Читать книгу Cryptal City 3 - Denny van Heynen - Страница 11
Kapitel 6: Ein Verdacht
ОглавлениеNach einigen Überredungskünsten willigte Angie schließlich ein, uns gemeinsam mit John nach Grave´s Garden zu begleiten. Als wir über die Broker Road fuhren, jener Straße, welche die beiden Städte miteinander verband, wurde es im Wagen schlagartig still. Wir wurden immer mit dem Tod unserer Eltern und dem Kampf mit Omega konfrontiert, wenn wir an dem Feld vorbeifuhren, auf dem sie ermordet worden waren. Da dieses aber genau zwischen den Städten lag, gab es keinen anderen Weg in den Nachbarort.
„Amy kann es nicht gewesen sein. Sie macht nicht den Eindruck, als gehöre sie Omega an“ mutmaßte Brenda, als wir Grave´s Garden erreichten.
Die Stadt war fast genauso groß wie Cryptal City. Hier hatte John Jones seine Ausbildung als Detective absolviert und auch Jacob fuhr fast jeden Tag zur dortigen Polizeischule. Amy Beckett hatten wir bisher als freundliche Frau und Inhaberin eines Esoterikladens erlebt. Auch ich konnte mir keinen Zusammenhang zwischen ihr und dem Orden vorstellen.
„Es wäre nicht das erste Mal, dass wir uns in einer Person getäuscht haben“ merkte Noah an.
Auf dem Parkplatz der Goldkanne atmete ich tief durch. Beim Aussteigen blickte ich auf das kleine blaue Gebäude. Das Geschäft war das einzige seiner Art im Umkreis. Der Name stand auf einem goldenen Schild, auf welchem eine Kanne abgebildet war, in die flüssiges Gold hinein – und hinaus floss.
John ging voraus und öffnete die Tür. Ich erinnerte mich daran, wie herzlich Amy immer zu uns gewesen war. In der Luft lag der Geruch von Sandelholz, welchen die Inhaberin öfter nutzte. Er wurde zur Meditation eingesetzt und wirkte stimulierend. Der kräftige, würzige Duft stieg mir in die Nase. Leichter Rauch kam uns entgegen, hinter dem eine blonde Frau sichtbar wurde, die neben dem Tresen stand.
„Oh, hallo. Was für ein seltener Besuch!“ rief sie aus, als wir näher kamen.
John sah sich ihr Gesicht genau an.
„Hallo, Amy. Entschuldige, dass wir dich so überfallen“ meinte ich.
„Mein Laden ist für euch immer offen“ entgegnete sie lächelnd. „Wie geht es euch?“
„Besser“ antwortete Angie argwöhnisch. „Nachdem wir noch am Leben sind.“
„Sie war es nicht“ sagte John streng.
Amy Beckett sah verunsichert aus.
„Was war ich nicht und was soll diese Andeutung?“
Angie schüttelte genervt den Kopf und ging in den hinteren Teil des Ladens.
„Auf unsere Freunde wurde ein Attentat verübt. Ein magisches...“ klärte ich die Inhaberin der Goldkanne auf, welche sich betroffen an den Mund fasste.
„Oh, nein!“
„John, Brenda und ihre Freundin wären beinahe gestorben. Ihre Fahrzeuge wurden manipuliert, sodass sie auf dem Weg nach Washington miteinander kollidierten und in Brand gerieten. Angie und Brenda haben alles, was ihnen wichtig war, verloren.“
„Das tut mir so leid!“ drückte sie ihr Bedauern aus, welches für mich mehr als ehrlich klang.
Sie kam hinter der Theke hervor, ging zu einem der Regale und hielt uns eine handvoll dunkler Steine entgegen.
„Hier.“
„Was ist das?“ wollte John wissen.
„Schwarzer Turmalin. Diesem Edelstein wird eine starke Schutzkraft nachgesagt. Er wird euch vor weiteren magischen Angriffen schützen.“
Wir kamen näher, nun gesellte sich auch Angie dazu. Die Blonde drückte jedem behutsam ein kleines Exemplar in die Handfläche.
„Ich glaube nicht, dass diese Steine uns vor Omega schützen können“ antwortete Noah kritisch.
Amy´s Augen weiteten sich.
„Omega...“
„Ja. Wir vermuten, dass der Orden eine neue Anführerin hat“ klärte ich sie auf.
Die junge Frau dachte nach.
„Moment, ihr glaubt doch nicht, dass ich das bin – oder etwa doch?“
„Ich hatte eine Art Vision, in der mir eine blonde Frau erschien, kurz vor dem Zusammenstoß. Uns gelang es gerade noch rechtzeitig, die Fahrzeuge zu verlassen. Die Gesichtszüge der Frau waren unscharf, weshalb wir zuerst wirklich an Sie dachten“ berichtete John.
„Du kannst mich ruhig duzen. Ich bin ganz gewiss kein Mitglied Omega´s, habe es auch nicht vor zu werden und deren Anführerin bin ich erst recht nicht!“
Amy überzeugte mich damit. Wir kannten sie zwar nicht besonders gut, aber ich spürte, dass sie uns die Wahrheit sagte. In ihrer Gegenwart fühlten wir uns immer wohl, ähnlich wie es bei Evelyn gewesen war. Sie konnte einfach nicht mit dem Orden in Verbindung stehen. Die blonde Frau ging bedächtig zur Ladentür, drehte den Schlüssel herum und holte hinter der Theke einige Kissen hervor, die sie hinter einem der hohen Regale verteilte.
„Nehmt bitte Platz. Ich glaube, ich muss euch etwas erzählen.“
Gemeinsam folgten wir ihrer Bitte.
„Ich lebe nicht schon immer hier, in Grave´s Garden. Ihr wisst vermutlich, was sich damals hier zugetragen hat.“
Alle Anwesenden nickten. Durch die Tagebücher und Erzählungen von Leander Carl – dem ehemaligen Handlanger Mrs. Combe´s, der am Ende seines Lebens seine Taten bereut hatte – wussten wir, dass es zwischen Sirius und Omega zu schweren Kämpfen gekommen war. Grave´s Garden war von Omega – Mitgliedern gegründet worden, welche Cryptal City einnehmen wollten. Viele Menschen waren durch die Kämpfe gestorben, doch irgendwann – als sich der dunkle Orden zurückgezogen hatte – war wieder Normalität eingekehrt. Doch im Untergrund war Omega noch immer aktiv gewesen und brachte die Einwohner unserer Stadt dazu, ihm beizutreten und sich dem Kampf gegen Sirius anzuschließen. Die Mitglieder des Ordens hatten es unter anderem in den Polizeivorstand geschafft und jahrelang regierte sogar ein Omega – Mitglied, Jacob´s und Nick´s Vater, Cryptal City.
„Ich bin eine von euch“ eröffnete sie uns. „Wisst ihr, ich kämpfte bereits mit euren Eltern gegen die schwarze Magie.“
Mir stockte der Atem.
„Sie kannten unsere Eltern?“
Amy schien noch jung zu sein, aber vom Alter her konnte es tatsächlich hinkommen. Sie nickte.
„Es tut mir leid, dass ich euch das nicht vorher erzählt habe, aber ich musste mich an Evelyn´s Anweisung halten. Sie war der Meinung, dass wir euch nicht zu viel zumuten durften.“
Ich erinnerte mich daran, dass sie uns kurz vor ihrer Ermordung gesagt hatte, dass sich weitere Sirius – Mitglieder zeigen würden, wenn die Zeit dafür reif wäre.
Wer der weißen Magie angehörte, wurde ebenso streng verschleiert, wie es die Mitglieder des dunklen Ordens taten. Damit wollte man nicht für Aufsehen sorgen und Omega in Sicherheit wiegen.
„Ich weiß, ich sehe jünger aus, aber ich bin bereits Neunundvierzig. Vor langer Zeit habe ich ebenfalls in Cryptal City gewohnt, doch Evelyn riet mir, von dort fortzugehen, nachdem eure Eltern grausam ums Leben kamen. Eine Zeit lang wollte ich Amerika verlassen, aber es gab so eine Art magische Barriere und der Orden tat sein übriges dazu, sodass ich nicht weiter wie Grave´s Garden kam. Versteht ihr? Omega hält mich mit seiner schwarzen Magie an diesem Ort gefangen! Ich habe das beste aus der Sache gemacht und dieses Geschäft hier gegründet.“
Gespannt hörten wir der Ladeninhaberin zu.
„Und all diese Gegenstände hier, können den Zauber nicht brechen?“ fragte Angie jetzt mitfühlend.
„Nein, mein Kind. Sonst wäre ich schon längst von hier geflüchtet. Omega´s Kraft ist viel stärker, als es mein komplettes Inventar je sein könnte. Aber in Verbindung mit euren Energien, kann der schwarze Turmalin etwas bewirken. Zumindest kann er euch einen gewissen Schutz verschaffen. Dazu müsst ihr ihn nur jederzeit bei euch tragen.“
„Sie wissen von unseren Fähigkeiten?“ war Brenda erstaunt.
Amy lächelte.
„Evelyn unterrichtete mich sowie die anderen Mitglieder regelmäßig über die Fortschritte, die ihr mit jedem Ritual gemacht hattet. Sie wollte euch noch so vieles zeigen, kam aber leider nicht mehr dazu. Dieser verdammte Orden...“
Der Blick der jungen Frau wirkte jetzt in sich gekehrt.
„Sie waren gut mit Evelyn Warner befreundet“ stellte John fest.
„Können Sie uns im Kampf gegen Omega nicht helfen?“ fragte ich mit aufkeimender Hoffnung.
„Jake, ich komme nicht mal fort von hier! Zudem war meine Kraft nie so stark wie Evelyn´s, weshalb ich auch keinen Schützling zugewiesen bekam. Sie war immer die stärkere von uns beiden und kannte sich noch besser als ich mit sämtlichen Ritualen aus.“ Sie blickte zu Angie. „Aber ich denke, dass eure Freundin euch helfen kann – schließlich kam sie einige Zeit in den Genuss von Evelyn´s Lehrkünsten.“