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aa) Berücksichtigungspflicht bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß Abs. 2 S. 1 und 2
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§ 160a Abs. 2 S. 1 und 2 StPO sieht für die dort genannten Personen ein relatives Beweiserhebungsverbot vor.[30] Dass voraussichtlich Erkenntnisse erlangt werden, über die die geschützten Personen das Zeugnis verweigern dürften, ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung besonders zu berücksichtigen. Betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, sei – so der Gesetzeswortlaut – in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses auszugehen. Soweit geboten, ist die Maßnahme dann zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. Eine Straftat von erheblicher Bedeutung ist nach überwiegender Auffassung eine solche, die mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und darüber hinaus geeignet erscheint, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigten.[31]
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Die Reichweite des relativen Beweiserhebungsverbotes richtet sich wie auch die Reichweite des absoluten Beweiserhebungsverbotes nach der des Zeugnisverweigerungsrechts. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung selbst ist unabhängig davon durchzuführen, ob sich die Maßnahme unmittelbar gegen den geschützten Berufsträger richtet oder gegen einen Dritten.[32] Anders als in Abs. 1 S. 1 ist es nicht erforderlich, dass sich die Ermittlungsmaßnahme gegen die genannte Person „richtet“. Vielmehr ist nach § 160a Abs. 2 S. 1 StPO ausreichend, dass eine geschützte Person „betroffen wäre“. Einer § 160a Abs. 1 S. 5 StPO entsprechenden Regelung bedurfte es in Abs. 2 daher nicht. Entscheidend ist vielmehr die von den Ermittlungsbehörden anzustellende Prognose, ob die Maßnahmen Erkenntnisse hervorbringen werden, die dem Zeugnisverweigerungsrecht einer geschützten Person unterliegen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Strafrechtspflege gegen das Interesse der Allgemeinheit an der vom Berufsträger wahrgenommenen Aufgabe und dem individuellen Interesse an der Geheimhaltung der jeweiligen Tatsachen abzuwägen.[33] Bei Straftaten, die nicht von erheblicher Bedeutung sind, greift die Regelverpflichtung ein, die entsprechende Maßnahme zu unterlassen. Es handelt sich um einen Fall intendierten Ermessens. Im Wirtschaftsstrafrecht stellt sich im Hinblick auf die Höhe der in Ordnungswidrigkeitenverfahren teilweise verhängten Bußgelder das Sonderproblem, ob § 160a Abs. 2 S. 1 StPO auch Eingriffe zur Ermittlung einer Ordnungswidrigkeit gestattet.[34] Die besseren Gründe sprechen gegen die Verhältnismäßigkeit einer auf Aufdeckung einer Ordnungswidrigkeit gerichteten Ermittlungsmaßnahme, da anderenfalls über die Ordnungswidrigkeit das Verdikt der Gemeinschädlichkeit verhängt werden müsste, was dem Charakter des OWiG widerspricht, so dass eine entsprechende Qualifizierung dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss.[35]