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4 Topik und Präsupposition
ОглавлениеDass für Topik-Referenten hörerseitige Zugänglichkeit oder Bekanntheit vorausgesetzt (präsupponiert) sein muss, ist eine Position, die nicht nur von den im vorangegangenen Kapitel diskutierten Ansätzen vertreten wird. Es sei hier noch einmal an den traditionellen Thema-Begriff der Funktionalen Satzperspektive erinnert, in dem das Kriterium der Bekanntheit eine zentrale Rolle spielt. Ansätze wie die von Halliday und Molnár, in denen versucht wird, das Kriterium der Bekanntheit vom Topik-Begriff abzulösen und als eigenständige Kategorie zu etablieren, führen demgegenüber zu einer gewissen Konturlosigkeit des Topik-Begriffs: bei Halliday dahingehend, dass sein „Theme“ zu einer rein topologischen Kategorie der Satzinitialität verblasst, deren Funktion als „point of departure“ nur sehr vage umrissen bleibt, und bei Molnár dahingehend, dass es ihr nicht überzeugend gelingt, darzulegen, inwiefern ihre Topik/Kommentar-Ebene unabhängig von ihrer Fokus/Hintergrund-Ebene operieren kann.
Selbst für Reinhart, die eine Gleichsetzung von Topikalität mit ‚alter‘ Information dezidiert ablehnt, gilt noch als Mindestvoraussetzung, dass die Referenten von Topik-Ausdrücken „etabliert“ sind, d.h. aus einem (aktuell vorausgesetztem) „general discourse topic“ ableitbar sein müssen. Für Gundel, die mit der Unterscheidung zwischen referentieller und relationaler Givenness arbeitet, besteht sogar ein unmittelbares Bedingungsverhältnis zwischen diesen zwei Aspekten: Damit ein Referent im Rahmen der Assertion als Topik fungieren kann (relationale Givenness), muss er für den Adressaten zugänglich sein (referentielle Givenness). Gundel formuliert diese Bedingung als Topic-Familiarity Condition: „An entity, E, can successfully serve as a topic, T, iff, both speaker and addressee have previous knowledge of or familiarity with E“ (Gundel 1988a, 212). Auch Lambrecht bindet die Eignung von Diskursreferenten als Topik einer Proposition an das klassische Givenness-Kriterium und folgt hiermit wie Gundel – und letztlich auch Reinhart – Strawsons Position, dass für Topiks hörerseitig „Identifizierungswissen“ vorausgesetzt sein muss.
Strawson kann somit durchaus als Vorläufer der Topik-Familiarity-Position gelten – wobei er sein Konzept des „Identifizierungswissens“ eng an den klassischen Begriff der ‚Existenzpräsupposition‘ anlehnt. Aber auch schon Strawson ist sich darüber im Klaren, dass Identifizierbarkeit kein exklusives Merkmal von Diskursreferenten mit Topikstatus ist. Darum soll zunächst noch einmal genauer gezeigt werden, dass das Kriterium hörerseitigen Identifizierungswissens für die Bestimmung der Topik-Relation allein nicht hinreicht. Dies ist in Lambrechts Abgrenzung des Topik/Kommentar-Typs von den zwei anderen von ihm vorgeschlagenen Gliederungstypen (Argumentfokus, Satzfokus) reflektiert, gilt aber auch für seine Unterscheidung zwischen ‚pragmatic presupposition‘ und ‚pragmatic assertion‘, innerhalb der das Kriterium hörerseitigen Identifizierungswissens keine unterscheidungsrelevante Rolle spielt. Darum wird es im Anschluss um den genauen Charakter seiner presupposition/assertion-Unterscheidung gehen, mit besonderem Augenmerk auf einige Konsequenzen aus dem Umstand, dass Präsupposition und Assertion nach Lambrecht propositional aufzufassen sind. Abschließend wird es dann um die präsuppositionalen Eigenschaften von Diskursreferenten mit Topikstatus gehen, deren Charakterisierung als hörerseitig „familiar“ (Gundel) bzw. „identifizierbar“ (Strawson) bei Lambrecht durch die Annahme weiterer Präsuppositionen (Bewusstseinspräsupposition, Topik-Präsupposition) eine Präzisierung erfährt.