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Der Typ hastete zum Bahnsteig hinauf. Junger Mann, schlaksige Figur. Sah ein wenig abgehetzt aus. Aber das lag wohl an seinem schlechten Timing. Wagner saß bequem im vorderen Wagen der Schwebebahn, die allmählich über dem Sicherheitsgitter ausschaukelte. Durch die geöffnete Tür konnte Wagner die Treppe im schrägen Winkel teilweise einsehen. Er beobachtete, wie der Typ zwei Stufen auf einmal nahm. Immer sehen sie so gehetzt aus, wenn sie die Schwebebahn noch erreichen wollen, dachte Wagner gelangweilt, steckte die Hände in die Taschen seiner grauen Windjacke und räkelte sich im Schalensitz. Neben ihm am Fenster saß eine junge, dicke Mutter. Ihr Kind trampelte auf ihrem Schoß herum und befingerte alles, was in seiner Nähe war. Dazu gehörte offensichtlich auch Wagners Gesicht, der dann und wann gezwungen war, mit dem Kopf auszuweichen.

Der Typ hatte jetzt die Plattform erreicht. Er ruderte mit den Armen, hielt den Kopf nach unten und den Mund schräg aufgerissen, als könnte er sich so an etwas festbeißen. Dazu dieses alberne Blümchenhemd. Weit offen stehend. Hawaii ließ grüßen. Eine Silberkette mit einem blauen Anhänger baumelte über der nackten Brust. Zu allem Überfluss hielt er eine kleine, schwarze Herrentasche in der Hand. Kunstleder, das sah man aus hundert Metern Entfernung. Wagner wünschte sich, dass die Türen rechtzeitig vor dieser Visage zuklacken würden. Der Mann richtete den Blick starr auf den ersten Waggon, er fixierte ihn. Welch ein Unsinn, wo doch alle vier Minuten eine Bahn kam, dachte Wagner. Er wartete gespannt, ob der Mann das schaffen würde. Immerhin sah das sportlich aus, was der Typ da veranstaltete. Wagner konzentrierte sich auf dessen braun gebrannte, unbehaarte Brust, vermutlich rasiert.

Wagner wunderte sich, warum der Mann sich noch einmal umschaute, dann setzte er zum Sprung an. Die Türen klackten zu, der Typ hing fest. Das linke Bein stand im Inneren des Waggons, ebenso der erhobene linke Arm mitsamt der Herrentasche, die vom Handgelenk baumelte. Der Mann schaute mit großen Augen durch den Spalt ins Wageninnere, als sei er erstaunt über die vielen Fahrgäste. Einige Passagiere riefen laut nach vorn und beschimpften den Fahrer. Jemand lachte. Man sah, wie der Mann mit der rechten Hand die Tür aufzudrücken versuchte. Dann plötzlich riss er die Augen auf, und ein Blutschwall ergoss sich aus seinem Mund, schwappte gegen die Tür und zwischen den Spalt hindurch auf den Waggonboden. Dann noch ein kleinerer Schwall. Die Leute schrien auf. Das Kind krähte, zappelte und schlug auf die Brüste der Mutter ein. Der Typ glotzte auf den Wagenboden, als sei er erschrocken darüber, was er da unten angerichtet hatte. Einige Passagiere sprangen auf, andere schrien nach vorn. »Dieser Idiot! Der muss den doch im Spiegel gesehen haben!« »Das sieht denen ähnlich. Aber die Fahrpreise erhöhen!«

Das alles ging blitzschnell. Endlich reagierten die Kontaktsensoren. Die Türen sprangen auf. Der Typ fiel wie ein Sack in sich zusammen, sein Oberkörper bedeckte die Blutlache, die Beine lagen angewinkelt auf dem Bahnsteig. Auf dem Blümchenhemd breitete sich zwischen den Schulterblättern ein roter, runder Fleck aus. Das Kind hielt endlich still und steckte den Zeigefinger in den Mund.

Rubine im Zwielicht

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