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b) Herausforderungen meistern
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Die hausgemachten Herausforderungen einer Internal Investigation im Umfeld von Compliance-Themen sind zahlreich und vielschichtig. Es ist immer zu beachten, dass eine Internal Investigation die bisherige innerbetriebliche Praxis wie auch das Management von Aufgaben und Kompetenzen in Frage stellen kann. Daher sind ausreichend Zeit und Planungsressourcen zu kalkulieren, die wenigstens folgende Faktoren einbeziehen:
– | verschiedene Auftraggeber und deren – teilweise widerstreitende – Interessen; |
– | verschiedene Fachgebiete der Berater, deren Stile und Kompetenzen; |
– | Vorstellungen und Vorgaben an die Methodik und Durchdringung der Tatsachenbasis; |
– | verschiedene Erwartungen an Termine, Ergebnisumfang und Ergebnissicherheit. |
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Bei den auftraggeberbezogenen Herausforderungen ist vor allem die mehrstufige Interessendivergenz zu nennen, die seit dem bekannten ARAG/Garmenbeck-Urteil des BGH[17] zu einer in der Internal Investigation immer wiederkehrenden Frage führt, wer der eigentliche Initiator und Auftraggeber der Untersuchung ist (Leitungs- oder Kontrollorgan), für wen Informationen und Arbeitsergebnisse bestimmt sind (ein oder mehrere Unternehmensorgane) und wer diese weiter kommuniziert. Die Antwort ist – rechtlich gesehen – ziemlich einfach, wenn auch nicht beliebt: eine vom Unternehmen (gleich von welchem Organ) beauftragte und bezahlte Internal Investigation hat den Interessen des Unternehmens zu folgen und damit für alle beteiligten Organe gleichermaßen einen möglichst vollständigen Informations- und Beurteilungsgrad zu erreichen. Streit um sog. „Informationsinseln“, d.h. eine nur einem einzigen Projektteilnehmer vorliegende Information (bspw. des Vorstandsanwaltes gegenüber dem Aufsichtsratsanwalt), Streit um die „Erstinformation“ (bspw. des Abschlussprüfers gegenüber dem Aufsichtsrat unter Zurücksetzung des Vorstandes) oder um die „Handlungshoheit“ bei der Priorisierung der projektbezogenen Aufgaben behindern die Aufgaben der Gremien und sind dem Ansehen der Unternehmensführung in jeder Hinsicht abträglich.
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Nicht minder wichtig ist die kooperative Zusammenarbeit verschiedener Fachberater und Sachverständiger in dem Projekt. Auch hier muss Ziel des Auftraggebers und des Projektleiters sein, die jeweils unterschiedlichen Tempi, Modi, Formate und Darstellungen so miteinander zu verbinden, dass eine einheitliche Erkenntnisbasis besteht. Das ist nicht einfach, wenn unterschiedliche Kulturen (des Unternehmens und der externen Berater) sowie Beratungsansätze, die mal investigative, mal zurückhaltende Grundsätze bevorzugen können, aufeinander treffen. Daher müssen Freiräume für Fehler und Irrtümer zugestanden werden, Auszeiten zur entspannten Kommunikation mit oder ohne Partner geplant und durchgeführt werden. Die gegenseitige Wertschätzung für die Kompetenzen der jeweils fachfremden Seite müssen aktiv auf- und ausgebaut werden, was zudem eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen und einheitlichen Auftritt des Projektteams gegenüber der Mitarbeiterschaft und den Führungskräften des Unternehmens ist. Daher sollte keine Begegnung ohne gegenseitiges, ehrlich gemeintes Lob, ohne einen Scherz oder eine anerkennende Bemerkung abgeschlossen werden. Das Denken in wechselseitigen Rollen muss gefördert und ausgebaut werden.
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Eine weitere Herausforderung ist die einheitliche Festlegung von Methoden und Verfahren bei der Identifizierung relevanter Sachverhalte und der anschließenden Bewertung. Da immer aus Bewertungssicht heraus gedacht werden muss, benötigt das Projektteam (am Besten in Form einer Prüfungsrichtlinie bzw. eines Prüfungshandbuches) ein gemeinsames Verständnis der Anforderungen an die Tatsachenbasis durch
– | Bekanntgabe der wechselseitigen fachlichen Anforderungen an eine Tatsachenfeststellung im Unternehmenskontext; |
– | Bekanntgabe der fachlichen Mindestanforderungen an die dabei anzuwendende Methodik (bspw. von Auswertungen der Buchhaltung, der Bilanzanalyse, der Befragung von Mitarbeitern usw.); |
– | Bekanntgabe der fachlichen Mindestanforderungen an das jeweils einzuhaltende willkürfreie Verfahren angesichts betrieblicher, kultureller, sozialer, weltanschaulicher, fachlicher, geschlechts- und bildungsspezifischer Unterschiede.[18] |
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Zu diesen Verfahrensanforderungen gehört es, dass – sofern die Methodik eine mehrstufige Vorgehensweise vorsieht – die Zielsetzung, die einzelnen Tätigkeitsschritte und die dabei einzuhaltende Reihenfolge dokumentiert wird (Workflow). Ferner sind die für eine Abnahme der einzelnen Arbeitsprodukte zu erfüllenden Anforderungen zu definieren. In Kombination mit diesen Arbeitsanweisungsanweisungen kann es erforderlich sein, den fachlichen Teil des Projekthandbuchs um organisatorische Hinweise, wie bspw. eine Anleitung zur Pflege der Projektdatenbank, zu ergänzen.
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Schließlich stellen Termindruck, Ergebnisumfang und Ergebnissicherheit komplexe Anforderungen an das Projektmanagement. In den Rn. 33 ff. und 87 ff. wird detailliert dargestellt, welche Eigenheiten bei einem Projekt zu beachten sind.[19] Erfahrungsgemäß verändern sich die Anforderungen an Art und Umfang der Ergebnisdarstellung[20] sowie die Ergebnissicherheit[21] im Verlauf des Projektes. Das hängt zum Teil damit zusammen, dass mit zunehmender Kommunikation des Projekfortschritts Teilergebnisse bekannt werden, wodurch sich die Notwendigkeit umfassender Schlussbetrachtungen verändert. Es hängt aber auch damit zusammen, dass im betrieblichen Umfeld Erkenntnisse sehr schnell umgesetzt werden und eine sorgfältige Ergebnisdokumentation hinter der zügigen betrieblichen Umsetzung zurück bleiben kann. Anforderungen an die Ergebnissicherheit können aber auch eine deutliche Steigerung erfahren, wenn bspw. durch externe Anforderungen eine Tatsachenbasis für prozessuale Maßnahmen[22] geschaffen werden muss.