialogen
Regelableitung deduktiv induktiv induktiv
Technik Übersetzung Frage – Antwort Drills
Lehr-Lern-Prozess lehrerzentriert Lehrer-Schüler-Interaktion lehrerzentriert (audiolingual) oder medienzentriert (audiovisuell)

Tab. 1: Übersicht der traditionellen Methoden in der Fremdsprachendidaktik.

Moment der Reflexion

Nehmen Sie sich ein beliebiges Fremdsprachenlehrwerk vor – wenn möglich ein älteres und vielleicht eine neuere Auflage. Können Sie bestimmte methodische Schwerpunkte der drei oben beschriebenen Methoden identifizieren?

Diese umfassenderen Methoden – Helene Decke-Cornill und Lutz Küster (2015) nennen sie in ihrer Fremdsprachendidaktik auch „geschlossene Konzeptionen des Fremdsprachenunterrichts“ –, die häufig als „historisch“ herausgestellt werden, sind keineswegs „alt“ in dem Sinne, dass sie nicht mehr eingesetzt werden würden. Tatsächlich werden Aspekte oder grundsätzliche Ideen dieser traditionellen Methoden weiterhin in Klassenzimmern auf der ganzen Welt verwendet, sind methodischer Bestandteil von Lehrwerken und Arbeitsmaterialien oder bedienen (teils auch kulturell) geprägte Glaubenssätze (BeliefsBeliefs) über das Fremdsprachenlernen in institutionalisierten Kontexten. Die Methoden sind in gewissem Maße Produkte ihrer Zeit, bestimmte Formen des Fremdsprachenunterrichts können damit aber auch – wie auch in der Modewelt – wiederentdeckt werden. Louis G. Kelly hat dies bereits Ende der 60er Jahre konstatiert: “Old approaches return, but as their social and intellectual context are changed, they seem entirely new.” (Kelly 1969: 396)

Gut zu wissen: Die Lerntheorien hinter den Methoden

Direkte sowie Audiolinguale Methode folgten im lerntheoretischen Sinne dem Fortschritt ihrer Zeit: Der BehaviorismusBehaviorismus setzte auf pattern drills mit entsprechender positiver oder negativer Konditionierung (Feedback) der Lernenden, ohne jedoch Grammatik überzubetonen. Ähnliches gilt für die NativismusNativismus-Strömung, maßgeblich von Chomsky und Krashen beeinflusst, welche das Fremdsprachenlernen an das muttersprachliche Lernen im Kleinkindalter annähern und sich angeborene Sprachlernmechanismen (Language Acquisition Device und Universalgrammatik) zunutze machen möchte. Dem KognitivismusKognitivismus ist zuzurechnen, dass beim Sprachenlernen entstehende Fehler seitens der Lernenden im kompetenzorientierten Sinne Aufschluss über den aktuellen Lernstand geben können. Dieser als Interimssprache (Interlanguage) bezeichnete Ist-Zustand an sprachlicher Performanz (Bsp. im Englischen: I *goed home.) kann der Lehrkraft zeigen, welche Prinzipien der Zielsprache bereits verinnerlicht wurden und für welche nächsten Schritte entsprechende Unterstützungsmaßnahmen bereitgestellt werden müssen. Andererseits kann eine mangelnde Unterstützung und falsches Feedback zu Fossilisation, d.h. dauerhaft fehlerhaftem Einsatz bestimmter sprachlicher Strukturen führen.

Parallel zu den Entwicklungen instruktionaler Ansätze von Behaviorismus über Nativismus und Kognitivismus entwickelte sich der KonstruktivismusKonstruktivismus als ein lerntheoretischer Ansatz, der die Verantwortung für den Lernprozess in die Hände der Lernenden legt: Sie rekonstruieren hier ihr eigenes Welt- bzw. Sprachverstehen, konstruieren und erfinden selbst Sprache bzw. Äußerungen/Strukturen und gehen mit diesem Wissen kritisch um (dekonstruieren). Während sich dieser Ansatz mittlerweile z.B. in zunehmend offeneren Unterrichtssettings auch methodisch niederschlägt, ist der Konstruktivismus als Idee keineswegs neu: Reformpädagogische Ansätze wie insbesondere die von Freinet und Montessori vertretenen Freiarbeitsformen bedienen sich dieser selbstgesteuerten Lernprinzipien schon lange. An Grenzen stoßen konstruktivistische Lernsettings häufig aufgrund altersgemäß eingeschränkter interaktionaler, entwicklungspsychologischer und kognitiver Leistungsfähigkeit gerade von jungen Lernenden. Hier zeigt sich implizit dann wiederum die Bedeutung der Lehrkraft für den Lernprozess, was auch Lew Wygotski in seinem Konstrukt der Zone proximaler Entwicklung entworfen hat: Es gibt Dinge, die Lernende autonom leisten können, in denen sie kompetent sind bzw. werden können, sowie Bereiche, die außerhalb ihrer unmittelbaren Leistungsfähigkeit liegen. Den jeweils im Sinne von Kompetenzorientierung nächsten logischen Schritt in der Entwicklung bezeichnet Wygotski als Zone proximaler Entwicklung (s. Abbildung 2), die jedoch nur mit Unterstützung (also mithilfe einer dritten Person wie einer Lehrkraft oder auch einem „kompetenteren“ Mitlernenden) gemeistert werden kann.

Diese methodischen wie lerntheoretischen Entwicklungen und Annahmen führten letztlich dazu, dass in der Fremdsprachendidaktik des ausgehenden vergangenen Jahrhunderts zunehmend von Ansätzen und Prinzipien gesprochen wurde, weniger von in sich geschlossenen Methoden.


Abb. 2: Die Zone proximaler Entwicklung nach Wygotski.

Kontextsensibler Fremdsprachenunterricht

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