Читать книгу Auf königlichem Pfad - Deborah Joyner Johnson - Страница 20
Kapitel Fünf
ОглавлениеDenn ich bin der Herr, dein Gott, der deine rechte Hand ergreift und der zu dir sagt: „Fürchte dich nicht, ich werde dir helfen.“
(Jesaja 41,13)
Das frühe Morgenlicht fiel sanft durch das kleine Fenster, während Zoe im Bett lag und ihre bisherige Reise noch einmal an sich vorüberziehen liess – den Wald, die Terronas, die Wölfe, den Umgang mit Pfeil und Bogen und Feena. Sie seufzte, als sie an die vielen Schwierigkeiten dachte, die sie überstanden hatte. Schon allein die Entfernung würde ihre Reise nach Remira schwierig machen; aber dazu kamen all die Gefahren, denen sie sich bereits ausgesetzt gesehen hatte, und diejenigen, die ihr mit Sicherheit unterwegs noch bevorstanden. Es schien praktisch aussichtslos zu sein.
Sie sah die verlöschenden Kohlen im Kamin an. Was war nötig, um weiterzugehen und in ihrem Herzen das Feuer für den König zu bewahren, damit sie alle Hindernisse überwinden und diese Reise beenden konnte?
Feena schlief noch, daher beschloss Zoe, die Zeit zu nutzen, um ihr Tagebuch zu führen. Sie schrieb über ihre Abenteuer; aber sie schrieb noch viel mehr über ihr tiefes Verlangen, ihre Bestimmung im Leben zu finden. Später legte sie ihr Tagebuch zur Seite, stand auf und wusch ihr Gesicht an dem Waschtisch in ihrem Zimmer. Feena war inzwischen aufgestanden und schon eifrig dabei, das Frühstück vorzubereiten. „Hmm … was riecht da so gut?“
„Ein kräftiges Frühstück, das ist es, was du brauchst. Was meinst zu Eiern mit Speck und ein paar Brötchen?“
„Klingt wunderbar.“ Zoe trat ans Feuer und bemerkte die riesige Menge, die Feena zubereitete. „Erwartest du noch Besuch?“
„Nein, ist nur für dich und mich. Werden all unsere Kraft heute brauchen, deshalb packen wir den Rest Speck und Brötchen für später ein. Wär’ nicht gut, wenn uns das Essen ausgeht.“
Zoe runzelte die Stirn. „Ich verstehe nicht. Heisst das, wir gehen irgendwohin?“ Zoe erschauerte bei dem Gedanken, erneut in den Wald mit seinen schrecklichen Wölfen hinaus zu müssen.
„Aber, aber, Zoe. Kannst doch nicht für immer hier bleiben. Wär’ doch schade, wenn deine schöne Karte ganz umsonst wär’. Ich bin nur hier, um dich für die restliche Reise vorzubereiten.“
„Selbst wenn ich meine Reise fortsetze, wie könnte ich es mit so vielen Wölfen aufnehmen, wo ich doch alleine bin?“
„Mädel, musst aufhören, dich zu sorgen. Wird sich alles finden.“ Zoe sah nicht so aus, als wäre sie überzeugt. „Glaub nur. Der König selbst hat dich auf diese Reise gerufen. Mit seiner Hilfe kannst du alles schaffen.“
„Wenn ich nur mehr Erfahrung mit dem König hätte, so wie du, vielleicht hätte ich dann mehr Glauben.“
Feena klopfte Zoe liebevoll auf die Schulter. „Erfahrung muss da anfangen, wo du gerade bist, Mädel.“
Als sie ihr Frühstück beendet und den Proviant für den Tag gepackt hatten, führte Feena Zoe einige Minuten durch den Wald, bis sie an eine weitere Lichtung kamen. Sie rief: „Antrum, alles in Ordnung, kannst rauskommen.“
Als sie sich umwandten, entdeckten sie einen grossen braunen Hirsch, der aus dem Dickicht kam. Sein Geweih war gewaltig. Ihm folgte seine Gefährtin, eine sanfte hellbraune Hirschkuh mit grossen, dunklen Augen. Sie näherten sich vorsichtig und beäugten Zoe sorgfältig.
„Meine lieben Freunde, das ist Zoe. Macht gerade ihre Ausbildung bei mir, und ich möcht’, dass ihr sie kennen lernt.“
Antrum trat auf Zoe zu. „Du bist hier willkommen. Jeder, der dem König dient, ist unser Freund.“ Er wandte sich zu seiner Gefährtin und sagte: „Das ist Marian.“
Sie näherte sich Zoe. „Sehr erfreut, dich kennen zu lernen“, sagte sie mit freundlicher und sanfter Stimme.
Zoe starrte sie mit offenem Mund an. „Es tut mir Leid. Ich wollte euch nicht anstarren, aber ich habe noch nie Tiere sprechen hören!“
Marian lächelte und Antrum beugte sich zu Zoe herunter. „Manchmal erscheint es auch uns unglaublich, dass wir eure Sprache sprechen. Weisst du, es ist eine Gabe des Königs.“
Zoe lächelte: „Und was für eine wunderbare Gabe es ist.“
Das schien Antrum zu gefallen. „So ist es. Jetzt ist es an der Zeit, dir von Kamaron zu erzählen, dem Anführer der Wölfe in diesem Wald. Er lebt nicht unter dem Schutz des Königs, aber wir, weil wir Anhänger des Königs sind. Du hast wirklich nichts zu fürchten. Wenn du es aber zulässt, dass Furcht dich kontrolliert, wird sie genau das tun. Das wird dich in Gefahr bringen.“
Zoes Stirn legte sich in Falten. „Langsam glaube ich, dass Furcht mehr Macht in meinem Leben hat, als ich jemals angenommen hatte. Ich verstehe, was du sagst – ich wünschte nur, ich könnte sicher sein, dass der König mich wirklich schützen kann.“
Antrum wandte sich um und warf einen Blick auf Feena. „Nun, ich würde sagen, dass er das bereits gezeigt hat.“
Zoe lächelte Feena an, und sie erwiderte es mit ihrem wunderschönen Lächeln. „Wirklich wahr, Antrum.“
Feena wechselte mit einem Mal das Thema. „Antrum, kannst du all unsere Freunde rufen, damit Zoe sie kennen lernen kann?“
„Aber gerne“, rief er und sprang zurück ins Dickicht. Im Handumdrehen war er zurück und brachte Dachse, Hasen, Waschbären, Eichhörnchen, Erdhörnchen, allerlei Vögel, zwei wunderschöne schwarze Panther und fünf riesige Braunbären mit. Zoe rang nach Luft, als sie eine weisse Hirschkuh aus dem Unterholz treten sah.
Die weisse Hirschkuh kam nah an Zoe heran. Ihre Augen waren so klar wie ein Gebirgsbach. „Mein Name ist Sabah. Es ist mir eine grosse Freude, dich kennen zu lernen. Es wäre mir jederzeit eine Ehre, dir zu helfen.“
Zoe konnte die Augen nicht von ihr abwenden, so schön war sie. „Dank dir, Sabah.“
Zoe war ein wenig eingeschüchtert, als sie von den ganzen Tieren umgeben wurde. Einer der schwarzen Panther ergriff das Wort: „Wir heissen dich willkommen im Namen des Königs!“ Die anderen Tiere jubelten, und Zoe konnte sich nicht erinnern, jemals etwas so Wunderbares und Schönes gesehen zu haben.
Die beiden geschmeidigen Panther tauchten neben Zoe auf. „Mein Name ist Bantry“, sagte einer von ihnen mit seiner tiefen, dröhnenden Stimme. „Und das ist meine Gefährtin Rose. Wenn du zu deiner Reise aufbrichst, rufe nach uns, und wir werden dir zu Hilfe kommen. Wir kennen viele Geheimnisse des Waldes.“
Feena legte ihre Hand auf Bantrys Schulter. „Mein Freund, gut, dich zu sehen! Schon viel zu lang, seit wir uns das letzte Mal begegnet sind. Du und Rose schauen gut aus.“
„Danke, Feena, das Gleiche gilt für dich.“
„Können wir kurz über Kamaron sprechen? Hast in letzter Zeit mit ihm gekämpft?“
In Bantrys Augen loderte ein Feuer auf. „Ja, erst vor zwei Tagen, aber es war ein grosser Sieg für uns. Er wollte unseren neuen Welpen angreifen. Wir haben ihn jetzt gut versteckt, wo es für Kamaron äusserst schwierig wäre, ihn zu finden. Wir können nicht lange bleiben, weil wir zu ihm zurück müssen, aber wir wollten dennoch Zoe willkommen heissen und mit dir sprechen.“
Feena beugte sich näher zu Antrum und flüsterte: „Müssen ab jetzt sehr vorsichtig sein. Er hat es auf Zoe abgesehen, und wir müssen sie schützen.“
Antrum nickte: „Du kannst auf uns zählen.“
Zoe unterhielt sich gerade mit Marian, als sich genau vor ihnen ein gewaltiger Adler niederliess. Sie war von seiner Grösse überwältigt, da sie noch nie eines dieser Tiere aus der Nähe gesehen hatte. Er hatte scharfe, durchdringende Augen. „Mein Name ist Edan – willkommen in unserem Wald.“ Er sprach mit einer bemerkenswert tiefen und klaren Stimme.
Aber noch ehe Zoe Edan antworten konnte, hörten sie plötzlich, wie sich etwas hinter ihnen in den Büschen bewegte. Feena brachte alle mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Bantry, schau dich mal um!“ Dann wandte sie sich an ein Eichhörnchen. „Farno, sichere die Bäume. Edan, flieg hoch hinauf und berichte uns, was du siehst.“
Als wollte sie sich bei ihr verstecken, schob sich Zoe näher an Feena heran. „Glaubst du, es ist schon wieder Kamaron?“
„Weiss nicht, aber müssen uns vergewissern, dass er uns nicht folgt.“ Sie warteten schweigend, bis die drei Tiere zurückkehrten. Bantry und Farno hatten keine Anzeichen für Späher entdeckt, aber Edan hatte etwas anderes zu berichten. Er hatte einen einsamen Wolf beobachtet, der sich in eine Höhle verkroch, die nur etwa 100 Schritte von ihrem jetzigen Standpunkt entfernt war.
Feena meinte: „Müssen auf der Hut sein. Wahrscheinlich ein feindlicher Späher, also müssen wir leise sprechen. Am besten alle auf ihre Posten, während wir Schiessen üben. Und das ist das Signal, das ihr euch merken müsst, also kommt schnell, wenn ich rufe.“ Feena stiess einen gellenden Ruf aus. Sie klang wie ein verzweifeltes Tier in höchster Not.
„Zoe muss noch viel üben. Müssen anfangen. Schon wahr, Freunde, wir brauchen eure Hilfe.“
Bantry flüsterte ihr zu: „Feena, wir werden nicht weit weg sein, damit wir dein Signal hören können. Mach dir keine Sorgen, wir sind im Handumdrehen bei dir.“
Alle verabschiedeten sich, und dann machten sich die Tiere schnell auf den Weg zurück in den Wald.
„Zoe, müssen noch auf diesen Hügel, das Lager aufschlagen und mit unseren Zielübungen anfangen. Dort übernachten wir, so viel steht fest. Wirklich wahr, deine Angst, die ist ein Problem. Gerade wo sie am stärksten ist, musst du dich ihr stellen.“
„Ich hatte gehofft, wir würden üben und dann nach Hause zurückgehen.“
„Nicht heute Abend, Liebes.“
Zoe schien der Weisheit von Feenas Plan nicht ganz zu trauen, aber sie sagte nichts weiter dazu. Endlich erreichten sie die Hügelkuppe. „Schau dich um, Mädel. Siehst das Dickicht da unten?“ Zoe nickte. Dahinter kannst mein Häuschen sehn. Auf der anderen Seite des Hügels führt ein Weg zwischen diesen beiden Felsen durch. Siehst ihn?“
„Ja, ich sehe ihn.“
„Das ist der Weg, der zum Haus des Königs führt. Hier schlagen wir unser Lager auf.“
Feena hängte die Zielscheibe an einem Baum auf, der etwa 20 Schritte von Zoe entfernt war. Sie kam zu Zoe zurück und fragte: „Weisst noch, wie du den Bogen hältst?“
Zoe hob ihn auf, aber sie spürte noch den Muskelkater vom Vortag. Trotz der Schmerzen richtete sie ihre ganze Konzentration auf das Ziel, nahm die richtige Haltung ein, zielte und zog ihren Arm so weit zurück, wie sie nur konnte. Dann liess sie den Pfeil von der Sehne schnellen.
„Nur noch einen Schritt von der Zielscheibe weg!“ Zoe lächelte ermutigt und versuchte es gleich noch einmal. Mit jedem Schuss kam der Pfeil seinem Ziel näher. Und endlich, nachdem sie einige Stunden geübt hatte, traf sie die Zielscheibe. Zoe lief schnell zu dem Baum hinüber, um nachzusehen, wie nahe sie dem Schwarzen gekommen war – nur noch drei Fingerbreit daneben.
„Feena, komm, schau dir das an!“
„Wirklich wahr, ganz grossartig! Wusste ja immer schon, dass du es schaffst.“
Zoe grinste verlegen und meinte: „Vielen Dank für deine Hilfe!“
„Gibt noch verborgene Talente in dir. Grab sie aus und nutze sie, Mädel! Komm jetzt, da wartet ein leckerer Gemüseeintopf auf dem Feuer. Wollen essen und ausruhen, ehe wir uns wieder an die Arbeit machen.“
„Klingt gut, Feena. Ich sterbe bald vor Hunger!“ Sie setzten sich an das Lagerfeuer und genossen diese ruhige Mahlzeit. Zoe blickte zu Feena hinüber. Sie war freundlich und voller Weisheit. Sie liebte den König mehr als irgendjemand, den sie kannte, und sie lebte wirklich das, was sie glaubte. Zoe hatte das Gefühl, von dieser weisen Frau noch viel lernen zu können. Sie hoffte, noch lange bei ihr zu bleiben.
Sie lag auf ihrer Matte und schlief tiefer und friedlicher, als es seit langem der Fall gewesen war. Aber plötzlich spürte sie, wie Feena heftig an ihrem Arm rüttelte. „Schnell, Zoe! Kamaron ist mit seiner Horde im Gebüsch.“
Zoe sprang hastig auf. Feena hatte bereits ihren Bogen ergriffen, deshalb tat Zoe es ihr nach. „Wo sind sie? Ich kann sie nicht sehen.“
Zoe fuhr herum, als sie das Knurren hinter sich hörte. Kamaron grollte mit seiner tiefen, heiseren Stimme: „Nun, Feena, was für ein Vergnügen, dich hier zu sehen.“ Mit einem verächtlichen Schnauben fuhr er fort: „Aber wir sind ja nicht gekommen, um dich zu besuchen. Wir wollen das Mädchen.“
Feena baute sich unmittelbar vor ihm auf. „Nu, kannst du vergessen. Die kriegst du nicht. Geh zurück in den Wald, Kamaron, wo du hingehörst.“
„Es passiert keinem was, wenn du mir das Mädchen gibst. Jetzt geh endlich zur Seite, Feena!“ Er zog die Lefzen von seinen Zähnen und schob sich immer näher heran. Zoe zitterte und ihr war schwindelig.
Feena gab nicht nach. „Noch einen Schritt, Kamaron, und ich schiesse!“
Er grinste böse. „Ihr seid aber nur zu zweit.“ Dann rief er nach seinem Rudel. „Wir sind zwanzig – eindeutig in der Überzahl!“
„Lässt mir keine Wahl.“ Feena gab das vereinbarte Signal, und sehr bald traten fünfzig ihrer Freunde aus dem Unterholz.
Bantry trat auf Kamaron zu und knurrte: „Verschwinde jetzt. Das ist nicht dein Gebiet!“
Kamaron liess seinen Blick über all die Tiere schweifen, die kampfbereit vor ihm standen, und erkannte, dass sie keine Chance hatten, gegen eine solche Übermacht zu siegen. „Na gut“, gab er widerwillig zu, „diesmal habt ihr vielleicht gewonnen; aber glaubt bloss nicht, dass heute das letzte Mal war, dass wir uns begegnet sind. Ich habe den Befehl, das Mädchen zu bringen – und das werde ich tun!“
Kamaron und sein Rudel flohen in den Schutz des Waldes zurück. Zoe setzte sich auf einen Fels in der Nähe und stützte den Kopf in die Hände. Sie dachte über die ausweglose Situation nach, in der sie sich befand. Ich bringe das Leben von zu vielen in Gefahr, nur damit ich nach Remira komme.
Bantry trat neben sie. „Zoe, mach dir keine Gedanken über ihn. Es war schliesslich nicht besonders schlau von ihm, uns seinen Plan zu erzählen. Aber wir haben so etwas ohnehin schon vermutet. Wir sorgen schon für deine Sicherheit, solange du im Wald bist. Ich glaube sowieso nicht, dass er sich so schnell noch einmal blicken lässt.“
Zoe hob den Kopf und sah ihre neuen Freunde an. „Ich weiss, dass ihr mir alle gerne helfen möchtet, und ich weiss das wirklich zu schätzen. Aber ich bringe euer Leben in Gefahr. Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich einfach nach Hause zurückgehe.“
Feena setzte sich neben sie. „Mädel, schau, wir helfen dir, weil wir das gerne möchten – weil es das ist, wozu wir berufen sind. Nach Remira sollst gehen, so will es der König. Weisst noch, was ich dir gesagt hab – musst über deinen Gefühlen stehen und den König um Kraft bitten.“
Antrum erkannte die Bedenken in Zoes Augen. „Mach dir um uns keine Sorgen. Wir stehen unter dem Schutz des Königs, genau wie du. Daran musst du dich immer erinnern. Hör endlich auf zu zweifeln und fang an zu glauben, dass du es nach Remira schaffen kannst. Versprochen?“
„Ich werde es versuchen – ich meine, ich werde es tun.“
Antrum war zufrieden. „Gut.“
Zoe sah alle an. „Ich weiss eure Hilfe wirklich zu schätzen. Ich habe noch nie so gute Freunde gehabt.“ Sie lächelten alle und meinten, dass sie das gerne täten und es eine Ehre für sie sei, ihr behilflich zu sein.
Feena bat um Aufmerksamkeit. „Bantry, unser Plan sieht so aus. Lass das Lager Tag und Nacht bewachen. Morgen bleiben wir noch hier und kehren dann zu mir nach Hause zurück, so machen wir’s.“
„Mach dir keine Sorgen – Zoe wird nichts zustossen. Wir sorgen schon dafür“, erwiderte Bantry.
„Seid wirklich echte Freunde. Diesmal ist es Kamaron ernst, und sie muss dafür gut ausgebildet sein. Machen uns besser wieder an die Arbeit.“
„Ruf uns einfach, wenn du uns brauchst, Feena. Wir sehen uns bald wieder.“ Sie verabschiedeten sich, und ihre Freunde verliessen die Lichtung.
„Mädel, Zeit für ein paar Schiessübungen. Dann wollen wir uns im Wald was zu essen suchen.“
Nachdem Zoe geübt hatte, bis ihre Arme es nicht länger ertragen konnten, zeigte Feena ihr, welche Pilze, Beeren und Nüsse essbar waren, und welche nicht. Sie zeigte ihr sogar eine Grasart, die man essen konnte.
Sie kehrten zu ihrem Lager zurück, machten ein kleines Feuer und wärmten die restliche Suppe auf. Während des Essens liess Zoe immer wieder ein wachsames Auge über ihre Umgebung gleiten.
Zoe blickte zu Boden. „Ich bin todmüde, aber wie soll ich jetzt schlafen, wo ich weiss, dass Kamaron mit seiner Horde da draussen lauert? Und weisst du noch, die Terronas – sie mögen die Dunkelheit.“
„Musst die in der Finsternis nicht fürchten – ihre Angst vor dem Licht, das in dir wächst, ist noch viel grösser. Solange du im Frieden bist und der Angst keinen Raum gibst, greifen sie dich nicht an. Bantry und seine Freunde stehen ringsum auf ihrem Posten. Edan wacht über uns und fliegt seine Runden über der ganzen Gegend. Er hat die schärfsten Augen, die ich kenne. Kannst heute ruhig schlafen.“
Zoe stand der Zweifel ins Gesicht geschrieben. Aber Feena schlief sehr schnell ein, während Zoe noch den Sternenhimmel anstarrte. Plötzlich sah sie einen Schatten über sich. Sie setzte sich erschrocken auf und sah einen zweiten Schatten vorbeifliegen. Oh nein, Terronas! Sie kroch auf Feena zu, um ihr davon zu berichten, aber tat es dann doch nicht. Sie wollte nicht schon wieder der Angst nachgeben, die ihr die Terronas einjagen wollten. Ein weiterer flog direkt neben ihr vorbei. Sie schauderte und schloss die Augen. Sie war Feena inzwischen so nahe, dass sie ihren Atem hören konnte. Dann sah sie, wie Edan über ihr dahinstrich.
Er rief ihr zu: „Sie werden dich nicht länger plagen. Ich passe auf. Aber, Zoe, denk dran, sie werden nur stärker, wenn du ihren Lügen glaubst. Wenn du gar nicht auf sie achtest, werden sie verschwinden. Jetzt schlaf in Frieden.“
Zoe rief voller Dankbarkeit zurück: „Vielen Dank, Edan!“
Feena wälzte sich im Schlaf herum. „Mädel, hast was gesagt?“
„Nur mit einem Freund geredet.“
Feena drehte sich wieder um und fiel erneut in einen tiefen Schlaf.
Ach, wenn ich nur in solchem Frieden leben könnte, dachte Zoe, während sie Feena beim Schlafen zusah. Sie wälzte sich noch eine ganze Weile hin und her; aber schliesslich schlief sie doch ein, als sie ihre Augen nicht länger offen halten konnte. Ihr letzter Gedanke beim Einschlafen war, dass sie die Ängste überwinden musste, die sie quälten. Zoe konnte nicht wissen, dass sie sich am folgenden Tag einer der grössten ihrer Ängste würde stellen müssen.