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5. Kapitel

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„Stimmt. Sie haben recht. Das geht mich wirklich nichts an“, sagte der Agent hastig. „Und vermutlich haben Sie auch damit recht, dass es uns wenig genützt hätte, die Verbindung Chinchilla - Davis aufzudecken.“

„Außerdem ist das bestimmt auch gar nicht möglich, dazu ist Chinchilla zu gerissen“, stellte Winston fest. „Wissen Sie, wie er meiner Ansicht nach vorgehen wird?“

„Keine Ahnung. Wie denn?“

„Davis hat ja, wie ich vermute, im Verlauf seiner Karriere ein beträchtliches Vermögen angesammelt. Berühmte Filmschauspieler sind bekanntlich keine armen Schlucker.“

„Das ist richtig.“

„Davis finanziert sich seinen Vorwahlkampf selbst und kann dadurch, sollte eine Überprüfung stattfinden, jeden einzelnen Dollar belegen. Und nach dem Wahlkampf kriegt er ganz unauffällig das Geld von Chinchilla zurück, wobei anzunehmen ist, dass diese Ausgabe nicht einmal in Chinchillas eigener Buchhaltung aufscheinen wird.

Der Mann ist nämlich ausgesprochen vorsichtig.“

„Eines verstehe ich aber immer noch nicht ganz, Mr. Winston. Oder darf ich Sie James nennen?“

„Nur, wenn ich Sie Null nennen darf. Was verstehen Sie denn nicht?“

„Wenn Chinchilla so vorsichtig ist, warum macht er dann ausgerechnet einen Mann zum Präsidentschaftskandidaten, dessen Verbindung zu ihm so offensichtlich ist? Es wäre doch viel klüger, jemanden aufzustellen, von dessen Verbindung zu ihm keiner etwas ahnt...“

„Bravo. Das war die erste wirklich intelligente Frage. Nun, Chinchilla hat eine einzige Schwäche, die ihn verwundbar macht, und das ist eine Art Sportsgeist. Er will zwar immer gewinnen, aber er will nicht, dass ihm der Sieg ohne jede Mühe in den Schoss fällt.

Er gleicht einem Schachspieler, der seinem Gegner einen Springer vorgibt, weil er davon überzeugt ist, um einen Turm stärker zu sein. Er ist sicher, die Partie zu gewinnen, weiß aber, dass er sich um den Sieg bemühen muss. So eine Partie macht ihm Spaß, im Gegensatz zu einer, in der er von vornherein als Sieger feststeht.

Ich bin sogar sicher, dass er inzwischen schon bereut, meinen Rücktritt als Detektiv provoziert zu haben, denn ich war der einzige, dem es mehrmals gelungen ist, ihn ernsthaft zu fordern.

Meinetwegen sind schon eine ganze Reihe von Chinchillas Leuten in Untersuchungshaft gesessen.

Sie sind zwar immer freigesprochen worden, trotz erwiesener Schuld, aber es hat die Organisation doch ziemlich viel Mühe gekostet, Zeugen oder Geschworene zu kaufen, sie einzuschüchtern oder, wenn sie unbelehrbar waren, unauffällig verunglücken oder Selbstmord begehen zu lassen.

Ich bin davon überzeugt, dass er sich über meine Wiederbetätigung sogar freuen wird, denn die Leichtigkeit, mit der er in letzter Zeit seine Erfolge errungen hat, behagt diesem großen Spieler ganz und gar nicht.

Diesmal wird ihm aber das Lachen vergehen, denn ich werde ihm kräftig in die Suppe spucken und sie ihm gründlich versalzen.“

„Halten Sie das denn wirklich für notwendig?“

„Wie meinen Sie das?“

„Ich meine, wenn Sie ihm schon kräftig in die Suppe gespuckt haben, dann wird er sie ja ohnehin nicht mehr essen wollen. Wozu wollen Sie ihm dann die Suppe auch noch gründlich versalzen?“

„Soll das etwa ein Witz sein, oder sind Sie wirklich so blöd, wie Sie aussehen?“, fragte Winston scharf.

Er hatte durchaus Sinn für Humor. Allerdings nur für seinen eigenen.

„Entschuldigen Sie, ich dachte nur, ein kleiner Scherz zwischendurch...“

„Das Denken sollten Sie lieber mir überlassen. Konzentrieren Sie sich lieber auf die Dinge, die Sie können.

Jedenfalls wird Chinchilla die erste schwere Schlappe seines Lebens hinnehmen müssen. Er wird es noch bitter bereuen, mich herausgefordert zu haben, denn ich werde es zu verhindern wissen, dass Davis Präsident wird, so wahr ich James Winston heiße!“

„Und die CIA wird Sie dabei tatkräftig unterstützen“, erklärte der Agent.

Winston schüttelte den Kopf:

„Nein. Lieber nicht. Wenn nämlich rauskommt, dass ich von der CIA damit beauftragt wurde, die Wahl von Charlton Davis zu verhindern, dann haben wir einen Politskandal von Watergate-Dimensionen am Hals und Chinchilla hat sein Ziel erreicht.“

„Da haben Sie recht. Aber Geld werden Sie vermutlich doch von uns brauchen, oder?“

„Das ist richtig. Ich werde sogar eine ganze Menge Geld brauchen. Ich schätze, so an die zwei Millionen Dollar.“

„Wenn’s weiter nichts ist, kein Problem. Wir überweisen Ihnen das Geld gleich morgen auf Ihr Konto.“

„Idiot! Und wenn der Bankbeamte, der die Überweisung tätigt, für Chinchilla arbeitet? Oder wenn der Kerl irgendeiner Zeitung was verrät? Was dann?“

„Keine Gefahr. Als Einzahlenden werden wir nämlich einen gewissen Cecil Isaac Adams angeben.“

„Und wieso sollte mir ein gewisser Cecil Isaac Adams zwei Millionen Dollar überweisen? Nein, entschuldigen Sie, aber das ist mir alles viel zu idiotisch.“

„Na, dann machen Sie doch einen besseren Vorschlag“, brummte der Agent ärgerlich.

„Die CIA hat doch bestimmt Verbindungen zu einer großen Versicherung, oder?“

„Uns gehört sogar eine!“, erklärte der Agent. „Zufällig ist es sogar die gleiche, für die ich angeblich arbeite.“

„Versichert diese Versicherung auch Banken gegen Bankraub?“

„Natürlich.“

„Dann nennen Sie mir eine Bank, die bei Ihnen versichert ist.

„Na, zum Beispiel die Midland Bank in der 42. Straße...“

„Ausgezeichnet. Diese Bank wird in nächster Zeit um zwei Millionen Dollar erleichtert – von einem unbekannten Täter – und Sie werden der Bank anstandslos die Versicherungssumme ausbezahlen.“

„Genial!“, rief der Agent. „Absolut genial!“

„Stimmt“, bestätigte Winston. „Wie Sie sehen, hat mein Verstand durch meine Kunstpause nichts von seiner brillanten Schärfe eingebüßt.“

„Nicht zuletzt deshalb haben wir uns ja auch dafür entschieden, uns an Sie zu wenden. Und eine Spezialausrüstung für Agenten werden Sie doch sicher auch von uns annehmen, oder?“

„Wenn Sie darauf bestehen...“

„Dann kommen Sie am besten gleich morgen ins Hauptquartier, Professor Cork wird alles für Sie bereithalten.“

„Irrtum. Das CIA-Hauptgebäude wird nämlich sicher rund um die Uhr von Chinchillas Leuten überwacht.

Wir machen das ganz anders: Der Professor fährt übermorgen zum Hauptgebäude. Die Garage ist ja bestimmt so gesichert, dass kein Außenstehender hineinkann, oder?“

„Natürlich. Sonst würden uns ja die Mullahs dauernd unsere Autos in die Luft sprengen oder biologische Kampfstoffe darin verstecken.“

„Gut. Als Nächstes werden die speziellen Gerätschaften zum Teil in einem Staubsauger, zum Teil in einem Vertreterkoffer untergebracht und im Kofferraum des Autos verstaut.“

„Häh?“

„Warten Sie, Sie werden das alles bald verstehen. Das Auto des Professors muss mit einer Vorrichtung ausgestattet sein, mit der man auf Knopfdruck die Benzinzufuhr unterbrechen kann.“

„Häh?“

„Das sollte rein technisch kein Problem sein. Um 20 Uhr steigt der Professor in sein Auto und begibt sich auf den Heimweg. Es ist leicht möglich, dass ihm einer von Chinchillas Männern folgt, wir dürfen da kein Risiko eingehen.

Auf halber Strecke, unweit eines Motels, drückt der Professor auf den schon erwähnten Knopf, der die Benzinzufuhr unterbindet, worauf der Motor abstirbt. Er dreht am Zündschlüssel, wieder und wieder, aber der Motor springt nicht mehr an. Verärgert steigt er aus, öffnet die Motorhaube, schüttelt den Kopf, betritt das Motel und sucht die Toilette auf.

Dort wartet in einer Kabine ein Mann, der so ausstaffiert wurde, dass er dem Professor aufs Haar gleicht.

Der Professor sucht die Klokabine auf, in der sich sein Doppelgänger versteckt hält. Kurz darauf verlässt der Doppelgänger die Toilette, während der Professor vorerst noch zurückbleibt.

Der Doppelgänger erkundigt sich beim Personal des Motels nach der nächsten Werkstatt, kehrt zurück auf die Straße und setzt sich zu Fuß Richtung Werkstatt in Bewegung.

Sollte der Professor tatsächlich beschattet werden, so wird sich sein Verfolger natürlich an diesen Doppelgänger halten.

Der echte Professor aber verlässt fünf Minuten später das Lokal, steigt in sein Auto, drückt auf besagten Knopf, das Benzin rinnt wieder, er startet und fährt weiter – zum Bordell ‚Erotic Pigs’.

Dort packt er seine Staubsaugervertreterausrüstung aus, geht durch das Eingangsportal, verlangt die Chefin und sagt zu ihr:

‚Ich hätte da schöne Staubsauger zu verkaufen.’

Worauf sie antwortet:

‚Ich brauche leider keinen. Allerdings habe ich zufällig gerade einen Kunden im Haus, der mir erzählt hat, dass heute sein Staubsauger den Geist aufgegeben hat, weshalb er dringend einen neuen braucht. Er würde sich über Ihren Besuch bestimmt freuen. Zimmer soundso.’

Dieser Kunde bin natürlich ich.

Die Chefin des Hauses ist übrigens eine alte Freundin von mir. Außerdem schuldet sie mir noch einen Gefallen.“

„Kein übler Plan“, gab der Agent zu. „Die Sache hat nur einen kleinen Haken.“

„Und der wäre?“

„Der Professor hat weder Führerschein noch Auto.“

„Mist. Ist aber halb so schlimm. Dann soll er eben einen seiner Assistenten zu mir schicken. Wen ihr schickt, ist egal, Hauptsache, er kennt sich mit dieser Spezialausrüstung aus und wirkt wie ein Staubsaugervertreter.“

„Wird gemacht. Gibt es sonst noch was?“

„Allerdings. Wie können wir die Menschentraube vor meinem Laden davon überzeugen, dass Sie sich von mir gerade eine Abfuhr geholt haben?“

„Die wissen doch nicht, dass ich von der CIA bin.“

„Und ob die das wissen. Oder glauben Sie wirklich, dass die vielen Leute sich nur deshalb vor meinem Laden versammelt haben, um meine schöne Auslage zu bewundern?

Deshalb bin ich ja mit Ihnen ins Hinterzimmer gegangen.“

„Ja, aber wie ist das möglich?“, fragte der Agent unsicher. „Ich meine, ich habe mich doch strikt an die Verkleidungsvorschrift 42 B gehalten...“

„Kann es sein, dass Sie Ihre Ausbildung in dem Jahr absolviert haben, in dem der Kursus ‚Tarnen und Täuschen’ immer unmittelbar im Anschluss an die ‚praktischen Übungen in Whiskykunde’ abgehalten wurde?“

„Das ist richtig“, gab der Agent zu. „Aber woher wissen Sie das?“

„Ihre vollkommen unpassende Verkleidung hat es mir verraten“, erklärte Winston. „Offensichtlich ist Ihnen damals whiskybedingt vollkommen entgangen, dass es insgesamt nicht weniger als sechsundfünfzig verschiedene Verkleidungen gibt, die Agenten je nach Witterung zu tragen haben, und dass Verkleidungsvorschrift 42 B sich ausdrücklich nur auf regnerische Spätherbsttage bezieht.“

„Jetzt wird mir natürlich so manches klar“, sagte der Agent verlegen. „Aber woher wissen Sie als Außenstehender so genau über unsere Dienstvorschriften und Ausbildungsprogramme Bescheid?“

„Weil man als Detektiv dafür bezahlt wird, Dinge zu wissen, die nicht jeder weiß“, antwortete Winston. „Aber zurück zur Sache: Wie können wir die Schaulustigen da draußen davon überzeugen, dass ich nichts mit der CIA zu tun haben möchte?“

„Ich könnte ja so tun, als wäre ich nur als Kunde hierher gekommen“, schlug der Agent vor. „Indem ich Ihnen jetzt einen Fisch abkaufe.“

„Ich fürchte, dazu sind Sie schon zu lange hier. Außerdem hätte ich Sie in diesem Fall wohl kaum ins Hinterzimmer gebeten. Nein, ich denke, ich habe da eine bessere Idee.“

„Und die wäre?“

„Diese da“, antwortete Winston und schickte den Agenten mit einem präzisen Kinnhaken auf die Bretter, die das Hinterzimmer eines Fischgeschäfts bedeuteten.

„Was soll der Blödsinn?“, fragte der Agent, während er sich, am Boden sitzend, das Kinn rieb, das sich sofort unnatürlich zu verfärben begann.

„Wenn ich fest zuschlage, sind die Leute meistens zwischen einer halben und einer dreiviertel Stunde bewusstlos“, erklärte Winston. „Das wissen die Leute, weil ich für meine harten Schläge genauso berühmt bin wie Old Shatterhand.“

„Wer zum Teufel ist Old Shatterhand?“

„Also offenbar sogar noch berühmter. Jedenfalls ist die Beule auf Ihrem Kinn der beste Beweis dafür, dass Sie sich von mir eine schmerzhafte Abfuhr geholt haben.“

„Es tut wirklich ziemlich weh“, sagte der Agent. „Aber ich muss zugeben, dass diese Begründung ziemlich plausibel klingt. Und das Wichtigste ist, dass es mir gelungen ist, Sie zum Mitmachen zu überreden.“

„Eben.“

„Und was gedenken Sie jetzt zu unternehmen, Mr. Winston?“

„Das lassen Sie ruhig meine Sorge sein, 003.“

„Natürlich. Aber wenn ich Ihnen vielleicht abschließend einen guten Rat geben dürfte...“

„Meinetwegen.“

„Also, ich an Ihrer Stelle würde eher nicht versuchen, mich in Chinchillas Organisation einzuschleichen. Weder mit Ihrem echten noch mit einem falschen Namen.“

„Keine Sorge, so etwas Hirnverbranntes würde ich niemals tun“, erwiderte Winston. „Schließlich bin ich nicht bei der CIA.“

***

Der Strohmann

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