Читать книгу Auf dem Weg durch die Zeit - Detleff Jones - Страница 2
ОглавлениеProlog
München, 3. Februar 2017
Herzklopfen. In wenigen Minuten beginnt mein allererstes Konzert – so richtig mit Band und allem Drum und Dran. Es ist ein grauer regnerischer Tag. Die Grippe grassiert in München und ganz Deutschland; zum Glück hat’s mich nicht erwischt - nicht auszudenken, wenn ich krank geworden wäre – es kommen Gäste aus halb Europa, aus Norddeutschland und Österreich und der Schweiz, aus Dänemark und sogar aus Korsika! Ich habe letzte Nacht schlecht geschlafen, meine Aufregung ist immer noch stärker als meine Müdigkeit, aber trotzdem habe ich mich heute früh gut gefühlt. Doch das Lampenfieber ist quälend, ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Zum Glück ist der Soundcheck am Nachmittag gut gelaufen, und mit jedem Ton, den ich auf dem großen Steinway Flügel hier auf dieser Bühne angeschlagen habe, wuchs schließlich auch meine innere Ruhe. Die Welt um mich herum versinkt nun langsam, sie tritt immer weiter zurück. Im Dämmerlicht hinter der Bühne stehen meine Musiker – sie ganz entspannt - und ich, und wir warten darauf, dass der Trailer mit dem Klaviermedley, den ich für dieses Konzert eingespielt habe, zu seinem Ende kommt und an dem ich meine Band auf die Bühne schicken werde. Mein Freund und Co-Produzent Walter Schmidt tritt zu uns und sagt leise „noch drei Minuten“, dann verschwindet er wieder hinter seinen Mischpulten. Wir warten an der kurzen Treppe, die von hinten seitlich auf die Bühne führt. Hier ist es fast dunkel. Meine Anspannung kämpft gegen meine Konzentration. Seit Wochen und Monaten habe ich mich auf diesen Abend vorbereitet. Doch jetzt, an diesem Abend des 3. Februar 2017, liegt dies alles ganz weit weg. Nur der Moment zählt. Ich höre mein Herz schlagen. Wir stehen zu acht im Kreis und schauen nun konzentriert ins Leere: Benjamin Köthe, Alex Klier, Thomas Simmerl, Axel Kühn, Ossi Schaller, Ricky Kinnen, Ruth Kirchner und ich. Da hält einer der Musiker seine Hand in die Mitte zwischen uns, der nächste legt seine darauf, und so geht es weiter, bis nur eine Hand fehlt – meine. Ich lege sie obenauf, und dann fliegen alle Hände plötzlich nach oben, wie um einen Vogel fliegen zu lassen – ein Ritual, das uns allen an diesem Abend Glück bringen soll. Nur noch Momente. Dann höre ich auch schon die Töne von „Ohne dich wär‘ ich verlor’n“, das letzte Lied des Intro – Medleys. Ich schicke meine Musiker los, und im Vorbeigehen umarmt mich jeder von ihnen und gibt mir einen Kuss – das ist für mich so rührend und trifft mich so unvorbereitet und tief in mein Herz - ich könnte losheulen! Doch jetzt ist nicht die Zeit zum Heulen! Ich will hier ein Konzert mit hohem Anspruch hinlegen – mit Entertainment - Faktor, mit stimmungsvollen Balladen und rockigen Songs, vor allem mit guten Texten und eingehender Musik. Die Musiker betreten die Bühne, und der aufbrandende Applaus dringt bis hierher zu mir. Benny spielt die ersten Harmonien auf dem keybord, dann bin ich dran. Die ersten Takte, die Töne zum gesungenen Prolog „Du hier ganz nah“, die ich noch hier, im Dunkel hinter der Bühne singe – das muss sitzen, die Stimme darf nicht wackeln – auf die ersten Töne kommt es an - und - es sitzt! Nur ein paar Takte, dann klettere ich die Treppe hoch und trete ins gleißende Scheinwerferlicht auf die Bühne. Ich kann nicht weiter in die Halle sehen als ein, zwei Meter – was vor mir liegt, scheint wie eine schwarze Wand. Wieder Applaus. Das gilt mir! Ich verneige mich vor meinem Publikum, dann setze ich mich an den Steinway Flügel und spiele los. D-Dur, vertraute Töne – es ist, als setzte sich ein Zug in Bewegung.
Mit jedem weiteren Lied lässt meine Aufregung nach, ich komme mir vor, wie in einem Meer, und ich fühle, was ich bis dahin nicht wusste – nämlich, dass ich schwimmen kann! Ein Rausch erfasst mich und lässt mich für ein paar Stunden nicht mehr los. Wie weit ist der Weg bis hierher gewesen – seit wievielen Jahren schreibe ich jetzt schon Lieder, wie waren die Weichen in meinem Leben gestellt, welche Launen des Schicksals haben mich bis hierher gebracht auf diese Bühne!